Galeeren in der Ostsee: Konteradmiral Bolitho vor Kopenhagen - Kent Alexander. Страница 65

Die Benbow gehorchte sofort und legte sich unter dem Druck der vergro?erten Segelflache stark uber. Achteraus folgten die anderen Schiffe ihrem Beispiel. Das Auge eines Laien an Land mochte die schweren Schiffe jetzt fur Fregatten halten, in Wirklichkeit aber wu?te Bolitho, da? sie bei diesem leichten Wind nur knapp funf Meilen durchs Wasser machten.

Plotzlich schien der Horizont zu beben und dann in einem riesigen Rauchpilz zu detonieren. Keiner auf dem Achterdeck sagte etwas. Das konnte nur die explodierende Pulverkammer eines Schiffes gewesen sein.

Browne rausperte sich.»Von Lookout, Sir: >Segel voraus in Sicht<.»

Herrick starrte gebannt auf die lose flappenden Marssegel.»Aber welches von beiden ist es, in Gottes Namen?»

Speke rief:»Ein Schiff ist gesunken, das andere schwer beschadigt.»

Der Wimpel am Gro?mast wehte wieder aus, und Bolitho spurte ein Zittern im Deck, als ein kraftiger Windhauch uber das Achterschiff blies und die Segel fullte.

Er versuchte, mit dem Te leskop durch die Fallen und Wanten hindurch voraus zu blicken, fing aber zunachst nur das Gesicht eines Mannes auf der Back ein, bevor er uber die dort stehenden Karronaden hinweg eine Lucke fand, die ihm freies Blickfeld nach vorne gab.

Er sah Rauch wie ein Leichentuch auf dem Wasser liegen, dahinter zwei Masten mit Rahen und stark durchlocherten Segeln als stumme Zeugen des vorangegangenen Kampfes.

Dann horte er den Ruf des Ausgucks:»Es ist ein Franzose, Sir!»

Bolitho sah Browne an.»Die Ajax.»

Allday kam von der Schanz herunter und gesellte sich zu den anderen.»Sie wird ihre Schaden ausgebessert und nun die Absicht gehabt haben, nach Frankreich zuruckzukehren, schatz' ich.»

«Vermutlich.»

Bolitho druckte den Griff seines Sabels, bis der Schmerz ihn klarer denken lie?. Allday hatte recht, so mu?te es gewesen sein. Nachdem die Styx sie so ubel zugerichtet hatte, hatte der franzosische Kommandant mindestens funf Monate fur die Reparaturen benotigt. Wahrscheinlich hatte er dazu einen Hafen aufgesucht, der wahrend der Zeit vom Eis eingeschlossen war. Und nun war er also wieder da und nahm schreckliche Rache.

Mit rauher Stimme sagte er:»Geben Sie an Lookout, da? sie nach Uberlebenden sucht, aber sie soll sich nicht in ein Gefecht verwickeln lassen. «Er drehte sich um und sah in das verwitterte Gesicht des Obersteuermanns.»Geben Sie uns einen Kurs, der uns in Lee von dem da bringt, Mr. Grubb.»

Herrick lie? sein Teleskop sinken.»Die Ajax bewegt sich nicht. Sie hat ihren Kreuzmast verloren, und ihr Ruder scheint unklar zu sein.»

Die Folter des Wartens und Beobachtens, wahrend die arg mitgenommene Fregatte gro?er und gro?er wurde und die Lookout aufmerksam herumsuchte wie ein Jager, der eine verwundete Lowin verfolgt, wurde durch die vollige Stille ringsum noch verschlimmert.

Wolfe brach das Schweigen. »Lookout hat ihre Boote ausgesetzt, um Uberlebende aufzunehmen, obwohl nach solch einer Explosion…«Er verstummte, als Herrick ihm einen zornigen Blick zuwarf.

Major Clinton hatte seine Seesoldaten auf der Schanz verlassen und sich zu Herrick auf dem Achterdeck gesellt. Plotzlich zeigte er mit seinem Stock:»Ich glaube, der Franzose kommt wieder in Fahrt.»

Wolfe nickte.»Er hat die uber Bord hangenden Trummer abgeschlagen und ein zweites Marssegel gesetzt.»

Sie sahen Bolitho an, als dieser befahl:»Lassen Sie die untere Batterie ausrennen, Mr. Wolfe.»

Der Befehl wurde blitzschnell weitergegeben. Kurz darauf bebte das Deck, als die schweren Zweiunddrei?igpfunder gerauschvoll in ihre geoffneten Stuckpforten rumpelten.

«Kanonen sind ausgerannt, Sir!»

Geschwarzte Holzteile und verschlungenes Tauwerk trieben an der Bordwand der Benbow vorbei. Auch Menschenleiber, oder was davon ubriggeblieben war.

«Feuern Sie einen Warnschu?, Mr. Wolfe!»

Das vorderste Geschutz loste einen Donnerschlag aus, und als der Pulverqualm sich uber das Wasser ausbreitete, sah Bolitho die gro?e Kugel fast genau vor der Galionsfigur der Ajax ins Wasser schlagen.

Aber die Trikolore, die nach dem Verlust des Kreuzmastes neu am Gro?mast gesetzt worden war, machte keine Anstalten zum Niedergehen; statt dessen wurde der Umri? der Fregatte kleiner, da sie abzudrehen begann.

Wolfe fragte:»Eine Breitseite, Sir?»

Bolitho schaute gebannt uber ihn hinweg auf das franzosische Schiff, das vor seinen Augen zu verschwimmen schien, als betrachte er es durch dickes Fensterglas.

Auf die Entfernung von gut einer Meile mu?te eine Breitseite der gro?kalibrigen Geschutze die bereits stark beschadigte Fregatte in Stucke rei?en. Die Lecks, die ihr schon vorher von der Relentless geschlagen worden waren und das Gewicht ihrer eigenen Artillerie wurden ihr den Rest geben.

Er horte Clinton sagen:»Der Kommandant druben mu? verruckt sein.»

Bolitho schuttelte den Kopf.»Sagen Sie den Geschutzfuhrern, da? sie einzeln nacheinander feuern sollen.»

Die zweite Kugel schlug ins Achterschiff der Ajax ein und warf Holzplanken und zerbrochene Stengen wie Strohhalme hoch in die

Luft.

Bolitho beobachtete, wie die Trikolore langsam niedergeholt wurde. Ruhig sagte er:»Er ist ein tapferer Mann, Major.»

Eine Steuermannsmaat meldete:»Die Boote der Lookout haben ein paar Mann aufgefischt, Sir.»

Bolitho erkannte seine Stimme fast selbst nicht mehr, als er befahl:»Andern Sie Kurs auf die Lookout. Signal an Indomitable, sie soll die Ajax entern und die Besatzung gefangennehmen. «Seine Stimme wurde harter.»Anschlie?end soll sie das Schiff versenken.»

Von seinem luftigen Hochsitz auf der Saling rief Speke:»Sie haben sechs Leute, Sir, funf Matrosen und einen Seesoldaten.»

Bolitho stand hinter den aufgerollten Enternetzen auf der Laufbrukke und beobachtete die sich langsam bewegenden Boote und die herumschwimmenden Reste von Peels Schiff: Treibgut, verbranntes Holz, vom Feuer geschwarzte Leinwand. Und Menschen, die so zerrissen und unkenntlich waren, da? sie augenblicklich tot gewesen sein mu?ten.

Er griff in die Wanten und hatte fast laut aufgeschrien, als sein wundes Bein gegen das eisenharte Stag stie?.

Eine Hand streckte sich ihm entgegen, und er erkannte Midshipman Penels, der ihn beobachtet hatte.»Lassen Sie mich, Sir.»

«Danke. «Bolitho stutzte seinen Ellenbogen auf die Schulter des Jungen und wartete, da? der Schmerz abklang.

So hatte Damerum also doch noch, ohne es zu wissen, einen Racher gefunden.

Er zwang sich, die auf und ab tanzenden Trummer zu prufen, die sich unter der starr vorausschauenden Galionsfigur teilten und beiderseits der Bordwande vorbeitrieben.

Hinter sich horte er freudige Rufe der Seeleute, die einander gratulierten, da? sie die Flucht der Ajax verhindert hatten.

Penels sagte plotzlich schuchtern:»Sir, ich glaube, da hat sich etwas bewegt.»

Bolitho nahm sein Glas und folgte der Richtung, die Penels wies. Er sah die Trummer eines gekenterten Bootes und eine lange Stenge, die an einem Ende wie ein Kreidestift abgebrochen war.

Daneben trieben einige Leichen, und einen Augenblick dachte er, Penels hatte sich etwas eingebildet oder ihm nur etwas Ermutigendes sagen wollen. Doch dann rief er:»Ich sehe es!«Es war nur ein Arm, der uber die Stenge herumlangte. Aber er bewegte sich. Jemand, der uberlebt hatte. Aber wer?

Er wurde nahezu von Panik ergriffen. Und in diesem kurzen Augenblick hatte das Schiff sich schon wieder um einige funfzig Yards vorwartsbewegt.»Kapitan Herrick! Ein Mann im Wasser, an Steuerbord. Die Jolle, schnell!»

Er fiel fast hin, als Penels unter seinem Ellenbogen davonscho?. Er sah nur noch das erschreckte Gesicht des Jungen, das aber auch einen plotzlichen Entschlu? ausdruckte, bevor er auf das Schanzkleid geklettert und ins Wasser gesprungen war. Ehe Herrick verstand, was vorging, war Penels wieder aufgetaucht und schwamm mit schnellen Sto?en auf die Stenge zu.