Die Seemannsbraut: Sir Richard und die Ehre der Bolithos - Kent Alexander. Страница 31
Uberall arbeiteten Matrosen und besserten Sturmschaden aus. Sie wechselten oder splei?ten Tauwerk und nahmen Segel herunter, die geflickt und fortgelegt wurden. Bolitho schaute zum Niedergang, wo ein Bootsmannsmaat das Abtakeln einer Grating beaufsichtigte. Wieder war ein Mann ausgepeitscht worden. Es war schlimmer als sonst gewesen, auch nachdem Ozzard das Oberlicht geschlossen hatte: das Kreischen des Sturms in der Takelage, das gelegentliche Knallen der gerefften Marssegel, und die ganze Zeit hindurch das Rattern der Trommeln und das widerliche Klatschen der Peitsche auf dem nackten Rucken eines
Mannes. Bolitho sah Blut auf den Planken, schon verwaschen von dem uberkommenden Spritzwasser. Drei Dutzend Hiebe. Ein auf der Hohe des Sturms uberforderter Mann, dazu ein Offizier, der unfahig war, die Angelegenheit auf der Stelle zu bereinigen.
Haven hielt sich in seinen Raumen auf, und Bolitho war froh, da? er ihm nicht an Deck begegnet war. Die Manner sahen erschopft und verargert aus. Sogar Jenour, der noch nicht lange auf See diente, hatte es bemerkt.
Der Admiral erbat sich das Fernglas des Signalfahnrichs und sah dank der starken Linse die Korvette klar vor sich, dazu die jedesmal aufschaumende Gischt, wenn sie mit ihren Stuckpforten in die hochgehende See tauchte. Er fragte sich, was ihr Kommandant wohl denken mochte, wahrend er Wind und Wellen abritt, um in der Nahe seines Admirals zu bleiben. Es war ein weiter Weg fur den einstigen Fahnrich der Euryalus.
Weit voraus an Backbord lag mit grunen Buschen bestandenes Land, die Insel Barbuda. Sie hatten sie schon am ersten Tag passieren sollen. Er dachte wieder an den Schoner und an Catherine; statt die Stra?e zu benutzen, hatte sie den Skipper gebeten, sie die kurze Strecke von Antigua nach St. John's zu segeln.
Ein kleines Schiff hatte gegen einen derartigen Sturm keine Chance. Sein Skipper mu?te entweder vor dem Wind ablaufen oder Schutz suchen. Selbst gro?ere Schiffe hatten schwer unter diesem Wetter zu leiden und konnten stranden. Bolitho umfa?te das Teleskop so fest, da? seine Finger schmerzten. Warum hatte sie das nur getan? Vielleicht klammerte sie sich jetzt verzweifelt an ein Wrackstuck oder lag schon tief unten auf dem Meeresboden. Sie konnte die Topplaternen der Hyperion gesehen und gewu?t haben, da? es sein Schiff war, das sich entfernte.
Der Segelmeister riet dem Wachoffizier:»Ich schlage vor, da? Sie die Bramsegel setzen, Mr. Mansforth.»
Der Leutnant nickte. Sein Gesicht war ziegelrot vom Gischthagel.»Ich informiere den Kommandanten.»
Er warf einen Blick auf die hohe Gestalt des Vizeadmirals an der Windseite. Ohne Hut, mit dem in die Stirn geklatschten schwarzen Haar, sah er einem Stra?enrauber ahnlicher.
Jenour gru?te.»Irgendwelche Befehle, Sir Richard?»
Bolitho gab dem Fahnrich das Glas zuruck.»Der Wind la?t nach. Bitte signalisieren Sie den Transportern, dicht beieinander zu bleiben. Wir sind noch nicht au?er Gefahr.»
Die vier Schiffe, die sich die Ladung teilten, standen in Lee der zwei Vierundsiebziger. Mit einer vorausspahenden und einer wie ein Wachhund hinterdrein ziehenden Brigg mu?ten sie rechtzeitig gewarnt werden, sollte sich ein verdachtiges Segel zeigen. Dann konnten die beiden Linienschiffe Hyperion und Obdurate entscheiden, wann sie sich dem Konvoi zu nahern oder aufzukreuzen und sich mit Phaedra zu vereinigen hatten.
Bunte Flaggen schwirrten zur Rah empor und standen so steif im Wind wie bemaltes Metall.»Signal bestatigt, Sir Richard.»
Jenour wisperte:»Der Kommandant kommt.»
Bolitho fuhlte aufsteigenden Arger. Sie verhielten sich eher wie Verschworer statt wie eine Mannschaft.
Haven schritt langsam das Deck ab. Seine Blicke uberflogen die Reihe der Kanonen, die aufgeschossenen Taue, alles. Dann war er anscheinend uberzeugt, da? er sich dessen, was er sah, nicht zu schamen brauchte, und naherte sich Bolitho.
Er salutierte mit ausdruckslosem Gesicht, Bolithos nasses Hemd und die von den Spritzern fleckige Hose musternd.»Ich beabsichtige, mehr Segel zu setzen, Sir Richard. Wir konnen sie jetzt vertragen.»
Bolitho war einverstanden.»Signalisieren Sie der Obdurate, sie soll sich uns anpassen. Ich mochte nicht, da? wir auseinandergeraten.»
Kapitan Thynne hatte in der vergangenen Nacht zwei Mann uber Bord verloren und bei backgebra?tem Kreuzmarssegel ein Boot ausgesetzt. Aber keiner der Unglucklichen wurde gefunden. Entweder waren sie von ganz oben gefallen und hatten beim Aufschlagen aufs Wasser die Besinnung verloren, oder aber sie konnten wie die meisten Seeleute nicht schwimmen. Bolitho wollte den Zwischenfall nicht mehr erwahnen.
Doch Haven schnaubte ubellaunig:»Ich setze das Signal sofort, Sir Richard. Thynne sollte seine Leute wirklich besser drillen, dann mu? er auch nicht trodeln, wenn irgendein Narr durch eigene Unvorsichtigkeit uber Bord geht. «Er winkte dem Leutnant der Wache.»Vorwarts! Aufentern und Bramsegel losmachen, Mr. Mansforth. «Dann befahl er dem Fahnrich:»Signal an alle: mehr Segel setzen.»
Er schaute sich suchend um. Plotzlich schnellte sein Zeigefinger vor.»Der Mann da! Was, zum Teufel, untersteht er sich?«geiferte er.
Der Betreffende war dabei, sein nasses Hemd auszuwringen. Er stand vor Schreck stocksteif, wahrend andere sich seitwarts verdruckten, damit sie nicht Havens Zorn auf sich zogen.
In diesem Moment rief ein Bootsmannsmaat:»Das geht in Ordnung, Sir, ich hab's ihm erlaubt.»
Zornig wandte sich Haven ab.
Aber Bolitho hatte die Dankbarkeit in den Augen des Matrosen gesehen und ahnte, da? der Bootsmannsmaat nichts dergleichen erlaubt hatte. War die Crew Havens schon so uberdrussig, da? sich sogar die Unteroffiziere gegen ihn stellten?
«Kapitan Haven!«rief er.
Havens Arger schien verraucht. Es war widerwartig zu sehen, wie schnell er in Wut geriet und sich vor dem Admiral wieder zu beherrschen wu?te.
«Auf ein Wort, wenn's beliebt. «Bolitho fuhr fort:»Dieses Schiff ist unter Ihrem Befehl oder unter meiner Flagge noch nie im Gefecht gewesen. Ich lege Ihnen nahe, daran zu denken, wenn Sie demnachst wieder einen Mann beschimpfen, der seit zwei Tagen und Nachten ununterbrochen schuftet. «Es fiel ihm schwer, ruhig zu sprechen.»Wenn die Zeit kommt, alle Mann auf Gefechtstation zu rufen, werden Sie unbedingte Loyalitat brauchen.»
Haven stotterte:»Ich kenne diese Unruhestifter.»
«Horen Sie zu, Kapitan Haven. Alle diese Manner, gute und schlechte, Geduldige und Unruhestifter, wird man zum Kampf aufrufen. Habe ich mich klar ausgedruckt? Loyalitat aber will verdient werden. Einem Kommandanten mit Ihrer Erfahrung sollte man das nicht erst sagen mussen. Ebensowenig sollten Sie mich zwingen, Sie daran zu erinnern, da? ich keine sinnlosen Brutalitaten dulde.»
Haven starrte ihn an, seine Augen gluhten vor Entrustung.»Ich habe keine Unterstutzung, Sir Richard! Einige in meiner Offiziersmesse sind so grun wie Gras, und mein Erster, Mr. Parris, ist mehr damit beschaftigt, sich selbst in gunstiges Licht zu setzen, als die Besatzung zu drillen. Bei Gott, ich konnte Ihnen Dinge uber ihn erzahlen…»
Bolitho fuhr auf.»Schlu? damit! Sie sind mein Flaggkapitan und haben meine Unterstutzung. «Er lie? die Worte wirken, ehe er fortfuhr:»Ich wei?, was Sie qualt, aber wenn Sie mein Vertrauen noch einmal mi?brauchen, schicke ich Sie mit dem nachsten Schiff nach England!»
In diesem Augenblick erschien Parris an Deck. Wahrend die Toppgasten wieder einmal herausgepfiffen wurden, um mehr Segel zu setzen, schaute er erst den Admiral an und dann seinen Kommandanten. Haven druckte seinen Hut fester und sagte nur:»Machen Sie weiter, Mr. Parris.»
Parris schien uberrascht, da? es keinen Anpfiff gab.
Die Seeleute enterten behende wie Affen auf, und Haven sagte steif:»Auch ich habe meine Ma?stabe, Sir Richard.»
Doch Bolitho entlie? ihn wortlos und wandte sich wieder der fernen Insel zu. Allday stand wenige Schritte entfernt, er schien ihn neuerdings nicht mehr allein zu lassen. Jetzt meinte er:»Diese Inselschoner sind kraftige Fahrzeuge, Sir Richard.»