Feind in Sicht: Kommandant Bolithos Zweikampf im Atlantik - Kent Alexander. Страница 41
Inch sagte:»Die Indomitable setzt Bramsegel, Sir.»
«Sehr gut. Tun Sie das gleiche, Mr. Inch. «Bolitho schwankte etwas, als sich das Deck leicht unter ihm hob. Genau wie er schien das Schiff froh zu sein, das Land hinter sich zu lassen.
Er blickte nach oben, um zu sehen, wie die Segel von den Rahen fielen und die winzigen Silhouetten der Toppsgasten um die Wette aufenterten, um die Befehle vom Deck zu befolgen. Er sah Pascoe im Gro?mast, der geschickt dem Rollen des Schiffes folgte. Den Kopf in den Nacken geworfen, sah er den bezopften Matrosen nach, die an ihm vorbeischwarmten, wahrend weitere Leinwand ausgeschuttelt wurde und sich an den Rahen blahte. Sein Hemd stand bis zum Gurtel offen, und Bolitho konnte erkennen, da? seine Haut schon gebraunt war und seine Rippen weniger vorstanden als damals, als er an Bord gekommen war. Pascoe lernte schnell und gut, doch aus dem, was Bolitho in St. Kruis von ihm gesehen und gehort hatte, wu?te er, da? der Junge sich von den anderen Mids-hipmen fernhielt und seinen Kummer wie eine latente Krankheit nahrte.
Gossett sang aus:»Kurs West zu Sud, Sir.»
«Sehr gut. «Bolitho ging nach Luv hinuber, um die Landzunge vorbeiziehen zu sehen. Winzige Gestalten liefen am Rand der bruchigen Felsen entlang, wo das franzosische Landekommando im Schutz der Dunkelheit gegen die Batteriestellung vorgegangen war.
In weiter Ferne konnte er Backbord voraus einen winzigen wei?en Splitter am Horizont ausmachen: eine der Schaluppen, die vorausgeschickt worden waren, um mit einem Minimum an Verzogerung Kontakt mit den Fregatten aufzunehmen und ihnen PelhamMartins Befehle zu uberbringen.
Zu Inch sagte er ruhig:»Setzen Sie vorlaufig nicht mehr Segel. Ich furchte, da? wir mit unserem sauberen Kupferbeschlag sonst die Hermes uberholen.»
Inch grinste.»Aye, Aye, Sir.»
Erst jetzt wurde es Bolitho bewu?t, da? Inch ohne den geringsten Fehler das Schiff in Fahrt gebracht hatte, wahrend er so in seine Gedanken vertieft gewesen war, da? er kaum darauf geachtet hatte.
Er sah seinen Leutnant ernst an.»Aus Ihnen werden wir noch einmal einen Kommandanten machen, Mr. Inch.»
Er lie? einen noch breiter grinsenden Inch zuruck und ging nach achtern in seine Kajute, wo er sich seinen Gedanken uberlassen konnte.
IX Ruckzug
Der dritte Tag nach dem Auslaufen von St. Kruis dammerte hell und klar. Der Himmel war wolkenlos und eisblau. Die See wurde von einem ungestumen Nordost gepeitscht und erstreckte sich als ein endloses Muster aus kleinen Schaumkronen, von der Sonne gelb uberhaucht, bis zum fernen Horizont.
Wahrend der Nacht hatten die Schiffe sich trotz der eindringlichen Signale von Pelham-Martin zerstreut, und es brauchte viele nervenstrapazierende Stunden, bis die Formation zu seiner Zufriedenheit wiederhergestellt war. Jetzt liefen die Schiffe mit halbem Wind und in der steifer werdenden Brise stark nach Steuerbord krangend nach Sudosten der schattenhaften Kuste entgegen, wo nur die tiefer landeinwarts gelegenen, hochragenden Berge von der Sonne erreicht wurden. Die Bucht von Lac Mercedes lag noch im Dunst verborgen.
Bolitho stand auf dem Achterdeck und hielt sich mit einer Hand an den Netzen. Trotz der schon herrschenden Warme war ihm kalt, und die Augen schmerzten ihn vom angestrengten Beobachten des Landes, das aus dem Schatten auftauchte und mit dem anbrechenden neuen Tag Umri? und Gestalt gewann. Seit sie Anker gelichtet hatten und ausgelaufen waren, hatte er kaum an etwas anderes gedacht als an diesen Augenblick. Wahrend die Schiffe nach Westen segelten, ehe sie im Schutz der Dunkelheit nach Suden abdrehten und einen Kurs auf das Land zu einschlugen, hatte er daruber nachgedacht, was Pelham-Martin tun wurde, falls die Franzosen die Bucht bereits geraumt hatten und meilenweit entfernt waren, so wenig fa?bar wie bisher. Oder, schlimmer noch, falls de Blocks Schoner falsch informiert worden war und Lequiller sich nie in dieser Gegend aufgehalten hatte.
Falls das eine oder andere zutraf, konnte kaum jemand wissen, wo die Spur wiederaufgenommen werden sollte. Zwei Geschwader zum Gefecht zusammenzufuhren, hing mehr vom Gluck als von der Planung ab; auch konnte Lequiller sich entschlossen haben, nach Frankreich zuruckzukehren oder andere Plane am anderen Ende der Welt zu verfolgen.
Um sich herum und unter sich spurte Bolitho das Beben und Knarren des Rumpfs, wahrend das Schiff unter gekurzten Segeln den anderen auf die Bank von blassem Dunst folgte. Sobald es hell genug zum Signalisieren gewesen war, hatte Pelham-Martin ihnen Gefechtsbereitschaft befohlen, und jetzt wartete die Besatzung der Hyperion wie die der anderen Schiffe in fast volliger Stille bei ihren Kanonen oder hoch uber Deck, oder wie Trudgeon, der Schiffsarzt, tief unten im Rumpf.
Mehrere Teleskope hoben sich gleichzeitig wie auf einen lautlosen Befehl, und Bolitho sah das blasse Rechteck eines Segels Steuerbord weit voraus. Es war die Fregatte Abdiel, der Pelham-Martin befohlen hatte, sich von der entgegengesetzten Seite der Bucht zu nahern und jedes Lebenszeichen zwischen ihren schutzenden Landarmen zu melden.
Leutnant Roth stand neben seinen Neunpfundern auf dem Achterdeck und meinte laut:»Jetzt werden wir's ja bald wissen, wie?«Aber er verstummte sofort unter Bolithos finsterem Blick.
Midshipman Gascoigne war mit seinem Teleskop bereits in den Luvwanten und nagte konzentriert an seiner Unterlippe. Wahrscheinlich war ihm die lebenswichtige Bedeutung des ersten Signals schon bewu?t.
Stahl klirrte gegen Stahl, fast so laut wie ein Schu?. Als Bolitho den Kopf drehte, sah er Allday auf sich zukommen, der seinen alten Sabel wie einen Talisman vor sich hertrug.
Trotz seiner Befurchtungen gelang es Bolitho zu lacheln, als All-day ihm den Sabel umgurtete. Er zumindest schien keinen Zweifel daran zu haben, was der Tag bringen wurde.
«Die Abdiel signalisiert, Sir!«Gascoignes Stimme krachzte vor Aufregung.»An Indomitable: Vier feindliche Schiffe vor Anker in der Bucht. «Lautlos bewegte er die Lippen, wahrend er weiter ablas.
Dann schrie er:»Vier Linienschiffe!»
Inch stie? einen tiefen Seufzer aus.»Bei Gott, wir haben sie!»
Bolitho pre?te die Lippen zusammen und zwang sich, zweimal von der einen Seite des Schiffs auf die andere zu gehen. Vier Schiffe… Das war nur die Halfte von Lequillers Streitmacht. Wo waren die anderen?
Hinter ihm knurrte Gossett:»Der Nebel wird sich bald heben. Dann sehen wir die Schufte vielleicht.»
Wie ublich hatte er recht, und als der Dunst sich verzog, hob Bo-litho sein Glas, um die verankerten Schiffe zu studieren. Im Licht der Sonne, die erst knapp uber den Bergen stand, wirkten die vier schwarz und so solide, als ob sie nie und nimmer sich von ihrem Ankergrund losen konnten; als mehr Licht den dunner werdenden Dunst durchdrang, erkannte er auch den Grund dafur: Sie lagen an der schmalsten Stelle der Einfahrt, an Bug und Heck verankert. Nach Art und Weise, wie sich das Wasser zwischen den beiden nachsten hob und senkte, erkannte er, da? weitere verborgene Taue sie miteinander verbanden, so da? sie eine machtige Barriere bildeten. Auf allen Schiffen waren die Stuckpforten geschlossen und die Segel sauber festgemacht, doch als mehr Licht auf Rahen und Wanten fiel, sah er winzige Gestalten auf jeder Hutte und flatternde Trikoloren an jeder Gaffel. Es bestand kein Zweifel mehr: Ob die Franzosen die spanische Garnison nun uberwunden und unterworfen oder sie nur zu ohnmachtigem Schweigen gezwungen hatten, das Ergebnis war in beiden Fallen gleich. Sie waren kampfbereit und — noch entscheidender — mu?ten gewu?t haben, da? Pelham-
Martins Geschwader unterwegs zu ihnen war. Es mu?te viel Muhe und Uberlegung gekostet haben, die schweren Zweidecker in dieser Weise festzumachen; der franzosische Befehlshaber hatte beides bestimmt nicht nur auf gut Gluck getan.