Harry Potter und der Gefangene von Askaban - Rowling Joanne Kathleen. Страница 4
Tante Magdas gro?er Fehler
Als Harry am nachsten Morgen zum Fruhstuck hinunterging, sa?en die drei Dursleys schon am Kuchentisch. sie starrten auf die Mattscheibe eines brandneuen Fernsehers, eines Willkommen-in-den-Ferien-Geschenks fur Dudley, der sich fortwahrend lauthals uber den langen Weg zwischen dem Kuhlschrank und dem Fernseher im Wohnzimmer beschwert hatte. Dudley hatte den gro?ten Teil des Sommers in der Kuche verbracht, die kleinen Schweinchenaugen geradezu auf die Mattscheibe geklebt und mit wabbelndem funflagigem Kinn ununterbrochen kauend.
Harry setzte sich zwischen Dudley und Onkel Vernon, einen gro?en, fleischigen Mann mit sehr wenig Hals und einer Menge Schnauzbart. Keiner der Dursleys nahm Notiz davon, da? Harry in die Kuche gekommen war, geschweige denn, da? ihm einer zum Geburtstag gratuliert hatte. Er nahm sich eine Scheibe Toast und sah hoch zum Fernseher, wo der Nachrichtensprecher gerade von einem Ausbrecher berichtete…
»… die Polizei warnt die Bevolkerung. Black ist bewaffnet und au?erst gefahrlich. Eine eigene Notrufnummer wurde eingerichtet und jeder Hinweis auf Black sollte umgehend gemeldet werden.«
»Da? der ein Verbrecher ist, brauchen sie uns nicht erst zu sagen«, schnarrte Onkel Vernon und starrte uber seine Zeitung hinweg auf das Bild des Fluchtigen.»Seht euch mal an, wie der aussieht, ein dreckiger Rumtreiber! Und diese Haare!«
Er warf Harry einen gehassigen Seitenblick zu, dessen strubbeliges Haar ihn immer von neuem argerte. Verglichen mit dem Mann im Fernsehen jedoch, dessen ausgemergeltes Gesicht umwuchert war von verfilztem, ellbogenlangem Gestrupp, kam sich Harry durchaus gepflegt vor.
Wieder erschien der Nachrichtensprecher.
»Das Landwirtschafts- und Fischereiministerium gibt heute bekannt, da? -«
»Ist doch nicht zu fassen!«, bellte Onkel Vernon und starrte den Sprecher wutend an,»du hast uns nicht gesagt, wo dieser Verruckte ausgebrochen ist! Was soll das? Der Wahnsinnige konnte doch jeden Augenblick die Stra?e entlangkommen!«
Tante Petunia, knochig und pferdegesichtig, wirbelte herum und schaute wachsam aus dem Kuchenfenster. Harry wu?te, da? Tante Petunia nichts lieber tun wurde, als den Notruf anzulauten. Sie war die neugierigste Frau der Welt und verbrachte den gro?ten Teil ihres Lebens damit, die langweiligen, gesetzestreuen Nachbarn auszukundschaften.
»Wann werden die es endlich kapieren«, sagte Onkel Vernon und schlug mit seiner gro?en purpurroten Faust auf den Tisch,»da? Aufknupfen das einzige Rezept gegen solches Pack ist?«
»Wie wahr«, sagte Tante Petunia, die immer noch die Bohnenstangen nebenan taxierte.
Onkel Vernon nahm den letzten Schluck aus seiner Teetasse, warf einen Blick auf die Uhr und fugte hinzu:»Am besten, ich geh gleich, Petunia, Magdas Zug kommt um zehn an.«
Harry, in Gedanken eben noch oben bei seinem Besenpflege-Set, fiel schmerzhaft aus allen Wolken.
»Tante Magda?«, sprudelte es aus ihm heraus.»D-die – die kommt doch nicht etwa zu uns?«
Tante Magda war Onkel Vernons Schwester. Zwar war sie keine Blutsverwandte von Harry (dessen Mutter Tante Petunias Schwester gewesen war), doch man hatte ihn gezwungen, sie die ganze Zeit»Tante«zu nennen. Tante Magda lebte auf dem Land, in einem Haus mit gro?em Garten, wo sie Bulldoggen zuchtete. Sie kam nur selten in den Ligusterweg, weil sie es nicht ubers Herz brachte, ihre wertvollen Hunde allein zu lassen, doch jeden ihrer Besuche hatte Harry in schrecklich lebendiger Erinnerung.
Beim Fest zu Dudleys funftem Geburtstag hatte Tante Magda Harry mit ihrem Gehstock auf die Schienbeine gehauen, damit er Dudley nicht mehr beim Baumchen-wechsel-dich-Spiel schlug. Ein paar Jahre spater war sie zu Weihnachten mit einem funkgesteuerten Senkrechtstarter fur Dudley und einem Karton Hundekuchen fur Harry aufgetaucht. Bei ihrem letzten Besuch war Harry versehentlich ihrem Lieblingshund auf den Schwanz getreten. Ripper hatte Harry hinaus in den Garten und einen Baum hochgejagt und Tante Magda hatte sich bis nach Mitternacht geweigert, ihn zuruckzupfeifen. Wenn Dudley sich daran erinnerte, brach er vor Lachen immer noch in Tranen aus.
»Magda wird eine Woche bleiben«, schnarrte Onkel Vernon,»und wenn wir schon beim Thema sind«- er deutete mit einem fetten Finger drohend auf Harry -»sollten wir einiges klarstellen, bevor ich sie abholen gehe.«
Dudley grinste hamisch und wandte den Blick von der Mattscheibe ab. Sein liebster Zeitvertreib war, zu beobachten, wie Harry von Onkel Vernon schikaniert wurde.
»Erstens«, knurrte Onkel Vernon,»haltst du deine Zunge im Zaum, wenn du mit Magda sprichst.«
»Gut«, sagte Harry bitter,»wenn sie es auch tut.«
»Zweitens«, sagte Onkel Vernon und tat so, als hatte er Harrys Antwort nicht gehort,»da Magda nichts von deiner Abnormitat wei?, will ich nicht, da? irgendwas Komisches passiert, wahrend sie hier ist. Du benimmst dich, verstanden?«
»Wenn sie es auch tut«, sagte Harry zahneknirschend.
»Und drittens«, sagte Onkel Vernon, die gemeinen kleinen Augen waren jetzt Schlitze in seinem gro?en purpurnen Gesicht,»haben wir Magda gesagt, du wurdest das St.-Brutus-Sicherheitszentrum fur unheilbar kriminelle Jungen besuchen.«
»Was?«, schrie Harry.
»Und du bleibst bei dieser Geschichte, Bursche, oder du kriegst Schwierigkeiten!«, fauchte Onkel Vernon.
Zornig und mit bleichem Gesicht starrte Harry Onkel Vernon an. Er konnte es nicht fassen. Tante Magda kam fur eine Woche zu Besuch – das war das furchtbarste Geburtstagsgeschenk, das er je von den Dursleys bekommen hatte, verglichen selbst mit Onkel Vernons alten Socken.
»Nun, Petunia«, sagte Onkel Vernon und erhob sich Schnaufend,»ich fahre jetzt zum Bahnhof. Kleine Ausfahrt gefallig, Dudders?«
»Nein«, sagte Dudley, der seine Aufmerksamkeit jetzt, da Onkel Vernon aufgehort hatte, Harry zu tyrannisieren, wieder dem Fernseher zugewandt hatte.
»Diddy mu? sich fur Tantchen fein herausputzen«, sagte Tante Petunia und strich uber Dudleys dichtes Blondhaar.»Mamchen hat ihm eine wunderschone neue Fliege gekauft.«
Onkel Vernon klopfte Dudley auf die fette Schulter.
»Also bis gleich«, sagte er und ging hinaus.
Harry, der in eine Art grauenerfullte Trance versunken war, fiel plotzlich etwas ein. Er lie? seinen Toast liegen, stand rasch auf und folgte Onkel Vernon zur Haustur.
Onkel Vernon zog seinen Mantel an.
»Dich nehm ich nicht mit«, schnarrte er, als er sich umwandte und Harry erblickte.
»Will ich auch nicht«, sagte Harry kuhl.»Ich mochte dich was fragen.«
Onkel Vernon beaugte ihn mi?trauisch.
»Drittkla?ler in Hog…, auf meiner Schule durfen hin und wieder ins Dorf«, sagte Harry.
»Ach?«, blaffte Onkel Vernon und nahm die Wagenschlussel vom Haken neben der Tur.
Rasch setzte Harry nach.»Du mu?t die Einverstandniserklarung fur mich unterschreiben«, sagte er.
»Und warum sollte ich das tun?«, hohnte Onkel Vernon.
»Nun ja«, sagte Harry und wog sorgfaltig seine Worte ab,»es wird ein hartes Stuck Arbeit sein, gegenuber Tante Magda so zu tun, als ob ich in dieses St. Waswei?ich ginge -«
»St.-Brutus-Sicherheitszentrum fur unheilbar kriminelle Jungen«, bellte Onkel Vernon, und Harry freute sich, einen deutlichen Anflug von Panik in seiner Stimme zu horen.
»Genau«, sagte Harry und sah gelassen hoch in Onkel Vernons gro?es, rotes Gesicht.»Ich mu? mir eine Menge merken. Au?erdem soll es sich ja uberzeugend anhoren, oder? Was, wenn mir aus Versehen etwas rausrutscht?«
»Dann prugle ich dir die Innereien raus!«, polterte Onkel Vernon und trat mit erhobener Faust auf Harry zu. Doch Harry lie? nicht locker.»Die Innereien aus mir herauszuprugeln wird Tante Magda auch nicht vergessen lassen, was ich ihr gesagt haben konnte«, sagte er verbissen.
Onkel Vernon, die Faust immer noch erhoben, erstarrte. Sein Gesicht hatte ein ha?liches Braunrot angenommen.