G?tz von Berlichingen - фон Гёте Иоганн Вольфганг. Страница 22

Lerse . Auch, und da? der Weislingen Kommissar ist.

Elisabeth . Weislingen?

Lerse . Man hat mit unerhorten Exekutionen verfahren. Metzler ist lebendig verbrannt, zu Hunderten geradert, gespie?t, gekopft, geviertelt. Das Land umher gleicht einer Metzge, wo Menschenfleisch wohlfeil ist.

Elisabeth . Weislingen Kommissar! O Gott! Ein Strahl von Hoffnung. Marie soll mir zu ihm, er kann ihr nichts abschlagen. Er hatte immer ein weiches Herz, und wenn er sie sehen wird, die er so liebte, die so elend durch ihn ist — Wo ist sie?

Lerse . Noch im Wirtshaus.

Elisabeth . Fuhre mich zu ihr. Sie mu? gleich fort. Ich furchte alles.

Weislingens Schlo?

Weislingen.

Weislingen . Ich bin so krank, so schwach. Alle meine Gebeine sind hohl. Ein elendes Fieber hat das Mark ausgefressen. Keine Ruh und Rast, weder Tag noch Nacht. Im halben Schlummer giftige Traume. Die vorige Nacht begegnete ich Gotzen im Wald. Er zog sein Schwert und forderte mich heraus. Ich fa?te nach meinem, die Hand versagte mir. Da stie? er's in die Scheide, sah mich verachtlich an und ging hinter mich. — Er ist gefangen, und ich zittre vor ihm. Elender Mensch! Dein Wort hat ihn zum Tode verurteilt, und du bebst vor seiner Traumgestalt wie ein Missetater! — Und soll er sterben? — Gotz! Gotz! — Wir Menschen fuhren uns nicht selbst; bosen Geistern ist Macht uber uns gelassen, da? sie ihren hollischen Mutwillen an unserm Verderben uben. (Setzt sich.)  — Matt! Matt! Wie sind meine Nagel so blau! — Ein kalter, kalter, verzehrender Schwei? lahmt mir jedes Glied. Es dreht mir alles vorm Gesicht. Konnt ich schlafen. Ach —

(Maria tritt auf.)

Weislingen . Jesus Marie! — La? mir Ruh! La? mir Ruh! — Die Gestalt fehlte noch! Sie stirbt, Marie stirbt, und zeigt sich mir an. — Verla? mich, seliger Geist, ich bin elend genug.

Maria . Weislingen, ich bin kein Geist. Ich bin Marie.

Weislingen . Das ist ihre Stimme.

Maria . Ich komme, meines Bruders Leben von dir zu erflehen. Er ist unschuldig, so strafbar er scheint.

Weisling . Still, Marie! Du Engel des Himmels bringst die Qualen der Holle mit dir. Rede nicht fort.

Maria . Und mein Bruder soll sterben? Weislingen, es ist entsetzlich, da? ich dir zu sagen brauche: er ist unschuldig; da? ich jammern mu?, dich von dem abscheulichsten Morde zuruckzuhalten. Deine Seele ist bis in ihre innersten Tiefen von feindseligen Machten besessen. Das ist Adelbert!

Weislingen . Du siehst, der verzehrende Atem des Todes hat mich angehaucht, meine Kraft sinkt nach dem Grabe. Ich sturbe als ein Elender, und du kommst, mich in Verzweiflung zu sturzen. Wenn ich reden konnte, dein hochster Ha? wurde in Mitleid und Jammer zerschmelzen. O Marie! Marie!

Maria . Weislingen, mein Bruder verkranket im Gefangnis. Seine schweren Wunden, sein Alter. Und wenn du fahig warst, sein graues Haupt — Weislingen, wir wurden verzweifeln.

Weislingen . Genug. (Zieht die Schelle.)

(Franz in au?erster Bewegung.)

Franz . Gnadiger Herr.

Weislingen . Die Papiere dort, Franz!

Franz (bringt sie).

Weislingen (rei?t ein Paket auf und zeigt Marien ein Papier). Hier ist deines Bruders Todesurteil unterschrieben.

Maria . Gott im Himmel!

Weislingen . Und so zerrei? ich's! Er lebt. Aber kann ich wieder schaffen, was ich zerstort habe? Weine nicht so, Franz! Guter Junge, dir geht mein Elend tief zu Herzen.

Franz (wirft sich vor ihm nieder und fa?t seine Knie).

Maria (vor sich). Er ist sehr krank. Sein Anblick zerrei?t mir das Herz. Wie liebt ich ihn! und nun ich ihm nahe, fuhl ich, wie lebhaft.

Weislingen . Franz, steh auf und la? das Weinen! Ich kann wieder aufkommen. Hoffnung ist bei den Lebenden.

Franz . Ihr werdet nicht. Ihr mu?t sterben.

Weislingen . Ich mu??

Franz (au?er sich). Gift! Gift! Von Euerm Weibe! — Ich! Ich! (Rennt davon.)

Weislingen . Marie, geh ihm nach. Er verzweifelt. (Maria ab.) Gift von meinem Weibe! Weh! Weh! Ich fuhl's. Marter und Tod!

Maria (inwendig). Hulfe! Hulfe!

Weislingen (will aufstehn). Gott, vermag ich das nicht!

Maria (kommt). Er ist hin. Zum Saalfenster hinaus sturzt' er wutend in den Main hinunter.

Weislingen . Ihm ist wohl. — Dein Bruder ist au?er Gefahr. Die ubrigen Kommissarien, Seckendorf besonders, sind seine Freunde. Ritterlich Gefangnis werden sie ihm auf sein Wort gleich gewahren. Leb wohl, Maria, und geh.

Maria . Ich will bei dir bleiben, armer Verla?ner.

Weislingen . Wohl verlassen und arm! Du bist ein furchtbarer Racher, Gott! — Mein Weib —

Maria . Entschlage dich dieser Gedanken. Kehre dein Herz zu dem Barmherzigen.

Weislingen . Geh, liebe Seele, uberla? mich meinem Elend. — Entsetzlich! Auch deine Gegenwart, Marie, der letzte Trost, ist Qual.

Maria (vor sich). Starke mich, o Gott! Meine Seele erliegt mit der seinigen.

Weislingen . Weh! Weh! Gift von meinem Weibe! — Mein Franz verfuhrt durch die Abscheuliche! Wie sie wartet, horcht auf den Boten, der ihr die Nachricht bringe: er ist tot. Und du, Marie! Marie, warum bist du gekommen, da? du jede schlafende Erinnerung meiner Sunden wecktest! Verla? mich! Verla? mich, da? ich sterbe.

Maria . La? mich bleiben. Du bist allein. Denk, ich sei deine Warterin. Vergi? alles. Vergesse dir Gott so alles, wie ich dir alles vergesse.

Weislingen . Du Seele voll Liebe, bete fur mich, bete fur mich! Mein Herz ist verschlossen.

Maria . Er wird sich deiner erbarmen. — Du bist matt.

Weislingen . Ich sterbe, sterbe und kann nicht ersterben. Und in dem furchterlichen Streit des Lebens und Todes sind die Qualen der Holle.

Maria . Erbarmer, erbarme dich seiner! Nur einen Blick deiner Liebe an sein Herz, da? es sich zum Trost offne, und sein Geist Hoffnung, Lebenshoffnung in den Tod hinuberbringe!

In einem finstern engen Gewolbe

Die Richter des heimlichen Gerichts. Alle vermummt.

Altester . Richter des heimlichen Gerichts, schwurt auf Strang und Schwert, unstraflich zu sein, zu richten im Verborgnen, zu strafen im Verborgnen Gott gleich! Sind eure Herzen rein und eure Hande, hebt die Arme empor, ruft uber die Missetater:»Wehe! Wehe!»

Alle . Wehe! Wehe!

Altester . Rufer, beginne das Gericht!

Rufer . Ich, Rufer, rufe die Klag gegen den Missetater. Des Herz rein ist, dessen Hand rein sind zu schworen auf Strang und Schwert, der klage bei Strang und Schwert! klage! klage!

Klager (tritt vor). Mein Herz ist rein von Missetat, meine Hande von unschuldigem Blut. Verzeih mir Gott bose Gedanken und hemme den Weg zum Willen! Ich hebe meine Hand auf und klage! klage! klage!

Altester . Wen klagst du an?

Klager . Klage an auf Strang und Schwert Adelheiden von Weislingen. Sie hat Ehebruchs sich schuldig gemacht, ihren Mann vergiftet durch ihren Knaben. Der Knab hat sich selbst gerichtet, der Mann ist tot.

Altester . Schworst du zu dem Gott der Wahrheit, da? du Wahrheit klagst?

Klager . Ich schwore.

Altester . Wurd es falsch befunden, beutst du deinen Hals der Strafe des Mords und des Ehebruchs?

Klager . Ich biete.

Altester . Eure Stimmen.

(Sie reden heimlich zu ihm.)

Klager . Richter des heimlichen Gerichts, was ist euer Urteil uber Adelheiden von Weislingen, bezuchtigt des Ehebruchs und Mords?

Altester . Sterben soll sie! sterben des bittern doppelten Todes; mit Strang und Dolch bu?en doppelt doppelte Missetat. Streckt eure Hande empor, und rufet Weh uber sie! Weh! Weh! In die Hande des Rachers.

Alle . Weh! Weh! Weh!

Altester . Racher! Racher, tritt auf.

Racher (tritt vor).

Altester . Fa? hier Strang und Schwert, sie zu tilgen von dem Angesicht des Himmels, binnen acht Tage Zeit. Wo du sie findest, nieder mit ihr in Staub! — Richter, die ihr richtet im Verborgenen und strafet im Verborgenen Gott gleich, bewahrt euer Herz vor Missetat und eure Hande vor unschuldigem Blut.

Hof einer Herberge

Maria. Lerse.

Maria . Die Pferde haben genug gerastet. Wir wollen fort, Lerse.

Lerse . Ruht doch bis an Morgen. Die Nacht ist gar zu unfreundlich.

Maria . Lerse, ich habe keine Ruhe, bis ich meinen Bruder gesehen habe. La? uns fort. Das Wetter hellt sich aus, wir haben einen schonen Tag zu gewarten.

Lerse . Wie Ihr befehlt.

Heilbronn, im Turn

Gotz. Elisabeth.

Elisabeth . Ich bitte dich, lieber Mann, rede mit mir. Dein Stillschweigen angstet mich. Du vergluhst in dir selbst. Komm, la? uns nach deinen Wunden sehen; sie bessern sich um vieles. In der mutlosen Finsternis erkenn ich dich nicht mehr.

Gotz . Suchtest du den Gotz? Der ist lang hin. Sie haben mich nach und nach verstummelt, meine Hand, meine Freiheit, Guter und guten Namen. Mein Kopf, was ist an dem? — Was hort Ihr von Georgen? Ist Lerse nach Georgen?

Elisabeth . Ja, Lieber! Richtet Euch auf, es kann sich vieles wenden.

Gotz . Wen Gott niederschlagt, der richtet sich selbst nicht auf. Ich wei? am besten, was auf meinen Schultern liegt. Ungluck bin ich gewohnt zu dulden. Und jetzt ist's nicht Weislingen allein, nicht die Bauern allein, nicht der Tod des Kaisers und meine Wunden — Es ist alles zusammen. Meine Stunde ist kommen. Ich hoffte, sie sollte sein wie mein Leben. Sein Wille geschehe.

Elisabeth . Willt du nicht was essen?

Gotz . Nichts, meine Frau. Sieh, wie die Sonne drau?en scheint.

Elisabeth . Ein schoner Fruhlingstag.

Gotz . Meine Liebe, wenn du den Wachter bereden konntest, mich in sein klein Gartchen zu lassen auf eine halbe Stunde, da? ich der lieben Sonne genosse, des heitern Himmels und der reinen Luft.

Elisabeth . Gleich! und er wird's wohl tun.

Gartchen am Turn

Maria. Lerse.

Maria . Geh hinein und sieh, wie's steht.

(Lerse ab. — Elisabeth. Wachter.)