Bruderkampf: Richard Bolitho, Kapitan in Ketten - Kent Alexander. Страница 41
«Und du bist nicht mal wert, seine Schuhe zu putzen. «Herrick fuhr herum, als Vibart zwischen sie trat.
«Ich dulde keinen Streit auf meinem Schiff, Mr. Herrick. Noch ein Wort, und ich mache eine Eintragung ins Logbuch. «Er sah Okes fest an.»Kommen Sie in die Kajute. Ich habe mit Ihnen zu reden.»
Herrick sah ihnen elend und hilflos nach, und der kleine Neale fragte:»Was bedeutet das alles, Sir?»
Herrick sah ihn ernst an:»Es bedeutet, da? wir in der nachsten Zeit auf jeden unserer Schritte achten mussen, mein Junge. Ohne den Kapitan fuhle ich mich hier nicht mehr sicher.»
Er erstarrte, als Zahlmeister Evans, einen bekummerten Ausdruck im Frettchengesicht, auf das Achterdeck zugeeilt kam. Profo? Thain, der ihm folgte, schob zwei verangstigte Matrosen vor sich her. Sein Gesicht lie? in Herrick keinen Zweifel daruber aufkommen, was als nachstes geschehen wurde: Auspeitschungen und nochmals Auspeitschungen. Jetzt wurden alle alten Rechnungen beglichen werden.
Er sah Evans fest an und fragte scharf:»Nun? Was ist jetzt schon wieder los?»
Evans lachelte nervos.»Ich habe diese Leute auf frischer Tat ertappt. Sie haben Rum gestohlen.»
Es gab Herrick einen Stich, und er rief die Manner zu sich heran.»Stimmt das?«Er erinnerte sich, da? beide Matrosen der Landeabteilung angehort hatten.
Einer sagte murrisch:»Aye, Sir. Der Rum war fur einen unseren Kameraden. Er ist verwundet. Wir dachten, er wurde ihm helfen. «Sein Gefahrte nickte bekraftigend.
Herrick nahm Evans beiseite.»Es konnte stimmen.»
«Naturlich stimmt es. «Evans sah ihn verdutzt an.»Aber darum geht es jetzt nicht. Diebstahl bleibt Diebstahl. Es gibt keine Entschuldigung dafur, und Sie wissen das. «Er sah Herrick mit kaum verhohlener Schadenfreude an.»Also melden Sie es lieber Mr. Vibart. «Er blies sich auf.»Oder ich tue es, Mr. Herrick.»
«Kommen Sie mir nicht so, Mr. Evans. «Herricks Gesicht verzerrte sich vor Wut.»Oder ich zahle es Ihnen heim, das konnen Sie mir glauben. «Doch es war nur ein Wutausbruch. Ihm blieb gar nichts anderes ubrig, als Vibart zu informieren. Er ubergab die Wache an Neale und ging niedergeschlagen nach unten. Der Posten offnete die Kajutentur, ehe Herrick sie uberhaupt erreicht hatte, und er vermutete, da? der Seesoldat seine Uberraschung richtig vorausgesehen hatte, denn Vibart war bereits in Bolithos Quartier umgezogen. Das steigerte nur noch Herricks Gefuhl alptraumhafter Unwirklichkeit.
Vibart schaute vom Arbeitstisch hoch und blickte Herrick an.
«Zwei Mann zur Bestrafung. «Herrick sah, da? Okes gedankenverloren am Heckfenster stand.
Vibart lehnte sich im Stuhl zuruck.»Sagen Sie >Sir<, wenn Sie mich anreden, Mr. Herrick. «Er zog die Stirn in Falten.»Ich kann mir nicht vorstellen, warum Sie es so darauf anlegen, Ihre Position zu verschlechtern. «Kalt fuhr er fort:»Machen Sie eine Eintragung ins Logbuch, Mr. Herrick. Bestrafung um acht
Glasen morgen fruh. Jeder zwei Dutzend Hiebe.»
Herrick schluckte.»Aber ich habe Ihnen doch die Vergehen noch gar nicht mitgeteilt, Sir.»
«Auch nicht notwendig. «Vibart deutete zum offenen Oberlicht.»Ich habe Ihr unsinniges Gesprach mit Mr. Evans gehort. Und lassen Sie sich gesagt sein, da? mir Ihr offensichtlicher Wunsch, sich bei Lugnern und Dieben anzubiedern, mi?fallt.»
Herrick hatte das Empfinden, als ob ihn die Kajute erdrucke.»Ist das alles?«Er schluckte wieder.»Sir?»
«Im Augenblick ja. «Vibart sah fast heiter aus.»Wir nehmen in einer Stunde Kurs nach Suden. Sorgen Sie dafur, da? die Leute wahrend Ihrer Wache nicht nachlassig werden.»
«Aye, aye, Sir. «Herrick mu?te mit aller Macht an sich halten. Drau?en drehte er sich kurz um und blickte zuruck. Die Tur war geschlossen, und der Posten unter der schwingenden Laterne starrte ausdruckslos vor sich hin. Es war geradeso, als sei Pomfret zuruckgekehrt und sa?e wieder in der gro?en Kajute. Herrick schuttelte den Kopf und stieg zum Achterdeck hinauf. Alles fugte sich so schnell zu einem Muster, da? Herrick sich unvermittelt fragte, ob Pomfret tatsachlich die kontrollierende Instanz gewesen war, die die Phalarope in eine schwimmende Holle verwandelt hatte.
Als er an Deck zuruckkam, war die Sonne tiefer zur Kimm hinabgesunken. Das Meer war leer, eine weite Wuste aus Silber und purpurnen Schatten, begrenzt durch einen messerscharfen Horizont. Hier drau?en ist ein Kapitan tatsachlich Gott, dachte er bitter. Nur unter Bolitho hatte er gespurt, was Zweckma?igkeit und Verstandnis bedeuteten, und nach der Zeit mit Pomfret war ihm das wie der Beginn eines neuen Lebens vorgekommen.
Er blickte zur Heckreling, als erwarte er, die hohe Gestalt Bolithos zu sehen, der das Brassen der Rahen beobachtete oder blo? auf den Sonnenuntergang wartete. Herrick hatte Bolitho in solchen Augenblicken nie gestort, aber sonst jede Gelegenheit genutzt, ihn besser verstehen zu lernen. Vor seinem geistigen Auge standen Bolithos ausgepragtes Profil und der feste Mund, der gleichzeitig belustigt und traurig wirken konnte. Es schien undenkbar, da? ein solcher Mann wie ein Licht ausgeloscht worden sein sollte.
Mit gesenktem Kopf ging er von neuem langsam auf und ab. In dieser Welt, dachte er, kann man sich auf nichts verlassen.
Den erschopften Mannern in dem kleinen Boot kam die Nacht kalt und trostlos vor, und selbst jenen, die die grelle Sonne verflucht und uber brennenden Durst geklagt hatten, brachte die Dunkelheit keine Linderung.
Bolitho kroch nach achtern zuruck, wo Farquhar neben der Ruderpinne sa?. Mit Stockdales Hilfe hatte er gerade einen toten Matrosen uber Bord geworfen, wahrend die anderen schweigend zugeschaut hatten. Dem Matrosen war das Schlimmste an Schmerzen und Durst erspart geblieben, da er seit seiner Verwundung durch die Wache auf der Korvette fast nie aus seiner Bewu?tlosigkeit erwacht war. Unter dem kleinen Segel machte das Boot nur wenig Fahrt, und es schien eine Ewigkeit zu dauern, ehe der Leichnam nach achtern trieb. Sie hatten nicht einmal einen Anker, um den Korper zu beschweren. Sie hatten so gut wie uberhaupt nichts. Nur ein Fa? brackiges Wasser, die Tagesration pro Kopf betrug nicht mehr als einen Becher.
Bolitho sank auf die Achterducht und blickte nach den Sternen.»Steuern Sie genau Sud, wenn Sie konnen. «Durst und Mudigkeit setzten ihm zu.»Wenn wir blo? ein bi?chen mehr Wind in dieses kummerliche Segel bekamen.»
«Ich glaube, dann wurde das Boot sinken, Sir«, sagte Farquhar.»Es ist rost- und wurmzerfressen.»
Bolitho streckte die Beine aus und dachte daruber nach, wie langsam die Zeit verstrichen war. Wenn das der erste Tag war, grubelte er, was wurde morgen werden und was ubermorgen? Die Manner verhielten sich ruhig, aber auch das konnte gefahrlich sein. Die Erleichterung, da? sie den Franzosen entkommen waren, konnte bald in Mi?trauen und Gegenbeschuldigungen umschlagen. Das Elend, Kriegsgefangener zu sein, konnte ihnen bald als trostreich erscheinen im Vergleich zu der Aussicht, zu verdursten und zu verhungern.
«In Hampshire liegt jetzt Schnee auf den Hugeln, nehme ich an«, sagte Farquhar abwesend.»Die Schafe werden zu Tal getrieben worden sein, und die Knechte trinken am Feuer ihr Bier. «Er leckte sich die Lippen.»Ein paar denken vielleicht an uns.»
Bolitho nickte. Ihm fielen die Augen zu.»Ein paar. «Er dachte an seinen Vater in dem gro?en Haus und an die Ahnengalerie. Nach diesem Abenteuer hier wurde es keinen Erben geben, der den Familiennamen weiterfuhren konnte. Wenn sein Vater starb, erwarb das Haus vielleicht ein reicher Kaufmann und betrachtete dann verwundert die Portrats und anderen Zeugnisse schnell vergessener Menschen und Taten.»Ich will versuchen, eine Stunde zu schlafen«, sagte er.»Wecken Sie mich, wenn es notig ist.»
Die Augen fielen ihm zu, er horte nicht einmal mehr Farquhars Antwort. Dann merkte er, da? ihn jemand am Arm zog. Das Boot schwankte, als die Matrosen sich plotzlich erregt im Bug drangten. Einen Augenblick glaubte er, noch zu traumen. Dann horte er Farquhar rufen:»Sehen Sie, Sir! Da haben sie uns also doch gesucht.»