Harry Potter und der Gefangene von Askaban - Rowling Joanne Kathleen. Страница 32

Danach blieb ihm nichts anderes ubrig als umzukehren und wieder durch das Portratloch zu steigen.

»Wozu hast du mich eigentlich aufgeweckt?«, rief ihm die fette Dame unwirsch hinterher.

Harry schlurfte lustlos in Richtung Bucherei, doch auf halbem Weg besann er sich anders; ihm war nicht nach Arbeit zumute. Er machte kehrt und plotzlich sah er sich Filch gegenuber, der wohl gerade die letzten Ausflugler nach Hogsmeade aus dem Schlo? gelassen hatte.

»Was treibst du?«, raunzte Filch mi?trauisch.

»Nichts«, sagte Harry wahrheitsgema?.

»Nichts«, fauchte Filch und sein Unterkiefer vibrierte Unheil verkundend.»Fabelhafte Ausrede! Schleichst alleine hier rum, warum bist du denn nicht in Hogsmeade und kaufst Stinkbomben und Rulpspulver und Pfeifende Wurmer wie deine frechen kleinen Freunde?«

Harry zuckte die Schultern.

»Also zuruck jetzt in deinen Gemeinschaftsraum, wo du hingehorst!«, bellte Filch ihn an und wartete mit zornigem Blick, bis Harry au?er Sicht war.

Doch Harry ging nicht zuruck in den Gemeinschaftsraum; mit der vagen Absicht, Hedwig in der Eulerei zu besuchen, stieg er eine Treppe hoch und lief den Korridor entlang. Plotzlich horte er eine Stimme aus einem der Raume:»Harry?«

Harry ging rasch zuruck, um zu sehen, wer es war, und traf auf Professor Lupin, der sich aus seiner Burotur beugte.

»Was treibst du denn?«, fragte Lupin, allerdings in ganz anderem Ton als Filch.»Wo sind Ron und Hermine?«

»Hogsmeade«, sagte Harry bemuht beilaufig.

»Ah«, sagte Lupin. Er musterte Harry einen Moment lang.»Warum kommst du nicht rein? Gerade wurde ein Grindeloh fur unsere nachste Stunde geliefert.«

»Ein was?«, fragte Harry.

Er folgte Lupin in sein Buro. In der Ecke stand ein sehr gro?es Aquarium. Eine ubelgrune Kreatur mit spitzen kleinen Hornern pre?te das Gesicht ans Glas, schnitt Grimassen und spreizte seine langen, spindeldurren Finger.

»Wasserdamon«, sagte Lupin und musterte den Grindeloh nachdenklich.»Wir sollten keine gro?en Schwierigkeiten mit ihm haben, nicht nach den Kappas. Der Trick dabei ist, da? man seinen Griff brechen mu?. Siehst du die ungewohnlich langen Finger? Stark, aber sehr zerbrechlich.«

Der Grindeloh bleckte seine grunen Zahne und vergrub sich dann in einem Buschel Schlingpflanzen in der Ecke.

»Tasse Tee?«, sagte Lupin und sah sich nach dem Kessel um.»Ich wollte mir gerade eine machen.«

»Ja, danke«, sagte Harry verlegen.

Lupin tippte mit seinem Zauberstab gegen den Kessel und sofort zischte ein Dampfstrahl aus seinem Schnabel.

»Setz dich«, sagte Lupin und hob den Deckel von einer staubigen Blechdose.»Ich hab leider nur Teebeutel – aber du hast ohnehin genug von Teeblattern, denk ich mal?«

Harry sah ihn an. Lupin zwinkerte mit den Augen.

»Woher wissen Sie das?«, fragte Harry.

»Professor McGonagall hat es mir erzahlt«, sagte Lupin und reichte Harry eine leicht angeschrammte Teetasse.»Du machst dir doch nicht etwa Sorgen?«

»Nein«, sagte Harry.

Einen Moment lang dachte er daran, Lupin von dem Hund zu erzahlen, den er im Magnolienring gesehen hatte, doch dann verwarf er den Gedanken. Lupin sollte ihn nicht fur einen Feigling halten, da er ohnehin schon zu glauben schien, da? Harry es nicht mit einem Irrwicht aufnehmen konnte.

Was in Harry vorging, schien sich auf seinem Gesicht verraten zu haben, denn Lupin sagte:

»Hast du ein Problem, Harry?«

»Nein«, log Harry. Er trank einen Schluck Tee und sah hinuber zum Grindeloh, der ihm mit der Faust drohte.»Doch«, sagte er plotzlich.»Erinnern Sie sich noch an den Tag, an dem wir gegen den Irrwicht gekampft haben?«

»Ja«, sagte Lupin langsam.

»Warum haben Sie mich nicht rangelassen?«, entfuhr es Harry.

Lupin zog die Augenbrauen hoch.

»Ich dachte, das liegt auf der Hand, Harry«, sagte er uberrascht.

Harry war verdutzt, denn er hatte erwartet, Lupin wurde alles bestreiten.

»Warum?«, fragte er noch einmal.

»Nun«, sagte Lupin und runzelte die Stirn,»ich dachte, wenn der Irrwicht auf dich losgeht, wurde er die Gestalt von Lord Voldemort annehmen.«

Harry starrte ihn an. Diese Antwort hatte er zuletzt erwartet, und Lupin hatte auch noch Voldemorts Namen ausgesprochen. Der Einzige, den Harry jemals diesen Namen laut hatte aussprechen horen, war (abgesehen von ihm selbst) Professor Dumbledore.

»Offenbar lag ich da falsch«, sagte Lupin und sah Harry immer noch stirnrunzelnd an.»Aber ich hielt es nicht fur angebracht, da? Lord Voldemort im Lehrerzimmer in Erscheinung tritt. Ich dachte, die Schuler wurden in Panik geraten.«

»Ich habe nicht an Voldemort gedacht«, sagte Harry aufrichtig.»Ich… ich dachte an einen von diesen Dementoren.«

»Verstehe«, sagte Lupin nachdenklich.»Nun, nun… ich bin beeindruckt.«Er lachelte ein wenig beim Anblick der verdutzten Miene Harrys.»Das hei?t, wovor du am meisten Angst hast – ist die Angst. Sehr weise, Harry.«

Harry wu?te nicht, was er dazu sagen sollte, und nahm noch einen Schluck Tee.

»Du hast also gedacht, ich wurde dich nicht fur fahig halten, gegen einen Irrwicht zu kampfen?«, forschte Lupin nach.

»Ja«, sagte Harry. Plotzlich fuhlte er sich viel besser.»Professor Lupin, Sie kennen diese Dementoren…«

Ein Klopfen an der Tur unterbrach ihn.

»Herein«, rief Lupin.

Die Tur ging auf und Snape trat ein. Er trug einen Becher, aus dem es ein wenig dampfte; beim Anblick von Harry erstarrte er und seine Augen verengten sich.

»Ah, Severus«, sagte Lupin lachelnd.»Vielen Dank. Konnten Sie es hier auf den Schreibtisch stellen?«

Snape stellte den dampfenden Becher ab und sah dabei abwechselnd Harry und Lupin an.

»Ich hab Harry gerade meinen Grindeloh gezeigt«, sagte Lupin freundlich und deutete auf das Aquarium.

»Faszinierend«, sagte Snape ohne hinzusehen.»Sie sollten es gleich trinken, Lupin.«

»Ja, ja, mach ich«, sagte Lupin.

»Ich habe einen ganzen Kessel voll gebraut«, fuhr Snape fort.»Falls Sie noch mehr brauchen.«

»Ich werde morgen wohl noch was zu mir nehmen. Vielen Dank, Severus.«

»Keine Ursache«, sagte Snape, doch in seinem Blick lag etwas, das Harry nicht mochte. Mit steifer Miene und wachsamen Augen ging er hinaus.

Harry musterte den Becher neugierig. Lupin lachelte.

»Professor Snape war so freundlich, mir einen Trank zu brauen«, sagte er.»Ich selbst bin kein gro?er Braumeister, und dieser Trank hier ist besonders schwierig.«Er nahm den Becher und schnuffelte daran.»Schade, da? Zucker das Zeug wirkungslos macht«, fuhr er fort, schlurfte an dem Gebrau und schauderte.

»Warum -?«, begann Harry. Lupin sah ihn an und beantwortete die unvollendete Frage.

»Ich hab mich in letzter Zeit ein wenig angegriffen gefuhlt«, sagte er.»Dieser Trank ist das Einzige, was hilft. Ich habe gro?es Gluck, mit Professor Snape zusammenzuarbeiten; es gibt nicht viele Zauberer, die ihn herstellen konnen.«

Professor Lupin nahm noch einen Schlurfer und Harry spurte plotzlich den verzweifelten Drang, ihm den Becher aus der Hand zu schlagen.

»Professor Snape ist sehr an den dunklen Kunsten interessiert«, sprudelte es aus ihm heraus.

»Wirklich?«, sagte Lupin. Er nahm einen Schluck und schien Harrys Bemerkung kaum zu beachten.

»Manche glauben -«, Harry zogerte und plauderte dann rucksichtslos weiter,»manche glauben, er wurde alles tun, um Lehrer fur Verteidigung gegen die dunklen Kunste zu werden.«

Lupin trank den Becher bis zur Neige aus und zog eine Grimasse.

»Ekliges Zeug«, sagte er.»Nun, Harry, ich werde wohl noch ein wenig arbeiten mussen. Wir sehen uns dann beim Festessen.«

»Gut«, sagte Harry und stellte seine Teetasse ab.

Aus dem leeren Becher dampfte es immer noch.

»Hier, bitte sehr«, sagte Ron.»Wir haben mitgebracht, so viel wir tragen konnten.«

Ein Schauer leuchtend bunter Su?igkeiten ergo? sich in Harrys Scho?. Es dammerte, und Ron und Hermine waren soeben im Gemeinschaftsraum aufgetaucht, mit rosa Gesichtern vom kalten Wind und mit Mienen, als ob sie die schonste Zeit ihres Lebens gehabt hatten.