Eine letzte Breitseite: Kommodore Bolitho im ostlichen Mittelmeer - Kent Alexander. Страница 24
Leroux fa?te seinen Sergeanten am Arm. Der zuckte zusammen wie von einer Kugel getroffen.»Sergeant Gritton, geben Sie durch: Bajonette aufpflanzen. Inspizieren Sie jeden Mann. Auf mein Signal: ganze Linie Attacke. Laufschritt marsch.»
Der Sergeant setzte seinen Hut fester auf.»Jawohl, Sir. «Er war so unbewegt, als hatte er den Befehl bekommen, seine Stiefel zu putzen.
Am Abhang ruhrte es sich, Stahl klang auf Stahl, die Bajonette schimmerten schwach. Bolitho zog seinen Degen und sagte gelassen:»Wir mussen moglichst viel Larm machen. Das ist jetzt unsere beste Chance.»
Er fuhr herum: ein einzelner Schu? krachte, sein Echo wurde von den Hugeln zuruckgeworfen.
Einen Moment dachte er, ein Wachtposten hatte seine Truppe gesichtet, und sie waren vor dem Angriff ausmanovriert.
«Da unten, Sir«, rief Nepean,»da habe ich Mundungsfeuer gesehen. Ein Mann ist gefallen, glaube ich.»
Gedampfte Rufe; die einzelne Laterne bewegte sich hinter den Wallen der Batterie, wie von einem Gespenst getragen.
«Das ist kein Signal, bei Gott«, murmelte Leroux.»Da mu? ein Verruckter am Werk sein. Verdammt, sehen Sie blo?, wie die durcheinanderrennen! Mit dem Uberraschungsmoment ist es vorbei«, schlo? er bitter. Sogar ohne Teleskop konnte Bolitho das Gerenne bei der Batterie sehen: helle Gestalten, anscheinend blo? halb bekleidet, von diesem mysteriosen Schu? aus dem Schlaf gerissen.»Die beste Gelegenheit, Major«, erwiderte er heiser. Er sprang auf und schwenkte seinen Hut zu den erstaunten MarineInfanteristen.»Folgt mir, Jungs!«Gallebitter stieg der Irrsinn in seiner Kehle hoch; so wild, als wolle es ausbrechen, schlug sein Herz gegen die Rippen.
Ein Laut wie ein Grollen kam von den Mannern, sie rappelten sich auf, die Bajonette richteten sich auf die Batterie, und Leroux brullte:»Zur Attacke — marsch!»
Den Abhang hinunter rennend, dabei schreiend wie die Irren, verga?en die Seesoldaten bald den Befehl, nicht zu schnell vorzugehen. Sie sturmten uber Gras und Steine, und die schwankenden Bajonette glitzerten jetzt heller, denn ein schwacher Morgenschimmer lag bereits uber der Bucht.
Hier und da sturzte ein Mann, doch nur, um wieder aufzuspringen, seine Muskete zu packen und abermals zu seinen brullenden, schreienden Kameraden aufzuschlie?en.
Bolitho horte ein paar Schusse; doch wer sie abfeuerte und wem sie galten, wu?te er nicht. Er wu?te nur, da? sich das Tempo kaum noch halten lie?, denn jetzt ging es nicht mehr abwarts, sondern bergauf.»Schneller!«keuchte er.»Die Palisaden!»
Von oben krachte es ein paarmal; ein Mann fiel und rollte gurgelnd den Abhang hinunter.
Einige Seesoldaten waren zuruckgeblieben, knieten jetzt und zielten uber die Kopfe ihrer Kameraden hinweg. Eine Kugel sauste Bolitho am Kopf vorbei, ein Todesschrei ertonte vom Wall uber ihm.
«Da ist ein Weg!«schrie Leroux.»Sergeant Gritton! Dort hinauf!»
Kugeln schlugen jetzt von beiden Seiten in die Palisade, und wie aus weiter Ferne horte Bolitho den fordernden Ton eines Trompetensignals.
Sie mu?ten diesen Wall erreichen und einnehmen, ehe der Feind Unterstutzung aus dem Lager bekam. Inzwischen hatten sie alle gehort, da? Pferde da waren. Griff erst Kavallerie an, wurde sie die erschopften Marine-Infanteristen auseinandertreiben und in Stucke hauen.
Bolitho fiel beinahe uber einen Soldaten, der quer in einem Tor lag; ein brullender Seesoldat an der Spitze der vordersten Gruppe stie? ihn beiseite. Der Kopf schwirrte ihm, aber trotzdem registrierte er die seltsame Tatsache, da? das Tor offen und der Soldat tot war.
Ein paar Stufen hinauf, um eine Ecke, und dann sah er ein halbes Dutzend Spanier, die mit Waffen und Fausten gegen eine breite Tur hammerten — anscheinend bemerkten sie die ansturmende MarineInfanterie gar nicht. Doch dann drehte sich einer um, und der ganze Haufe wandte sich von der Tur ab, rannte auf den halbfertigen Wall zu und versuchte hinuberzuklettern.
Johlend wie die Teufel fuhren die Marine — Infanteristen zwischen sie; Bajonette stie?en zu, die schrecklichen Todesschreie gingen in dem wusten Kampfgebrull unter.
«Hurra, die Marine!«schrie Bolitho.»Halten Sie sie um Gottes willen auf, Major Leroux! Wir mussen durch diese Tur!»
Schusse krachten von der Batterie her, einige Seesoldaten fielen um sich schlagend zu Boden, andere eilten die Stufen empor; doch da sie bald von Nachdrangenden eingekeilt werden mu?ten, bestand die Gefahr, da? sie wehrlos von versteckten Scharfschutzen abgeknallt wurden.
Jetzt stand Sergeant Gritton mit einer gro?en Axt vor dem Turrahmen und fuhrte krachende Schlage gegen das eisenbeschlagene
Holz.
Leroux feuerte seine Pistole ab und gab sie seiner Ordonnanz zum Neuladen; ein Korper fiel uber die Brustwehr zwischen die brullenden Seesoldaten.
«Er kriegt sie nicht rechtzeitig auf!»
Er scho? seine zweite Pistole ab und fluchte, als die Kugel als Querschlager fehlging.
«Los, Jungs!«brullte Gritton.»Sie gibt nach!»
Bolitho drangte sich durch die aneinandergepre?ten Manner. Er hatte gemerkt, da? die Tur nach innen aufging, und zwar nicht wegen der Axthiebe, und da? seine Manner im nachsten Moment von einer Kartatschenladung zerfetzt werden konnten.
«Schie?t, Jungs!«brullte Gritton.»Drauf auf die Hunde!»
Da erscholl eine andere Stimme, lauter selbst als die Grittons:»Achtung, Sergeant! Feuer einstellen, verdammt!»
Bolitho wurde von den Vorsturmenden mit durch die Tur gerissen, und als sie hurra schreiend in einen roh behauenen Gang rannten, starrte er zwei Gestalten an, die sich scharf im Licht einer einzelnen Laterne abhoben.
«Der eine ist von uns«, keuchte Leroux.»Schie?en Sie auf den anderen, den Soldaten, Gritton!»
Aber der» Soldat «warf seine Muskete weg; zwei Seesoldaten packten seine Arme, da rief er heiser:»Ich bin's!»
Bolitho stie? die Manner beiseite und packte den Jungen an beiden Schultern.»Ich mu? traumen!»
«Dann traumen auch wir, Sir!«rief Allday.
Leroux stand wieder neben ihm.»Hier ist das Magazin, Sir!«Er starrte Pascoe in das fleckige Gesicht.»Haben Sie… Ich meine, wollten Sie…»
«Wir hatten vor, das Magazin in die Luft zu sprengen«, entgegnete Pascoe heiser.»Der spanische Kommandeur wu?te, da? ein Schiff kommt. «Hilfesuchend sah er Allday an; plotzlich hatte ihn alle Kraft verlassen.»Und das konnte doch nur die Lysander sein.»
Allday nickte und grinste dabei uber das ganze schmutzige Gesicht.»Aber da? wir an diesem schonen Morgen unsere >Bullen< zu sehen kriegen wurden — das konnten wir nicht wissen.»
Bolitho versuchte, seine durcheinanderwirbelnden Gedanken zu ordnen. Vielleicht war es doch schon zu spat, etwas zu unternehmen. Aber nun sah es nicht mehr so schwarz, so vollig unmoglich aus wie vor ein paar Augenblicken.
«Major, greifen Sie mit Ihrer Abteilung die Batterie an. Die Scharfschutzen sollen besonders sorgfaltig zielen, doch ich glaube, Sie werden auf keinen gro?en Widerstand sto?en. Die werden nicht so wild darauf sein, auf uns hierzu schie?en und sich selbst die Holle zu bereiten. «Er sah Pascoe und Allday an.»Wozu ihr beiden aber durchaus bereit wart.»
«Eins noch, Sir«, sagte Allday.»Auf der anderen Seite, nach See zu, steht noch eine zweite Batterie. Ich glaube zwar, das hier ist das einzige Magazin, aber.»
Er brach ab, denn eine Detonation erschutterte den Gang. Auch Hurrageschrei war zu horen und zerstreutes Musketenfeuer.
Bolitho nickte.»Das war ein Schu? von der anderen Batterie, denke ich. «Er rannte hinter den Marine-Infanteristen her; Pascoe wollte ihm folgen, doch er sagte:»Nein, Adam. Du hast bisher den Lowenanteil getragen. Bleib hier bei den Verwundeten, bis ich wei?, wie es weitergeht.»
Wahrend er durch den schwach erleuchteten Gang lief, vorbei an gro?en Fassern mit Pulver und Munition, an Tragegestellen, mit denen die Kanonenkugeln zur Feueresse transportiert worden waren, uberdachte er das Geschehene. Pascoe und Allday lebten noch. Nicht nur das; sie waren hier, bei ihm. Doch wie sie es geschafft hatten, konnte er sich nicht erklaren. Hatte er an dem Steilhang den Ruckzug angetreten, oder ware er nur ein paar Minuten spater eingetroffen, dann hatten sie Magazin und Batterie in die Luft gesprengt und sich mit. Und zwar ohne Rucksicht auf das eigene Leben, ohne auch nur abzuwarten, ob tatsachlich ein Schiff in die Bucht segelte! Sie hatten damit gerechnet, da? es die Lysander sein wurde, und das war ihnen genug.