Die Feuertaufe: Richard Bolitho - Fahnrich zur See - Kent Alexander. Страница 31

«Hurra! Hurra!«Atemlos, blutend, senkten die Matrosen ihre Waffen und lie?en die Seesoldaten vorbeisturmen.

Dancer sagte:»Wir wollen George beiseite schaffen. «Gemeinsam zerrten sie Pearces hingestreckten Leichnam in den Schatten der Mauer. Blicklos waren seine offenen Augen in den Himmel gerichtet; die schreckliche Starre des Todes lag bereits wie Eis uber seinem Antlitz.

Hoggett brullte:»Hier durch, Sir!«Er deutete auf ein gro?es, eisenbeschlagenes Tor.»Alles voller Sklaven!»

Noch zitternd stand Bolitho auf und fa?te seinen krummen Entersabel fester. Tergorren blickte zu ihm hinuber und fragte kurz:»Sind Sie in Ordnung?»

«Aye, Sir«, antwortete Bolitho mit unsicherer Stimme.

«Schon«, nickte Tergorren,»nehmen Sie ein paar Mann und folgen Sie den Seesoldaten. . «Er brach ab. Ein Ton wie ferner Donner rollte uber die Bucht auf das Festland zu. Dann — Krachen von berstendem Eisen und fallenden Steinen.

Verling wickelte einen Fetzen Tuch um sein blutendes Handgelenk und zog den Knoten mit den Zahnen fest.»Die Gorgon ist da«, sagte er, mehr nicht.

Eine Breitseite nach der anderen feuerte das Linienschiff in die Festungsmauern. Die Verteidiger merkten wenig von diesem Bombardement; aber sie wurden in der Festung von den brullenden Seesoldaten zusammengehauen, und drau?en warteten zwei intakte Kriegsschiffe — das reichte ihnen.

Oben auf den Stufen erschien Major Dewar. Sein Hut war weg, und er hatte einen tiefen Hieb uber dem einen Auge. Aber er meldete freudig grinsend, die Verteidigung sei zusammengebrochen.

Zum Beweis seiner Worte sank die schwarze Fahne flatternd am Turm herab wie eine sterbende Krahe, und unter wildem Hurrageschrei stieg dafur ein Schiffswimpel der Gorgon auf.

Noch halb von Sinnen nach dem wilden Kampf, stiegen sie die Stufen zur hohen Brustwehr empor, wo sich die unbemannten Kanonen ohnmachtig und ziellos auf das blaue Wasser richteten. Uberall lagen Tote und Sterbende, aber es war auch mancher Rotrock dabei.

Bolitho und Dancer standen an der Mauer und blickten auf die Schiffe hinunter. Die Kontur der kleineren Brigg verschwamm bereits im Fruhdunst, aber die Gorgon stand klar und prachtvoll vor dem blauen Himmel und naherte sich gravitatisch der Insel; die erschopften Toppgasten refften die Segel, aber sie fanden Zeit, ihren Kameraden auf der Mauer zuzuwinken und Hurra zu rufen, wenn ihre Stimmen auch nicht zu horen waren.

Es war sehr still, und Bolitho sah, da? Dancer weinte — die Tranen suchten sich ihren Weg durch Schwei? und Schmutz auf seinen Wangen.

«Ist ja alles gut, Martyn«, sagte er.

«Ich denke an George Pearce«, entgegnete Dancer,»ebenso hatte es mich erwischen konnen. Oder dich.»

Bolitho wandte sich ab. Der machtige Anker der Gorgon fiel eben klatschend in das spiegelglatte Wasser.

«Ich wei?«, sagte er leise,»aber wir leben noch, und dafur mussen wir dankbar sein.»

Verlings Schatten vereinte sich mit dem ihren.»Verdammt faule Bande!«Er sah in die Gesichter der beiden.»Denkt ihr, ich kann alles allein machen?«Mit einem muden Lacheln blickte er an ihnen vorbei auf das Schiff.»Aber ich wei? schon, wie euch zumute ist. «Wie ein Schatten fiel der angespannte Ausdruck von seinen scharfen Zugen ab.»Hatte selbst nicht gedacht, da? ich die alte Dame noch einmal wiedersehen wurde.»

Unvermittelt wandte er sich ab; und schon brullte er seine Befehle in die Gegend. Nachdenklich blickte Bolitho ihm nach.»Da kannst du's mal wieder sehen. Man kennt einen Menschen doch niemals ganz genau.»

Sie stie?en sich von der Mauer ab. Mude, aber gehorsam sammelten sich Matrosen und Seesoldaten unter der Flagge.

Als Verling die Manner anredete, klang seine Stimme nicht anders als sonst.

«Bringt euch in Ordnung. Und merkt euch eins, aber merkt es euch gut: Ihr seid von der Gorgon. Das ist eine Verpflichtung, fur deren Erfullung ihr lebt, was schwer ist. «Ein ganz kurzer Blick auf Bolitho.»Oft genug passiert es, da? man sogar dafur stirbt. Jetzt legt die Gefangenen in Eisen und kummert euch um unsere Verwundeten. Und anschlie?end. . «Er schaute zu der ruhig wehenden Flagge auf und uber sie hinaus in den blauen Himmel, schien sich zu wundern, da? er beides noch sehen konnte. .,»werden wir uns denen widmen, die nicht so viel Gluck hatten wie wir.»

Gegen Abend waren die meisten Verwundeten auf die vor Anker liegende Gorgon uberfuhrt. Die Gefallenen waren an der Mauer begraben; und Bolitho hatte gehort, wie ein alter Seemann, auf seinen Spaten gelehnt, sagte:»Um diesen Ort wird noch oft und oft gekampft werden, schatze ich — deshalb werden die armen Kerls nachstes Mal von hier die beste Aussicht haben.»

Abendliche Schatten verdeckten die Spuren, welche die Kanonenkugeln der Gorgon gerissen hatten. Bolitho und Dancer standen Seite an Seite an der Backbordreling und blickten in die letzten Sonnenstrahlen, die um die tief hangende Flagge uber der Mauerkrone spielten. Man hatte uberall sorgfaltig gesucht, aber keine Spur von Rais Haddam gefunden. Vielleicht hatte er entkommen konnen, oder er war uberhaupt nicht in der Festung gewesen. Die gefangenen Piraten wollten uber ihn nichts aussagen, und schon gar nichts uber seinen Aufenthalt. Sie hatten mehr Angst vor Haddam als vor den Siegern. Von denen konnte ihnen nichts Schlimmeres passieren, als da? sie gehangt wurden.

Das alles mu? Kapitan Conway nun auseinandersortieren, dachte Bolitho, und vor Mudigkeit fielen ihm die Augen zu. Die Sklaven mu?ten aufs Festland gebracht werden. So viele Dinge. .

Hinter sich horten sie Schritte; sie wandten sich um und rissen sich zusammen, denn es war der Kapitan, der bei ihnen stehenblieb und zum Sprechen ansetzte. Er war untadelig gekleidet. Als ob nichts gewesen, als ob kein Mann gefallen ware.

Unbewegt sah er sie an:»Der Erste Leutnant hat mir berichtet, da? Sie sich sehr gut gehalten haben. Freut mich zu horen. «Sein Blick schweifte ein wenig ab.»Er hat mir berichtet, da? besonders Sie, Mr. Bolitho, beim Kampf die besten Eigenschaften eines Offiziers der Koniglichen Flotte an den Tag gelegt haben. Ich werde dem Admiral entsprechend berichten.»

Er nickte kurz und schritt nach achtern.

Dancer drehte sich um, aber sein Lacheln schwand, als er sah, da? Bolitho sich uber die Reling beugte und da? seine Schultern krampfhaft zuckten.

Aber Bolitho weinte nicht etwa er konnte nur sein Lachen nicht unterdrucken. Beruhigend legte er Dancer die Hand auf den Arm. Zwischendurch gelang es ihm, Dancer zu erklaren, warum er so lachen mu?te.

«Es hat sich was geandert, Martyn. Jetzt wei? der Kapitan endlich, wie ich hei?e!«