Fieber an Bord: Fregattenkapitan Bolitho in Polynesien - Kent Alexander. Страница 53
Aber er fuhlte sich verletzlich, wu?te, da? Viola nicht fern von ihm war, und doch hatte er nur selten Gelegenheit, sie zu sehen, ohne da? Raymond anwesend war. Versuchte Raymond vorzugeben, da? alles wieder so sei wie vorher, was sie betraf? Oder weidete er sich lediglich an Bolithos Qual, wenn sie sich begegneten?
Und obwohl Bolitho sich selbst sagte, da? er in seiner Sorge zu weit gehe, machte er sich Gedanken um ihre Gesundheit. Einen Teil ihrer Zeit verbrachte sie damit, den Schiffsarzt bei seinen Visiten zu begleiten, und sie schonte sich dabei weder, noch teilte sie die Einstellung der Eingeborenen: Wenn es zu anstrengend wird, hore auf zu arbeiten. Leutnant Keen war der Befehl uber die Landkommandos ubertragen worden, und Bolitho hatte ihn mehr als einmal mit einem Eingeborenenmadchen zusammengesehen, einer schlanken Schonheit, die ihn fur einen Gott zu halten schien. Keen seinerseits betrachtete sie mit dem Ausdruck eines hoffnungslos Verliebten. Ihre selig zur Schau getragene Zuneigung deprimierte Bolitho und erfullte ihn gleichzeitig mit Neid.
Am Ende des Monats begleitete Herrick ihn auf einem Inspektionsgang durch das Schiff, und Bolitho teilte dessen gerechtfertigte Befriedigung. Dank der Arbeit der Spezialisten, der sachkundigen Verwendung von Holz und Teer, Farbe und Hanf, zeigte die Tempest kaum noch Spuren der schrecklichen Minuten, in denen sie in Tukes raffiniert gelegter Falle gelitten hatte.
Spater berichtete er Raymond, der ausnahmsweise keine Beschwerden vorzubringen hatte und auch auf seinen ublichen Hinweis auf die Tuchtigkeit de Barras' verzichtete. Statt dessen sagte er:»Ich bin in Sorge wegen der Brigg aus England.»
«Es ist nicht ungewohnlich, wenn sie sich verspatet, Sir. Die Passage um Kap Horn ist sehr schwierig. «Raymond schien ihn nicht zu horen.»Ich komme mir hier blind und taub vor. Ich erhalte keine Nachricht aus Sydney, und niemand bringt mir die Verstarkung, die ich brauche, wenn ich hier aus diesem Ort etwas machen soll. «Bolitho beobachtete ihn verstohlen. Das war es also. Raymond fuhlte sich ubergangen, ausgeschaltet, ganz wie er selbst es in den vergangenen Jahren mehr als einmal empfunden hatte.
Raymond fuhr fort:»Ich wunsche nicht, da? sich ein Vorfall wie mit der Eurotas wiederholt. Ich wunsche uberhaupt keine weitere Storung, bis ich hier fertig bin. Es ist genauso gekommen, wie ich befurchtet habe. Immer wieder mu? ich erfahren, wie falsch es ist, anderen zu trauen. Dieser verdammte Hauptling, Hardacres Freund, zum Beispiel. Wo sind die Nachrichten, die er versprochen hat? Tukes Kopf als Preis fur meine Nachsicht? Meine Schwache, wird er wahrscheinlich denken. Und Hardacre? Der jault mir auch nur die Ohren voll!«Er sank in seinen Sessel zuruck und starrte auf eine halbvolle Weinflasche. Bolitho sagte:»Wenn ich richtig unterrichtet bin, handelt es sich bei der erwarteten Brigg um die Pigeon, Sir.«»Ja. «Raymond sah ihn mi?trauisch an.»Und was ist mit ihr?»
«Ich kenne ihren Kapitan, oder kannte ihn vielmehr, als ich ihr zum letztenmal begegnete: William Tremayne. Er kommt aus meiner Vaterstadt. War lange Kommandant des Postschiffs von Falmouth. Er ware der letzte, der sich von Tuke tauschen lie?e. Als Kommandant eines Postschiffs mu? man allein uber alle Meere dieser Erde bis ans Ende der Welt segeln und lernen, mit jeder Situation fertigzuwerden, wenn man am Leben bleiben will.»
Raymond richtete sich mi?trauisch auf.»Hoffentlich tauschen Sie sich nicht in dem Mann.»
«Ich mochte mit meinem Schiff auf eine Patrouille im
Sudosten unserer Inselgruppe, Sir.»
«Nein. «Raymond sah ihn argerlich an.»Ich brauche Sie hier. Wenn ich Nachricht von de Barras oder der Brigg habe,
wei? ich, was ich zu tun habe. Bis dahin mussen Sie sich die
Muhe machen, Ihre Arbeit hier fortzusetzen.»
Das sagte er so heftig, da? Bolitho sich fragte, was ihn sonst noch beunruhigte.
«Angenommen zum Beispiel, da? der Konig von Spanien seine Anspruche auf den Besitz und die Handelsrechte hier nicht aufgegeben hat? Was dann? Woher sollen wir wissen, da? nicht gerade jetzt sechs spanische Linienschiffe in diesen Gewassern kreuzen?«Er schuttelte den Kopf.»Nein, Sie bleiben hier vor Anker.»
Bolitho verlie? den Raum. Wenn er nur die Moglichkeit hatte, Kommodore Sayer in Sydney zu benachrichtigen, obwohl auch er nicht viel tun konnte. Es war merkwurdig, wenn man daruber nachdachte. Drei Schiffe: die Hebrus, ein veralteter Zweidecker mit vierundsechzig Geschutzen, die Tempest, und jetzt noch die uberfallige Brigg Pigeon. Schiffe, die so wenig zueinander pa?ten, wie man sich nur vorstellen konnte, aber alle drei standen unter dem Kommando von Kapitanen aus Cornwall, und jeder kannte die anderen.
Als er die Pier erreichte, sah er Hardacre von seinem Schoner kommen.
«Gut«, begru?te er Bolitho.»Am besten kommen Sie gleich mit. «Es klang beunruhigt, wutend.»Tinah hat Nachricht uber die Piraten und diesen anderen Verruckten, de Barras. «Als sie bei Raymond eintraten, explodierte Hardacre.
«Haben Sie gewu?t, da? de Barras sich zwischen den Inseln im Norden wie Dschingis Khan auffuhrt? Kanus wurden unter Feuer genommen, und in dem ganzen Bereich herrscht eine Stimmung wie in einem Pulverfa?. Was, um Himmels willen, haben Sie sich dabei gedacht, ihm da oben freie Hand zu lassen?»
«Ma?igen Sie sich!«Aber Raymond war nichtsdestoweniger betroffen.»Woher wollen Sie das alles wissen?«»Mir trauen wenigstens noch ein paar Leute hier. «Die breite Brust hob und senkte sich schwer atmend.»Der Hauptling hat mich benachrichtigt: Tuke hat vor Rutara geankert. «Er warf den Kopf zuruck.»Vor der heiligen Insel. «Er sah Bolitho an.»Wissen Sie von ihr?«»Nur sehr wenig.»
«Ja. «Hardacre ging rastlos hin und her, die Hande wie im Gebet zusammengelegt.»Ein wenig einladender Ort mit kaum Wasser, von ein paar Regentumpeln abgesehen. Tuke kann sich dort eine Weile aufhalten. «Es klang sehr besorgt.»Kein Eingeborener wurde wagen, dort an Land zu gehen. «Raymond leckte sich die Lippen.»Nun, das ist eine gute Nachricht, falls wir uns darauf verlassen konnen.«»Darauf verlassen?«Hardacre sah Raymond mit unverhullter Verachtung an.»Sie hat Tinah mehrere seiner Leute gekostet, und wahrscheinlich werden dafur verschiedene andere Inseln sich gegen ihn erheben. Weil er Ihnen geholfen hat.»
Raymond blickte vor sich auf den Tisch, seine Finger trommelten auf der Platte, laut horbar in der plotzlichen
Stille.
«De Barras wird vor der Nordinsel ankern, nachdem er seine Suche beendet hat. Sie werden unverzuglich den Schoner zu ihm schicken. Ich setze sofort eine Nachricht fur ihn auf.«»Der Schoner ist das einzige Fahrzeug, das ich hier zur Verfugung habe.»
«Das interessiert mich nicht. Es geht um Wichtigeres. «Raymond mustert ihn kalt.»Wie Sie wissen, kann ich uber den Schoner verfugen.»
Hardacre wandte sich geschlagen der Tur zu.»Ich spreche mit dem Kapitan. «Er schlug die Tur hinter sich zu.
Raymond atmete sehr langsam aus.»Gut, gut, Captain. Vor wenigen Augenblicken tappten wir noch im dunkeln. Jetzt sieht die Lage besser aus, wenn man der Nachricht glauben kann. Sehr viel besser. «Er lachelte dunn.»Vielleicht ist es ganz gut, da? den Franzosen die Aufgabe zufallt, Tuke zu vernichten. Falls es Kritik von oben gibt, befinden wir uns dann in einer besseren Situation.»
«Ich mochte auch dorthin, Sir. Wenn nicht anstelle von de Barras, dann mit ihm.»
«Sie halten ihn nicht fur fahig, mit Tuke fertigzuwerden? Weil Sie selbst eine Abfuhr bekommen haben? Ist das der Grund?«Sein Lacheln wurde breiter.»Wirklich, Sie enttauschen mich, da? Sie Ihre Rachsucht so offen zeigen.«»Das hat damit uberhaupt nichts zu tun, Sir. «Bolitho wandte sich ab, sah wieder den verstummelten Leichnam vor dem Heckfenster der Narval hangen.»Zwei Schiffe waren besser als eins. Ich furchte Tukes Hinterlist ebenso sehr, wie ich de Barras' Fahigkeit mi?traue, seine Brutalitat im Zaum zu halten. Er konnte die Inseln hier zum Schlachtfeld machen.»