Bruderkampf: Richard Bolitho, Kapitan in Ketten - Kent Alexander. Страница 80
Vom Kajutniedergang aus musterte Stockdale das ernste Gesicht des Kapitans. Er nickte leicht. Bolitho bemerkte es, reagierte aber nicht. Doch Stockdale war zufrieden. Der Kapitan wu?te, da? sein Bootsfuhrer da war, und das reichte Stockdale.
Dicht am Wind holten die drei Schiffe das Beste aus der schwacher werdenden Brise heraus und gingen in Linie, ganz so, wie sie es in der gnadenlosen Sonne viele Male unter den Augen des ewig norgelnden Admirals geprobt hatten. Bolitho gru?te, als die Leinwand der Volcano sich blahte, und die Fregatte die Spitze ubernahm. In ihrem Kielwasser folgte die Cassius. Und nach weiteren Flaggensignalen sagte Bolitho scharf:»Scheren Sie hinter dem Flaggschiff ein, Mr. Okes.»
Die Manner eilten an die Brassen. Bolithos Blicke suchten den Zweidecker. Die Cassius wirkte wie ein alterer, aber erfahrener Krieger. Die Doppelreihe ihrer Stuckpforten offnete sich, und die Geschutzrohre schoben sich heraus.
Eine Stimme ertonte:»An Deck! Schiffe Steuerbord voraus. «Eine Pause, wahrend alle zu der kleinen Gestalt auf der Gro?saling hinaufschauten.»Zwei Linienschiffe. Und zwei Fregatten.»
Bolitho bemuhte sich, seine Ungeduld zu beherrschen. Da die Phalarope am Schlu? des kleinen Verbandes segelte, wurde sie als letzte in den Kampf eingreifen. Bis dahin konnte alles entschieden sein, dachte er erbittert.
Die Segel killten kraftlos. Der Mann am Rad fluchte, weil er keinen Ruderdruck mehr spurte.»Der Wind springt nach Osten um, Sir«, sagte Proby duster.
«Gut. «Bolitho richtete sein Glas auf die feindlichen Einheiten. Die pausenlosen Abschusse klangen lauter, aber die Hauptmacht der Flotten schien so weit entfernt wie zuvor. Eine Tauschung, naturlich.
Jenseits des killenden Gro?segels der Cassius bekam Bolitho die gemeldeten feindlichen Schiffe kurz in den Blick: zwei gro?e Schiffe, dicht in Linie, flankiert von zwei kleineren. Aber der abflauende Wind stellte nicht nur ihn, sondern auch seine Leute auf eine arge Probe. Sie waren, wie ihre Hurrarufe gezeigt hatten, bereit zu kampfen oder ruhmvoll zu sterben. Doch dieses Warten, dieses qualende Warten zermurbte sie. Zu langsam naherte man sich der Kampfzone. So langsam, da? die anfanglich kampfbegeisterten Leute nun zu gelahmt schienen, sich zu bewegen oder die Augen von den rauchverhullten Schiffen zu wenden.
«Ich gehe nach oben, Mr. Okes. «Ohne den schwitzenden Ersten auch nur anzusehen, eilte Bolitho uber die Steuerbordgangway zu den Wanten des Gro?mastes. Selbst als jungem Fahnrich war Bolitho die Hohe nie gut bekommen. Aber nach einem hastigen Blick auf die schlaffen Segel machte er sich auf die lange Kletterpartie zur Marssaling. Als er sich in die Wanten schwang, starrte ihn ein Seesoldat wortlos an, ehe er wieder auf die im Kampf stehenden Verbande blickte. Die Luft vibrierte von Detonationen, und der Pulverqualm sowie der Rauch brennender Holzteile reizte die Nasenschleimhaute. Bolitho wartete, bis sein Atem wieder ruhiger ging, ehe er das Fernrohr auseinanderzog und uber die langsam segelnde Cassius hinwegschaute.
Unmoglich, die Frontlinie zu bestimmen. Die Hauptmacht des britischen und franzosischen Geschwaders lag praktisch dicht voreinander, Schiff an Schiff, Rahnock an Rahnock. Ihre Masten und Segel waren von Rauch und Pulverqualm verhullt, der nicht abziehen konnte.
Bolitho richtete das Fernrohr auf einen anderen Punkt und wagte nicht, auf das Deck unter seinen baumelnden Beinen hinabzublicken. Plotzlich ri? er die Augen auf. Die vom Ausguck kurz zuvor gemeldeten Schiffe scherten aus der Hauptkampfzone aus. Die beiden Linienschiffe waren durch eine kraftige Trosse miteinander verbunden. Er spahte durch die Takelage des Vorschiffs und sah, da? das geschleppte Schiff, ein gro?er Dreidecker, teilweise kampfunfahig war und Bugspriet und Fockmast verloren hatte.
Das schleppende, durch die schwere Last behinderte Schiff gierte von einer Seite zur anderen, die Segel blahten sich und fielen in dem flauen Wind dann wieder ein. Als es uberholte, warf das Sonnenlicht merkwurdige Schatten uber den hohen Rumpf und glanzte auf den Reihen der Kanonen, die zum Feuern ausgerannt waren. Bolitho nickte dem Ausguck zu.»Behalten Sie sie gut im Auge.»
Der Mann grinste.»Hab ja sonst nichts zu tun, Sir. «Er beugte sich vor, beobachtete Bolithos vorsichtigen Abstieg und setzte sich dann wieder wachsam zurecht. Wahrend Bolitho die groben, schwingenden Webeleinen hinabkletterte, horte er ihn summen.
Okes und Rennie warteten auf ihn neben dem Rad.»Zwei gro?e Schiffe«, sagte Bolitho.»Eins beschadigt. Wahrscheinlich bei einer Kollision heute nacht. «Er rieb sich das Kinn.»Das schleppende Schiff fuhrt eine Kommandantenflagge. Wei?Blau. «Er lachelte und fragte Maynard:»Na, mein Junge, was sagt Ihnen das?»
Fahnrich Maynard lie? sein Fernrohr einen Augenblick sinken.»Gehort zur franzosischen Vorhut, Sir.»
«Richtig. «Bolitho ging zur Reling.»De Grasse ist um Transport und Versorgung bemuht. Mit Kriegsschiffen allein kann er Jamaika nicht angreifen. Er braucht Truppen und Nachschub und dazu Transportschiffe, wie wir sie bei Mola in Brand gesetzt haben.»
«Wahrend die Flotten miteinander im Kampf stehen«, sagte Okes,»sollen seine Transporter sicher versuchen, hier durchzubrechen.»
Bolitho nickte grimmig.»Wiederum richtig. «Er schnippte mit den Fingern.»Ein Teil der franzosischen Vorhut ist detachiert, um den Transportern den Weg freizukampfen. «Er sah zur schlaffen Leinwand hinauf.»Und nur drei Schiffe verlegen ihnen den Weg. «Dann wandte er sich an Rennie, der mit dem Degen lassig gegen seine polierten Schuhe schlug.»Wenn wir die Vorhut zum Abdrehen zwingen konnen, wird Sir George Rodney den Rest erledigen. «Er klatschte in die Hande.»Dann sitzen sie wie Kaninchen in der Falle.»
Okes betrachtete die Schiffe, die sich vor der Cassius langsam bewegten.»In diesem Fall sind die Kaninchen allerdings gro?er als die Jager, Sir.»
Bolitho war jedoch bereits weitergegangen. Er blieb neben dem kleinen Trommelbuben stehen und sagte:»Nun spiel mal was auf deiner Pfeife, mein Junge. «Er sprach laut, damit ihn die Leute an den Neunpfundern verstehen konnten.
Der Trommelbube sah Bolitho unter dem Tschako hervor an und schluckte schwer. Seine Lippen waren bleich, ihm zitterten die Hande.»W-was soll ich denn spielen, Sir?»
Bolitho musterte die aufmerksamen, gespannten Gesichter.»Na, wie ware es denn mit >Herzen fest wie Eiche Das kennen wir alle, nicht wahr, Jungs?»
Den Donner der Schlacht in den Ohren, nahmen die Matrosen der Phalarope die leise Melodie der Pfeife auf. Bolitho ging zur Luvseite zuruck und hob das Fernrohr an die Augen. Selbst an Bord der Cassius horte man vielleicht die Mannschaft der Phalarope singen und zog etwas Zuversicht aus den altbekannten Worten:»Den Kopf hoch, Freunde, zum Ruhme steuern wir. .»
Bolitho sah, wie die schwarze Rauchbank auf die drei britischen Schiffe zutrieb. Als ware sie lebendig, dachte er kalt, wahrend er die quirlende, von roten und orangefarbenen Blitzen durchzuckte Wand betrachtete. Doch er war dankbar fur ihre Gegenwart. Zumindest verbarg sie die dahinterliegenden, grauenhaften Schreckensszenen.
Er sah zu seinen Leuten hinab. Im Augenblick spiegelten ihre Gesichter, was sie beim Singen empfanden. Sie wurden nicht mehr lange zu warten brauchen.