Harry Potter und der Feuerkelch - Rowling Joanne Kathleen. Страница 112

»Das hat mein Dad bei der Weltmeisterschaft auch gesagt«, erwiderte Ron mit einer Spur Arger in der Stimme.»Warum stellst du uns denn nicht mal auf die Probe?«

Ein Grinsen blitzte uber Sirius' hageres Gesicht.»Gut, ich versuch's mal…«

Er schritt davon in den hinteren Teil der Hohle, kehrte wieder zuruck und sagte:»Stellt euch vor, Voldemort ist gerade sehr machtig. Ihr wi?t nicht, wer seine Anhanger sind, ihr wi?t nicht, wer fur ihn arbeitet und wer nicht; ihr wi?t, da? er sich Menschen Untertan machen kann, die dann schreckliche Dinge tun, ohne da? sie sich selbst Einhalt gebieten konnen. Ihr habt Angst um euer eigenes Leben, um eure Familie, eure Freunde. Jede Woche gibt es Meldungen von neuen Morden, von Verschwundenen, von Folter… im Zaubereiministerium herrscht volliges Durcheinander, sie wissen nicht, was sie tun sollen, sie versuchen, alles vor den Muggeln zu verbergen, doch unterdessen sterben auch Muggel. Allenthalben herrscht Schrecken… Angst… Chaos… so war es damals.

Solche Zeiten bringen bei manchen Menschen das Beste zum Vorschein, bei anderen das Schlimmste. Crouchs Grundsatze mogen zu Anfang gut gewesen sein – ich wei? es nicht. Er stieg im Ministerium rasch auf und begann harte Ma?nahmen gegen Voldemorts Anhanger zu befehlen. Den Auroren erteilte er weitgehende Machtbefugnisse – zum Beispiel die Erlaubnis zu toten, statt Gefangene zu machen. Und ich war nicht der Einzige, den sie ohne Proze? sofort den Dementoren ausgeliefert haben. Crouch hat Gewalt mit Gewalt bekampft und den Einsatz der Unverzeihlichen Fluche gegen Verdachtige erlaubt. Ich wurde sagen, er wurde so gefuhllos und grausam wie viele von der dunklen Seite. Er hatte naturlich seine Anhanger – eine Menge Leute dachten, er wurde die Probleme richtig anpacken, und viele Hexen und Zauberer waren von der Vorstellung ganz begeistert, er konnte Zaubereiminister werden. Als Voldemort verschwand, sah es so aus, als ware es nur noch eine Frage der Zeit, bis Crouch den Ministerposten ubernehmen wurde. Doch dann geschah etwas Peinliches…«Sirius lachelte grimmig.»Crouchs eigener Sohn wurde zusammen mit einer Gruppe von Todessern gefa?t, die es dank ihrer Lugenmarchen geschafft hatten, da? man sie aus Askaban entlassen hatte. Offenbar versuchten sie damals, Voldemort zu finden und ihn an die Macht zuruckzubringen.«

»Crouchs Sohn wurde gefa?t?«, keuchte Hermine.

»Ja«, sagte Sirius, warf Seidenschnabel einen Huhnerknochen zu, buckte sich, hob das am Boden liegende Brot auf und brach es in zwei Teile.»Ha?licher kleiner Schock fur den guten Barty, konnte ich mir vorstellen. Hatte vielleicht hin und wieder fruher aus dem Buro gehen und ein wenig mehr Zeit zu Hause bei seiner Familie verbringen sollen… dann hatte er seinen eigenen Sohn kennen gelernt.«

Er begann gro?e Stucke Brot zu verschlingen.

»War sein Sohn tatsachlich ein Todesser?«, fragte Harry.

»Keine Ahnung«, sagte Sirius und stopfte sich weiter Brot in den Mund.»Ich selbst war bereits in Askaban, als sie ihn eingeliefert haben. Das meiste hab ich erst erfahren, seit ich raus bin. Der Junge wurde jedenfalls in Begleitung von Leuten geschnappt, die, da wette ich mein Leben drum, Todesser waren – aber er hatte naturlich auch zufallig zur falschen Zeit am falschen Ort sein konnen, genau wie die Hauselfe.«

»Hat Crouch versucht, seinen Sohn da rauszuhauen?«, flusterte Hermine.

Sirius lie? ein Lachen horen, das eher wie ein Bellen klang.»Crouch und seinen Sohn raushauen? Ich dachte, du hattest ihn durchschaut, Hermine? Alles, was seinen Ruf zu gefahrden drohte, mu?te beseitigt werden, er hatte sein ganzes Leben dem Ziel gewidmet, Zaubereiminister zu werden. Du hast doch gesehen, wie er eine treue Hauselfe rausgeworfen hat, weil sie mit dem Dunklen Mal in Verbindung gebracht wurde – das zeigt dir doch, wie er ist? Crouchs vaterliche Zuneigung ging nur so weit, da? er dafur sorgte, da? seinem Sohn der Proze? gemacht wurde, und nach allem, was man hort, war dieser Proze? nicht viel mehr als eine gute Gelegenheit fur Crouch, zu zeigen, wie sehr er seinen Sohn ha?te… danach schickte er ihn direkt nach Askaban.«

»Er hat seinen eigenen Sohn den Dementoren ausgeliefert?«, fragte Harry leise.

»Ja, allerdings«, sagte Sirius und wirkte nun keineswegs mehr amusiert.»Ich hab gesehen, wie ihn die Dementoren reinbrachten, ich hab sie durch die Gitter meiner Zellentur genau beobachtet. Er konnte nicht alter als neunzehn gewesen sein. Sie steckten ihn in eine Zelle in der Nahe von meiner. Als es Nacht wurde, schrie er nach seiner Mutter. Nach ein paar Tagen allerdings wurde er ruhiger… irgendwann sind sie alle verstummt… nur hin und wieder schrien sie im Schlaf…«

Fur kurze Zeit war die Abgestumpftheit in Sirius' Blick deutlich wie nie zu sehen, so als hatten sich Stahlturen hinter seinen Augen geschlossen.

»Also ist er immer noch in Askaban?«, sagte Harry.»Nein«, sagte Sirius matt.»Nein, er ist nicht mehr dort. Er starb, ungefahr ein Jahr nachdem sie ihn eingeliefert hatten.«»Er ist gestorben?«

»Er war nicht der Einzige«, sagte Sirius bitter.»Die meisten dort drin werden wahnsinnig und viele horen schlie?lich einfach auf zu essen. Sie verlieren ihren Lebenswillen. Man wu?te immer, wann einer sterben wurde, denn die Dementoren spurten es und wurden erregt. Dieser Junge sah schon recht kranklich aus, als er eingeliefert wurde. Da Crouch ein wichtiger Mann im Ministerium war, durften er und seine Frau ihn am Totenbett besuchen. Das war das letzte Mal, da? ich Barty Crouch gesehen hab; er mu?te seine Frau praktisch an meiner Zelle vorbeitragen. Offenbar ist sie dann auch gestorben, kurz danach. Verzweiflung. Sie ist dahingesiecht, genau wir ihr Junge. Crouch hat die Leiche seines Sohnes nicht einmal abgeholt. Die Dementoren haben ihn drau?en vor der Festung begraben, ich hab sie dabei beobachtet.«

Sirius warf das Brotstuck, das er gerade zum Mund gehoben hatte, beiseite, setzte die Flasche Kurbissaft an die Lippen und leerte sie in schnellen Zugen.

»Der alte Crouch hat also alles verloren, genau in dem Augenblick, da er glaubte, es endlich geschafft zu haben«,fuhr er fort und wischte sich mit dem Handrucken uber den Mund.»Da ist er ein Held, drauf und dran, Zaubereiminister zu werden… kurz darauf stirbt sein Sohn, stirbt seine Frau, der gute Name gerat in Verruf, und wie ich seit meiner Flucht gehort habe, hat auch seine Beliebtheit rapide abgenommen. Als der Junge schlie?lich tot war, empfanden die Leute ein wenig mehr Mitgefuhl fur ihn und fingen an zu fragen, wie ein junger Bursche aus einer angesehenen Familie auf solche Abwege geraten konnte. So konnte Cornelius Fudge den Chefposten erobern und Crouch hat man in die Abteilung fur Internationale Magische Zusammenarbeit abgeschoben.«

Ein langes Schweigen trat ein. Harry rief sich in Erinnerung, wie Crouchs Augen hervorgequollen waren, als er auf seine ungehorsame Hauselfe hinabgesehen hatte. Das mu?te der Grund sein, weshalb Crouch so uberzogen streng reagiert hatte, nachdem sie Winky im Wald unter dem Dunklen Mal gefunden hatten. Der Vorfall hatte ihn an seinen Sohn erinnert, an den alten Skandal und seinen Gesichtsverlust im Ministerium.

»Moody behauptet, Crouch sei davon besessen, schwarze Magier zu fangen«, bemerkte Harry.

»Ja, wie ich hore, ist es bei ihm fast ein Wahn geworden«, sagte Sirius.»Wenn du mich fragst, glaubt er immer noch, er konnte seine fruhere Beliebtheit bei den Leuten zuruckgewinnen, wenn er nur wieder einen Todesser fangt.«

»Und er hat sich in Hogwarts eingeschlichen und Snapes Buro durchsucht!«, sagte Ron und versetzte Hermine einen triumphierenden Blick.

»Ja, und das ergibt uberhaupt keinen Sinn«, entgegnete Sirius.

»Tut es sehr wohl!«, sagte Ron aufgeregt.

Doch Sirius schuttelte den Kopf.»Hor zu, wenn CrouchSnape nachspuren will, warum kommt er dann nicht als Richter zum Turnier? Das ware doch die beste Begrundung dafur, Hogwarts regelma?ige Besuche abzustatten und ihn im Auge zu behalten.«