Der Brander: Admiral Bolitho im Kampf um die Karibik - Kent Alexander. Страница 66

«Klar zum Schu?!«Keen hatte den Arm erhoben.»Feuer!»

Wieder polterten die Kanonen nach dem Abschu? auf ihren Lafetten binnenbords, die Mannschaften sprangen vor und wischten die Rohre aus, rammten frische Ladungen hinein und stopften sie schon fest, wahrend aus den Mundungen noch der Rauch quoll.

«Und noch einmal!«Keen wischte sich das schwei?nasse Gesicht mit dem Armel.»Feuer!»

Achates' Feuerkraft war unschlagbar. Der harte Drill, die eiserne Disziplin bewahrten sich jetzt. Die Kanoniere feuerten zwei Breitseiten ab, wahrend Argonaute nur eine einzige schaffte.

Und sie trafen. Die Besanbramstenge des Franzosen brach und pendelte wie eine gerissene Lianenbrucke; fast alle Segel trugen die Narben von Kugeln und Splittern.

Wieder hielt Bolitho den Atem an, als die Kanonen in der Bordwand des Feindes aufbrullten.

Diesmal spurte er die dumpfen Schlage, mit denen die Kugeln in ihren Rumpf krachten, und sah, da? die Breitfock gleich an mehreren Stellen durchlochert wurde. Der Wind besorgte den Rest, und bald hing das gro?e Segel in Fetzen von seiner Rah.

«Feuer!»

Jetzt wurde die Reaktion schon langsamer, die Schu?folge unregelma?iger, als die Stuckmeister an ihren Abzugsleinen rissen und schnell zurucksprangen, bevor die schweren Kanonen wieder nach innen ruckten.

Plotzlich ein lautes Krachen, und dann kam mitsamt dem ganzen Gewirr von Wanten und Stagen die Gro?bramstenge von oben. Wie eine Riesenfaust schlug sie auf das Backbordseitendeck, zerfetzte die Schutznetze und kippte halb uber Bord.

Sofort waren Rooke und seine Gang zur Stelle und kappten mit blitzenden Axten die Wrackteile. Auch zwei Seeleute hatte die Stenge mit herabgerissen, nun hingen sie tot oder bewu?tlos in dem Knauel aus Tauen und Spieren.

Noch einmal brullten die Kanonen auf, und ihr ohrenbetaubender Larm fegte jeden klaren Gedanken aus Bolithos Kopf; gebrochene Leinen und Segelfetzen regneten auf die fluchenden Kanoniere herab, wahrend sie nachluden und abermals feuerten.

Keen schrie: «Argonaute halt auf uns zu, Sir!»

Bolitho wischte sich die brennenden Augen trocken, um nach dem Feind auszuspahen. Ihre List war erfolgreich: Alles nur verfugbare Tuch gesetzt, brauste Argonaute mit dem Wind heran, wahrend ihre vorderen Kanonen schon auf gut Gluck schossen; einige Kugeln trafen, aber die meisten pflugten wegen des spitzen Schu?winkels wirkungslos achteraus durch die Wellenkamme.

Die kleine Fregatte hatte den Angriff abgebrochen und begnugte sich mit der Rolle des hilflosen Zuschauers; inzwischen war sie auch zu weit zuruckgefallen, um noch wirksam eingreifen zu konnen.

Bolitho horte seine eigene Stimme das Krachen und den Rucksto? der Kanonen ubertonen:»Die Manner zahlen, nicht die Schiffe, Val!»

Rauch wirbelte uber das Seitendeck und verschluckte einen Seesoldaten, der aus den Gro?marsen sturzte; Kanonendonner erstickte seinen Todesschrei. Auf dem Vorschiff war ein Achtzehnpfunder umgesturzt, zwei Leute der Bedienungsmannschaft lagen blutend daneben, ein dritter wand sich schreiend unter dem hei?ge schossenen Rohr an

Deck.

Von der nicht ins Gefecht verwickelten Bordseite rannten Leute herbei, um die Stelle der Toten und Verwundeten einzunehmen; andere scheuchte Quantocks Sprachrohr in den Gro?mast, wo sie mit hastigen Behelfssplei?en ein neues Gro?segel zu setzen versuchten. Gro? war die Gefahr, da? Funkenflug oder ein gluhender Wergpfropfen Tuch und geteerte Hanfleinen in Brand setzten.

Bolitho schatzte die Distanz. Das franzosische Schiff war noch eine Kabellange entfernt und feuerte unregelma?ig, aber auf diese Entfernung erzielte es Treffer nach Treffer.

Keen tat gut daran, das Gro?segel setzen zu lassen. Wenn Achates gerade jetzt zu wenig Tuch oben hatte, deshalb an Fahrt und Ruderwirkung verlor, mu?te sie verfallen, der Wind wurde ihren Bug nach Lee drucken, bis das ungeschutzte Heck sich dem Feind darbot; dessen schwere Kaliber wurden ihr dann ein Ende bereiten, wie es die gro?ere Fregatte erlitten hatte.

Bolitho hob den Blick zum Vormast und gewahrte seine Flagge, die uber Rauch und Inferno auswehte. Den franzosischen Admiral mu?te dieser Anblick noch anspornen, ihn erst recht dazu verleiten, sein Schiff langsseits zu bringen, ohne Rucksicht auf die Folgen.

«Feuer!«Keen wartete nur so lange, bis das Mundungsfeuer abermals nach dem Feind leckte, dann:»Mr. Trevenen! Ubernehmen Sie dort!»

Bolitho sah Mountsteven neben einer seiner Kanonen liegen; ein Arm war ihm abgerissen, das halbe Gesicht versengt worden.

Das untere Batteriedeck feuerte pausenlos, und Bolitho sah die Szene vor sich, als stunde er selbst dort unten. Als Fahnrich hatte er einst solch eine Zwischendecksbatterie befehligt, auch wenn ihn jetzt dunkte, das sei tausend Jahre her: zwischen den rot gestrichenen Bordwanden — rot, damit Blut daran nicht so auffiel — zuckten und tanzten die grotesken Schemen der Stuckmannschaften durch den Rauch, im standigen Kampf mit den wie von eigenem Leben erfullten Kanonen: Bilder aus Dantes Inferno.

Eine Kugel fuhr durch eine offene Stuckpforte ins obere Batteriedeck, und Bolitho erkannte ihre Bahn an den zerrissenen Menschenleibern, die sie zurucklie?, ehe sie in die gegenuberliegende Bordwand krachte. Links und rechts walzten sich Manner in Todesqualen, wahrend Tyrrell mit seinem Holzstumpf uber Blut und Korperteile hinwegstapfte, ein grotesker Todesengel, der das Gespenstische der Szene noch hervorhob.

Eine zweite Kugel durchschlug die Finknetze auf dem Achterdeck und fegte Hangematten und Menschen wie Stoffbundel beiseite. Sie mahte zwei Ruderganger um und lie? den Gehilfen des Masters schreiend zuruck, gekrummt uber das Ende eines fu?langen Splitters, der sich ihm wie ein gefiederter Pfeil in den Magen gebohrt hatte.

Wild irrte Bolithos suchender Blick uber die Umstehenden, aber dann sah er, da? Adam wieder auf die Fu?e kam. Er grinste seinen Onkel durch die ziehenden Rauchschwaden an, und seine Worte wurden vom Schlachtengetose halb verschluckt, ehe er sich wieder umwandte, um der Achterdeckswache beizustehen.

«Bei Gott, Sir, hier geht's fur meinen Geschmack zu verdammt hei? her!»

Bolitho sah sich nach Allday um. Er litt ganz offensichtlich Schmerzen, hielt aber sein Entermesser wie einen Beidhander umklammert.

Da spurte er, wie ihm eine Kugel den Hut vom Kopf ri?, und wu?te, die Franzosen waren nun so nahe, da? die Scharfschutzen ihre Treffsicherheit beweisen konnten.

«Beweg dich, Allday, oder geh unter Deck!«Er versuchte zu grinsen, aber sein Gesicht fuhlte sich so steif an wie Leder.

Ein Midshipman sturzte vor und griff nach dem Hut des Admirals. Dicht unterhalb der Litze wies er zwei saubere Durchschu?locher auf. Bolitho lachelte muhsam.»Danke, Mr. -»

Aber der Junge starrte ihn nur blicklos an, in seinen Augen erlosch das Leben wie eine Kerzenflamme. Ein Blutstrom quoll aus seinem Mund, und er sackte zusammen.

Bolitho stulpte seinen Hut auf und starrte zum Feind hinuber. Nicht einmal den Namen des Jungen hatte er gekannt.

Ein machtiger Schatten glitt uber das Deck, ihm nach wehte schrilles Geschrei und Gebrull: Mars- und Bramstenge des Fockmasts, glatt abgehackt wie eine Bambussprosse, kamen mit ihrem ganzen Rigg von oben. Donnernd sturzten sie uber die Seite und rissen alles mit uber Bord, was ihnen im Wege stand.

Allday keuchte:»Die Flagge, Sir! Ihre Flagge ist weggeschossen!»

Es uberraschte Bolitho, da? er mitten in diesem Totentanz noch Gefuhle aufbringen konnte, aber er spurte, da? ihn Wut und Verwirrung erfullten. Er zog den alten Familiensabel und legte die Scheide sorgsam an Deck, ohne recht zu wissen, was er tat.

Fast Bord an Bord lagen die feindlichen Schiffe, und immer noch feuerten die Kanonen, jetzt auf kurzeste Distanz; ein kreischender, wirbelnder Hagel aus Metall, Holzsplittern und Tuchfetzen erfullte die