Der Piratenfurst: Fregattenkapitan Bolitho in der Java-See - Kent Alexander. Страница 28
«Ich steige auf den Hugel, Mr. Davy. «Es kam ihm vor, als hore er Penn hinter sich verzweifelt aufstohnen.»Hoffentlich sind Ihre Ausguckposten wach.»
Es war ein langer, anstrengender Marsch, und als sie aus den Baumen heraus waren und das letzte Stuck Weg frei vor ihnen lag, fuhlte Bolitho die Hitze auf seinen Schultern und ein Brennen unter seinen Schuhsohlen, als schritte er uber einen gluhenden Rost. Aber die beiden Posten oben schienen sich ganz wohl zu fuhlen. In ihren fleckigen Hosen und Hemden, die tiefgebraunten Gesichter von machtigen Strohhuten fast verborgen, glichen sie eher Schiffbruchigen oder Ausgesetzten als ehrlichen britischen Seeleuten.
Aus einem Streifen Segeltuch hatten sie sich ein kleines Sonnendach aufgeriggt; dahinter lagen ihre Waffen, die Wasserflaschen und ein gro?es Fernrohr. Der eine tippte sich gru?end an die Stirn und meldete:»Alles klar, Kapt'n.»
Bolitho zog sich den Hut tiefer in die Stirn und blickte aufmerksam in die Ebene hinunter. Die Kuste war zerrissener, als er vermutet hatte. Hier und da, in einer kleinen Bucht oder einem schmalen Meeresarm, den keine Karte verzeichnete, glitzerte Wasser durch Stamme und Laubwerk. Landeinwarts erstreckte sich uberall, in der Ferne von einer hohen dunklen Felsbarriere begrenzt, dichter Baumbewuchs wie die Dunung einer grunen See. Und so verfilzt waren die Wipfel, da? es aussah, als konne man festen Schrittes darubermarschieren.
Bolitho nahm das Fernrohr und richtete es auf das Schiff. Die Umrisse der Undine anderten sich standig in der hitzeflirrenden Luft, aber er sah die Boote langsam wie mude Wasserkafer hin und her fahren. Staub und Sand an seinen Fingern verrieten ihm, da? das Teleskop mehr am Erdboden gelegen als zur Beobachtung gedient hatte. Er horte Penn laut glucksend aus der Wasserflasche trinken und konnte sich vorstellen, da? die Posten ihn zu allen Teufeln wunschten, damit sie wieder ihre Ruhe hatten. Zwar machte ihr Dienst hier oben recht durstig, aber er war immerhin leichter, als die Schlitten mit den Wasserfassern durch den Urwald zu zerren. Bolitho senkte das Glas. So viele Manner, Schlitten, Fasser — doch von hier aus sah man uberhaupt nichts. Sogar der Strand war verdeckt. Sobald die Boote sich der Kuste naherten, schienen sie von den Baumen verschluckt zu werden.
Bolitho wandte sich so plotzlich nach rechts, da? die Manner erschraken. Sorgfaltig suchte er das Terrain ab. Baume und Wasserstreifen tauchten in der Linse des Fernrohrs auf und verschwanden wieder. Irgend etwas war da gewesen, eine fluchtige Reizung am Rande seines Blickwinkels — aber was? Die Posten sahen ihn zweifelnd an, bewegungslos, erstarrt, wie hypnotisiert.
Ein Reflex in der Linse? Er blinzelte und rieb sich das Auge. Nichts. Noch einmal begann er zu suchen, ganz langsam. Dichter, geschlossener Urwald. Oder sah er nur, was er zu sehen erwartete? Und daher… Er versteifte sich, hielt den Atem an. Als er das Glas sinken lie?, verschwamm das Bild in der Ferne. Er wartete, zahlte die Sekunden, bis sein Atem wieder regelma?ig ging.
Die Posten flusterten miteinander, und Penn trank schon wieder. Wahrscheinlich glaubten sie, ihr Kommandant sei zu lange in der Sonne gewesen. Sehr vorsichtig hob er das Glas erneut ans Auge. Dort, etwas nach rechts, wo er bereits Wasser blinken gesehen hatte, war etwas Dunkleres, das nicht zum Grun und Braun des Waldes pa?te. Er starrte hin, bis ihm das Auge trante und er nichts mehr sehen konnte.
Dann schob er das Fernrohr mit lautem Schnappen zusammen und sagte:»Dort druben liegt ein Schiff. «Penn starrte ihn offenen Mundes an.»Im Suden von uns. Es mu? ein kleiner Meeresarm sein, den wir bei der Anfahrt ubersehen haben. «Er beschattete die Augen, versuchte, die Entfernung zwischen dem Liegeplatz des Fremdlings, der Undine und ihrer Landungsstelle am Strand zu schatzen.
«Mu? blind gewesen sein, Sir«, rief einer der Wachtposten verangstigt — und mehr als das.
Doch Bolitho starrte an ihm vorbei und versuchte, nachzudenken.»Dann nehmt jetzt das Glas und sucht so lange, bis ihr es seht!»
Selbstverstandlich hatte der Mann mehr Angst vor seinem Kommandanten oder einer Strafe wegen Nachlassigkeit als davor, was diese Entdeckung bedeuten konnte. Die Gedankengange waren Bolitho durchaus klar.»Hast du es gefunden?»
«Aye, Sir«, nickte der Mann eifrig, aber unglucklich.»Is'n Mast, ganz klar.»
«Na also«, sagte Bolitho trocken.»Dann behalte ihn gefalligst im Auge, damit er nicht wieder verschwindet.»
Penn lie? die Feldflasche sinken und trabte hinter Bolitho her, der schon mit gro?en Schritten bergab ging.»Was kann das zu bedeuten haben, Sir?«stotterte er.
«Verschiedenes. «Bolitho spurte jetzt unter den ragenden Baumen etwas Erleichterung nach der brennenden Sonnenglut.»Vielleicht haben sie uns gesichtet und halten sich versteckt, bis wir Anker lichten. Vielleicht fuhren sie auch irgend etwas gegen uns im Schilde — ich wei? es nicht.»
Ungeachtet der Ranken und Dornen, die an ihm rissen und zerrten, schritt er schneller aus. Ware nicht diese kleine Irritation im Blickfeld der Linse gewesen, hatte er nichts gesehen, nichts gewu?t von dem fremden Schiff. Vielleicht ware das sogar besser gewesen; vielleicht machte er sich unnotig Sorgen.
Er fand Davy, wie er ihn verlassen hatte: gelangweilt uberwachte er das Fullen der Wasserfasser.
«Wo ist Mr. Fowlar?»
Mit einem Ruck fuhr Davy aus seinem Dosen hoch.»Ah — am Strand, Sir.»
«Verdammt!«Also noch eine gute Meile, bis er sich Fowlars Karte und Mudges Notizen ansehen konnte. Er warf einen Blick zum Himmel: noch Stunden bis zum Sonnenuntergang, der dann aber sehr rasch kommen und das Licht wie ein Vorhang ausloschen wurde.»Ich habe ein Schiff gesichtet, Mr. Davy. Gut versteckt, im Suden von uns. «Eben kam der Zimmermann aus dem Unterholz, die blinkende Sage in der Faust.»Ubernehmen Sie hier die Aufsicht, Mr. Pryke. «Er winkte Davy.»Wir gehen zum Strand.»
Pryke nickte, sein feistes Gesicht gluhte wie ein reifer Apfel.
«Aye, Sir. «Prufend blickte er zu Duff hinuber.»Nur noch funf Fasser, meiner Rechnung nach.»
«Schon. Treiben Sie die Leute zur Eile. Und lassen Sie sie am Strand antreten, sobald das letzte Fa? voll ist.»
Eilig schritt Davy an Bolithos Seite dahin. Man sah seinem gutgeschnittenen Gesicht an, da? er tief betroffen war.
«Halten Sie es fur ein feindliches Schiff, Sir?»
«Eben das mussen wir herausfinden.»
Stumm schritten sie weiter; Bolitho wu?te recht gut, da? Davy genau wie oben der Posten der Ansicht war, er mache zuviel Aufhebens von der Sache.
Unten am Strand horte Fowlar gelassen zu und studierte dann seine Karte.»Wenn es dort liegt, wo ich annehme, dann ist die Stelle hier nicht eingezeichnet. Irgendwo zwischen diesem Strand und der nachsten Bucht. «Er machte ein Kreuz.»Hier ungefahr, mochte ich sagen, Sir.»
«Konnen wir vor Dunkelheit dort sein — uber Land?»
Fowlar machte gro?e Augen.»Es sieht ziemlich nahe aus, Sir. Nicht mehr als drei Meilen entfernt. Aber im Dschungel bedeutet es das Vierfache. «Unter Bolithos festem Blick schlug er die Augen nieder.»Sie konnten es schaffen, Sir.»
«Und wenn wir bis morgen warten, Sir?«warf Davy ein.»Wir konnten dann mit der Undine naher an dieses Schiff heran.»
«Das wurde zu lange dauern. Vielleicht lichten sie noch in der Nacht Anker und sind morgen fruh weg. Und wenn sie uber unsere Anwesenheit und unser Vorhaben informiert sind, ware ein Bootsangriff bei Tage und in einem so schmalen Gewasser sinnlos. Das sollte Ihnen eigentlich klar sein, Mr. Davy.»
Davy blickte auf seine Schuhe nieder.»Jawohl, Sir.»
Eben schleiften die Manner keuchend ein weiteres Fa? zum Boot hinunter. Soames, der durch den tiefen Sand herbeigestapft war, um zuzuhoren, sagte unvermittelt:»Das kann ein Sklavenschiff sein. Und dann ist es bestimmt gut bewaffnet. «Er rieb sich das Kinn und nickte.»Ihr Plan ist gut, Sir. Wir konnten am Fu? des Berges vorrucken, wo er bis an die See heranreicht, und uns dann sudwarts halten. «Mit einem verachtlichen Blick auf Davy setzte er hinzu:»Ich suche mir gute Manner dazu aus, die nicht gleich schlapp machen, wenn es mal ein bi?chen rauh wird.»