Feind in Sicht: Kommandant Bolithos Zweikampf im Atlantik - Kent Alexander. Страница 66
«Meine Herren, ich habe Sie zusammengerufen«, Pelham-Martin rausperte sich und trank erst einmal einen Schluck Wein,»zur letzten Konferenz, bevor wir lossegeln.»
Er beendete das allgemeine Gemurmel, indem er fortfuhr:»Angesichts der sparlichen Informationen, die wir besitzen, sehe ich keine andere Losung, als den Plan anzunehmen, den Kapitan Bo-litho unterbreitet hat. «Er senkte den Blick, zwei Schwei?tropfen rannen an seinen Schlafen herunter.»Es sieht inzwischen so aus, als ware dieser Plan mehr wert, als es anfangs den Anschein hatte. «Er schaute zu de Block hinuber.»Der Gouverneur von St. Kruis hat mich uber das Verschwinden seines Schoners Fauna informiert. Er war mit Versorgungsgutern zu einigen Nachbarinseln unterwegs und ist nicht zuruckgekehrt. «Er sah Bolitho an, bevor er fortfuhr:»Eine seiner Stationen sollten die Pascua-Inseln sein.»
Bolitho fragte ruhig:»Ich dachte, die seien unbewohnt?»
De Block nickte.»Da gibt es nur eine Mission und ein paar Fischer. Sie pflegen hierher zuruckzukehren, wenn die Sturme einsetzen.»
Pelham-Martin sagte:»Also fahren wir fort. Wir haben noch viel zu tun und nur wenig Zeit.»
Bolitho war von der Scharfe seines Tons uberrascht. Es schien, als konne es Pelham-Martin nun, da er sich festgelegt hatte, nicht schnell genug gehen.
«Sowie die Konferenz beendet ist, wird Kapitan Farquhar Anker auf gehen und nach Nordwesten vorsto?en. Da er durch die Lucke in den Riffen eindringen soll, mu? die Spartan morgen bei Tagesanbruch auf ihrer Ausgangsposition stehen. «Pelham-Martin schaute wieder auf Bolitho.»Ich setze meine Flagge auf der Hyperion, und gemeinsam mit der Hermes werden wir uns auf eine Position nordostlich von den Inseln begeben. Das wird uns den Windvorteil sichern, falls und wenn der Feind ausbrechen will. «Er warf dem Kommandanten der Dasher einen Blick zu.»Ihre Korvette halt sich weiter sudlich. Wenn er flieht, werden Sie Fuhlung mit ihm halten, so gut Sie konnen.»
Er machte eine Pause und nippte an seinem Glas.
De Block fragte:»Sie haben die Telamon nicht erwahnt?»
«Richtig. «Pelham-Martin studierte die Karte, wahrend er antwortete.»Ich kann das Schiff nicht langer bei mir einreihen. Nach dem Verlust des Schoners ist die Telamon Ihre einzige Verbindung mit der Au?enwelt; Ihr einziger Schutz gegen Seerauber und Kaperschiffe. Au?erdem ist sie — bei allem Respekt — recht alt. Ihre Zeit in der Schlachtlinie ist vorbei.»
Bolitho betrachtete die beiden Manner und fuhlte die Spannung ringsum.
Es war schwierig, Pelham-Martins wahre Grunde zu erahnen. Er mochte noch immer nach einem Entschuldigungsgrund fur seine spatere Verteidigung suchen. Ohne die Telamon, altmodisch und unterarmiert wie sie war, konnte er spater einen moglichen Ruckzug angesichts gro?er Ubermacht rechtfertigen.
De Block antwortete sanft:»Weder ich noch ihr Kommandant haben irgendwelche Bedenken, bei Ihnen mitzumachen. Als Sie St. Kruis vor Lequiller retteten, wu?ten wir alle, da? wir einmal eine Schuld zuruckzuzahlen haben wurden. Falls Lequiller entkommen und in seine Heimat zuruckgelangen sollte, sieht unsere Zukunft sowieso duster aus. Wenn er dort erst berichtet, wie wir ihm widerstanden haben, wer kann dann voraussagen, was aus uns wird?»
Danach schaute er Bolitho traurig an.»Kapitan Mulder hat mir berichtet, was Sie gesagt haben. Es scheint so, als ob unsere beiden Lander bald im Krieg gegeneinander stehen werden. Es kommt, wie es mu?, aber ich hatte gern ein kleines bi?chen Ruhmenswertes, an das ich mich mit Stolz erinnern kann, wenn alles voruber ist.»
Farquhar sagte:»Dann ist also alles geregelt, Sir. Vielleicht konnte ich jetzt diesen Steuermannsmaaten kennenlernen?»
Seine Unterbrechung wirkte wie ein Kaltwassergu?, aber Bolitho war sie nichtsdestoweniger willkommen. Je schneller es vorbei war, desto eher konnten sie wieder in See gehen.
Als sein Bruder den Raum betrat, pre?te Bolitho den Rucken gegen die Stuhllehne und bemuhte sich, woanders hinzusehen, sobald Hugh sich dem Tisch naherte.
Der Kommodore fragte:»Man hat mir gesagt, Sie konnten die Spartan durch die Riffe auf der Westseite der Inseln lotsen?»
«Aye, Sir.»
Farquhar beugte sich uber die Karte.»Es gibt hier aber nur wenige Anhaltspunkte, Mr. Selby. «Ausnahmsweise hatte er damit Gefuhle offenbart, die Gefuhle eines Kommandanten, der sein Schiff — und moglicherweise seine Karriere — in die Hande eines Mannes legen sollte, der ihm vollig unbekannt war.
Alle schauten zu, als der Steuermannsmaat mit seinem Finger einen Kurs auf der Karte andeutete.
«Hier verlauft ein guter Kanal, Sir: tiefes Wasser in zwei engen Furchen zwischen den Riffs. Ich rate, die Boote auszusetzen, falls der Wind abflauen sollte. Sie konnten uns dann hindurchschleppen. «Er rieb sich das Kinn.»Und wir brauchen zwei gute Lotgasten in den vorderen Rusten. «Er brach ab, weil er bemerkte, da? Farquhar in anstarrte.»Sir?»
Farquhar fragte:»Wissen Sie genau, da? Sie noch nie unter mir gefahren sind?»
«Ganz genau, Sir.»
«Also dann…«Farquhar beobachtete ihn immer noch nachdenklich.»Woher stammt Ihre gute Kenntnis dieser Gewasser?»
Bolitho packte die Seitenarme seines Stuhls und fuhlte, wie sich Schwei? uber seinen Augenbrauen sammelte, als er darauf wartete, da? Farquhars Stutzen sich in plotzliches Erkennen verwandeln wurde.
Aber Hughs Antwort war ruhig und selbstsicher:»Von der alten Pegasus, Sir. Wir haben hier vor ein paar Jahren Vermessungen ausgefuhrt.»
Farquhars Miene entspannte sich.»Dann haben Sie Ihre Zeit damals nicht verschwendet, Mr. Selby. Dachten Sie nie daran, sich um ein Offizierspatent zu bemuhen?»
«Ich bin zufrieden, Sir. «Hugh beugte sich wieder uber die Karte.»Und Sie kennen die Redensart, Sir: >Fur die achtern die Ehre, fur die vorn den Respekt!»«
Einen Augenblick dachte Bolitho, Hugh sei zu weit gegangen. Farquhar trat einen Schritt zuruck, weil ihm plotzlich bewu?t wurde, da? er sich zu nahe mit einem Untergebenen eingelassen hatte. Sein Mund verengte sich zu einer dunnen Linie.
Dann machte er eine wegwerfende Bewegung.»So, sagt man das?»
Pelham-Martin stand auf.»Wir haben alles besprochen, meine Herren. «Er holte tief Luft, als suche er nach einem kernigen Abschlu?wort, dessen sie sich spater erinnern wurden.»Falls wir Le-quiller finden, sorgen Sie dafur, da? Ihre Leute tapfer kampfen und da? der Gedanke an eine Niederlage nicht erst aufkommt. «Er setzte sein Glas ab und starrte mit leerem Blick darauf nieder.»Gehen Sie jetzt auf Ihre Schiffe, und rufen Sie auch alle Boote zuruck. Wenn wir klar vom Riff und auf die Luvseite von Pascua kommen wollen, durfen wir keine Zeit mehr verlieren.»
Als die anderen den Raum verlassen hatten, kehrte Bolitho zum Tisch zuruck.»Das war eine gute Entscheidung, Sir. Und — wenn ich das sagen darf — auch eine tapfere.»
Pelham-Martin blickte mit undurchschaubarem Ausdruck an ihm vorbei.»Der Teufel soll Sie holen, Bolitho!«Sein Ton blieb dabei ganz ruhig.»Wenn wir uns mit diesem Ort geirrt haben und dort nichts finden, konnen mich auch die allerbesten Absichten nicht retten. «Sein Blick irrte herum und blieb dann auf Bolithos Gesicht haften.»Das konnte aber auch fur Sie gelten. Wenn Sie — was ich sehr bezweifle — so lange am Leben bleiben, werden Sie eines Tages entdecken, da? Tapferkeit allein nicht immer genugt. Ich hoffe, da? Sie diesem Tag dann gewachsen sein werden.»
Bolitho ergriff seinen Hut.»Danke, Sir.»
Als er die Treppenstufen hinunterging, stand ihm noch immer Pelham-Martin vor Augen, und seine Worte erschienen ihm wie eine Grabinschrift.
Vielleicht sollte man Pelham-Martin wegen seiner Befehlsbefugnisse eher bemitleiden als respektieren. Im Unterschied zu den anderen Fuhrern zur See war er ungeheuer angstlich. Es war nicht die Angst zu sterben oder einen Fehler zu machen, doch furchtete er, zu versagen und seine eigene Unentschlossenheit zu zeigen. Aber das waren Dinge, die Bolitho nur ahnte. Pelham-Martin hatte sicher seine Schwache schon immer gekannt, aber sich von einem System dennoch nach oben schieben lassen, das er weder verstand noch beherrschte.