Reineke Fuchs - Goethe Johann Wolfgang. Страница 18
Weil es nicht denket und wahlt, empfindlichen Schaden erduldet.
Freilich sollten die geistlichen Herren sich besser betragen!
Manches konnten sie tun, wofern sie es heimlich vollbrachten:
Aber sie schonen uns nicht, uns andre Laien, und treiben
Alles, was ihnen beliebt, vor unsern Augen, als waren
Wir mit Blindheit geschlagen; allein wir sehen zu deutlich,
Ihre Gelubde gefallen den guten Herren so wenig,
Als sie dem sundigen Freunde der weltlichen Werke behagen.
Denn so haben uber den Alpen die Pfaffen gewohnlich
Eigens ein Liebchen; nicht weniger sind in diesen Provinzen,
Die sich sundlich vergehn. Man will mir sagen, sie haben
Kinder wie andre verehlichte Leute; und sie zu versorgen,
Sind sie eifrig bemuht und bringen sie hoch in die Hohe.
Diese denken hernach nicht weiter, woher sie gekommen,
Lassen niemand den Rang und gehen stolz und gerade,
Eben als waren sie edlen Geschlechts, und bleiben der Meinung,
Ihre Sache sei richtig. So pflegte man aber vor diesem
Pfaffenkinder so hoch nicht zu halten; nun hei?en sie alle
Herren und Frauen. Das Geld ist freilich alles vermogend.
Selten findet man furstliche Lande, worin nicht die Pfaffen
Zolle und Zinsen erhuben und Dorfer und Muhlen benutzten.
Diese verkehren die Welt, es lernt die Gemeine das Bose:
Denn man sieht, so halt es der Pfaffe, da sundiget jeder,
Und vom Guten leitet hinweg ein Blinder den andern.
Ja, wer merkte denn wohl die guten Werke der frommen
Priester, und wie sie die heilige Kirche mit gutem Exempel
Auferbauen? Wer lebt nun darnach? Man starkt sich im Bosen.
So geschieht es im Volke, wie sollte die Welt sich verbessern?
Aber horet mich weiter. Ist einer unecht geboren,
Sei er ruhig daruber, was kann er weiter zur Sache?
Denn ich meine nur so, versteht mich. Wird sich ein solcher
Nur mit Demut betragen und nicht durch eitles Benehmen
Andre reizen, so fallt es nicht auf, und hatte man unrecht,
Uber dergleichen Leute zu reden. Es macht die Geburt uns
Weder edel noch gut, noch kann sie zur Schande gereichen.
Aber Tugend und Laster, sie unterscheiden die Menschen.
Gute, gelehrte geistliche Manner, man halt sie, wie billig,
Hoch in Ehren, doch geben die bosen ein boses Exempel.
Predigt so einer das Beste, so sagen doch endlich die Laien:
Spricht er das Gute und tut er das Bose, was soll man erwahlen?
Auch der Kirche tut er nichts Gutes, er prediget jedem:
Leget nur aus und bauet die Kirche; das rat ich, ihr Lieben,
Wollt ihr Gnade verdienen und Abla?! so schlie?t er die Rede,
Und er legt wohl wenig dazu, ja gar nichts, und fiele
Seinetwegen die Kirche zusammen. So halt er denn weiter
Fur die beste Weise zu leben, sich kostlich zu kleiden,
Lecker zu essen. Und hat sich so einer um weltliche Sachen
Uberma?ig bekummert, wie will er beten und singen?
Gute Priester sind taglich und stundlich im Dienste des Herren
Flei?ig begriffen und uben das Gute; der heiligen Kirche
Sind sie nutze, sie wissen die Laien durch gutes Exempel
Auf dem Wege des Heils zur rechten Pforte zu leiten.
Aber ich kenne denn auch die Bekappten; sie plarren und plappern
Immer zum Scheine so fort und suchen immer die Reichen,
Wissen den Leuten zu schmeicheln und gehn am liebsten zu Gaste.
Bittet man einen, so kommt auch der zweite; da finden sich weiter
Noch zu diesen zwei oder drei. Und wer in dem Kloster
Gut zu schwatzen versteht, der wird im Orden erhoben,
Wird zum Lesemeister, zum Kustos oder zum Prior.
Andere stehen beiseite. Die Schusseln werden gar ungleich
Aufgetragen. Denn einige mussen des Nachts in dem Chore
Singen, lesen, die Graber umgehn; die anderen haben
Guten Vorteil und Ruh und essen die kostlichen Bissen.
Und die Legaten des Papstes, die Abte, Propste, Pralaten,
Die Beguinen und Nonnen, da ware vieles zu sagen!
Uberall hei?t es: Gebt mir das Eure und la?t mir das Meine.
Wenige finden sich wahrlich, nicht sieben, welche der Vorschrift
Ihres Ordens gema? ein heiliges Leben beweisen.
Und so ist der geistliche Stand gar schwach und gebrechlich.
Oheim! sagte der Dachs: ich find es besonders, Ihr beichtet
Fremde Sunden. Was will es Euch helfen? Mich dunket, es waren
Eurer eignen genug. Und sagt mir, Oheim, was habt Ihr
Um die Geistlichkeit Euch zu bekummern, und dieses und jenes?
Seine Burde mag jeglicher tragen, und jeglicher gebe
Red und Antwort, wie er in seinem Stande die Pflichten
Zu erfullen strebt; dem soll sich niemand entziehen,
Weder Alte noch Junge, hier au?en oder im Kloster.
Doch Ihr redet zu viel von allerlei Dingen und konntet
Mich zuletzt zum Irrtum verleiten. Ihr kennet vortrefflich,
Wie die Welt nun besteht und alle Dinge sich fugen;
Niemand schickte sich besser zum Pfaffen. Ich kame mit andern
Schafen, zu beichten bei Euch und Eurer Lehre zu horchen,
Eure Weisheit zu lernen; denn freilich mu? ich gestehen:
Stumpf und grob sind die meisten von uns und hattens vonnoten.
Also hatten sie sich dem Hofe des Konigs genahert.
Reineke sagte: So ist es gewagt! und nahm sich zusammen.
Und sie begegneten Martin, dem Affen, der hatte sich eben
Aufgemacht und wollte nach Rom; er gru?te die beiden.
Lieber Oheim, fasset ein Herz! so sprach er zum Fuchse,
Fragt' ihn dieses und jenes, obschon ihm die Sache bekannt war.
Ach, wie ist mir das Gluck in diesen Tagen entgegen!
Sagte Reineke drauf da haben mich etliche Diebe
Wieder beschuldigt, wer sie auch sind, besonders die Krahe
Mit dem Kaninchen; sein Weib verlor das eine, dem andern
Fehlt ein Ohr. Was kummert mich das? Und konnt ich nur selber
Mit dem Konige reden, sie beide solltens empfinden.
Aber mich hindert am meisten, da? ich im Banne des Papstes
Leider noch bin. Nun hat in der Sache der Dompropst die Vollmacht,
Der beim Konige gilt. Und in dem Banne befind ich
Mich um Isegrims willen, der einst ein Klausner geworden,
Aber dem Kloster entlief, von Elkmar, wo er gewohnet.
Und er schwur, so konnt er nicht leben, man halt ihn zu strenge,
Lange konn er nicht fasten und konne nicht immer so lesen.
Damals half ich ihm fort. Es reut mich; denn er verleumdet
Mich beim Konige nun und sucht mir immer zu schaden.
Soll ich nach Rom? Wie werden indes zu Hause die Meinen
In Verlegenheit sein! Denn Isegrim kann es nicht lassen,
Wo er sie findet, beschadigt er sie. Auch sind noch so viele,
Die mir Ubels gedenken und sich an die Meinigen halten.
War ich aus dem Banne gelost, so hatt ich es besser,
Konnte gemachlich mein Gluck bei Hofe wieder versuchen.
Martin versetzte: Da kann ich Euch helfen, es trifft sich! Soeben
Geh ich nach Rom und nutz Euch daselbst mit kunstlichen Stucken.
Unterdrucken la? ich Euch nicht! Als Schreiber des Bischofs,
Dunkt mich, versteh ich das Werk. Ich schaffe, da? man den Dompropst
Grade nach Rom zitiert, da will ich gegen ihn fechten.
Seht nur, Oheim, ich treibe die Sache und wei? sie zu leiten;
Exequieren la? ich das Urteil, Ihr werdet mir sicher
Absolviert, ich bring es Euch mit; es sollen die Feinde
Ubel sich freun und ihr Geld zusamt der Muhe verlieren:
Denn ich kenne den Gang der Dinge zu Rom und verstehe,
Was zu tun und zu lassen. Da ist Herr Simon, mein Oheim,
Angesehn und machtig; er hilft den guten Bezahlern.
Schalkefund, das ist ein Herr! und Doktor Greifzu und andre,
Wendemantel und Losefund hab ich alle zu Freunden.
Meine Gelder schickt ich voraus; denn, seht nur, so wird man
Dort am besten bekannt. Sie reden wohl von Zitieren:
Aber das Geld begehren sie nur. Und ware die Sache
Noch so krumm, ich mache sie grad mit guter Bezahlung.
Bringst du Geld, so findest du Gnade; sobald es dir mangelt,
Schlie?en die Turen sich zu. Ihr bleibet ruhig im Lande;
Eurer Sache nehm ich mich an, ich lose den Knoten.
Geht nur nach Hofe, Ihr werdet daselbst Frau Ruckenau finden,
Meine Gattin; es liebt sie der Konig, unser Gebieter,
Und die Konigin auch, sie ist behenden Verstandes.
Sprecht sie an, sie ist klug, verwendet sich gerne fur Freunde.
Viele Verwandte findet Ihr da. Es hilft nicht immer,
Recht zu haben. Ihr findet bei ihr zwei Schwestern, und meiner
Kinder sind drei, daneben noch manche von Eurem Geschlechte,
Euch zu dienen bereit, wie Ihr es immer begehret.
Und versagte man Euch das Recht, so sollt Ihr erfahren,
Was ich vermag. Und wenn man Euch druckt, berichtet mirs eilig!
Und ich lasse das Land in Bann tun, den Konig und alle
Weiber und Manner und Kinder. Ein Interdikt will ich senden,
Singen soll man nicht mehr, noch Messe lesen, noch taufen,
Noch begraben, was es auch sei. Des trostet Euch, Neffe!
Denn der Papst ist alt und krank und nimmt sich der Dinge
Weiter nicht an, man achtet ihn wenig. Auch hat nun am Hofe
Kardinal Ohnegenuge die ganze Gewalt, der ein junger
Rustiger Mann ist, ein feuriger Mann von schnellem Entschlusse.
Dieser liebt ein Weib, das ich kenne; sie soll ihm ein Schreiben
Bringen, und was sie begehrt, das wei? sie trefflich zu machen.
Und sein Schreiber Johannes Partey, der kennt aufs genauste
Alte und neue Munze; dann Horchegenau, sein Geselle,
Ist ein Hofmann; Schleifenundwenden ist Notarius.
Bakkalaureus beider Rechte, und bleibt er nur etwa
Noch ein Jahr, so ist er vollkommen in praktischen Schriften.
Dann sind noch zwei Richter daselbst, die hei?en Moneta
Und Donarius; sprechen sie ab, so bleibt es gesprochen.
So verubt man in Rom gar manche Listen und Tucken,
Die der Papst nicht erfahrt. Man mu? sich Freunde verschaffen!
Denn durch sie vergibt man die Sunden und loset die Volker
Aus dem Banne. Verla?t Euch darauf, mein wertester Oheim!
Denn es wei? der Konig schon lang, ich la? Euch nicht fallen;
Eure Sache fuhr ich hinaus und bin es vermogend.
Ferner mag er bedenken, es sind gar viele den Affen
Und den Fuchsen verwandt, die ihn am besten beraten,
Und das hilft Euch gewi?, es gehe, wie es auch wolle.
Reineke sprach: Das trostet mich sehr; ich denk es Euch wieder,
Komm ich diesmal nur los. Und einer empfahl sich dem andern.
Ohne Geleit ging Reineke nun mit Grimbart, dem Dachse,
Nach dem Hofe des Konigs, wo man ihm ubel gesinnt war.