Faust - Goethe Johann Wolfgang. Страница 62

Phorkyas

Harpyen, wähn' ich, fütterten dich im Unflat auf.

Choretide 5

Mit was ernährst du so gepflegte Magerkeit?

Phorkyas

Mit Blute nicht, wonach du allzulüstern bist.

Choretide 6

Begierig du auf Leichen, ekle Leiche selbst!

Phorkyas

Vampyren-Zähne glänzen dir im frechen Maul.

Chorführerin

Das deine stopf' ich, wenn ich sage, wer du seist.

Phorkyas

So nenne dich zuerst; das Rätsel hebt sich auf.

Helena

Nicht zürnend, aber traurend schreit' ich zwischen euch,

Verbietend solchen Wechselstreites Ungestüm!

Denn Schädlicheres begegnet nichts dem Herrscherherrn

Als treuer Diener heimlich unterschworner Zwist.

Das Echo seiner Befehle kehrt alsdann nicht mehr

In schnell vollbrachter Tat wohlstimmig ihm zurück,

Nein, eigenwillig brausend tost es um ihn her,

Den selbstverirrten, ins Vergebne scheltenden.

Dies nicht allein. Ihr habt in sittelosem Zorn

Unsel'ger Bilder Schreckgestalten hergebannt,

Die mich umdrängen, daß ich selbst zum Orkus mich

Gerissen fühle, vaterländ'scher Flur zum Trutz.

Ist's wohl Gedächtnis? war es Wahn, der mich ergreift?

War ich das alles? Bin ich's? Werd' ich's künftig sein,

Das Traum — und Schreckbild jener Städteverwüstenden?

Die Mädchen schaudern, aber du, die älteste,

Du stehst gelassen; rede mir verständig Wort.

Phorkyas

Wer langer Jahre mannigfaltigen Glücks gedenkt,

Ihm scheint zuletzt die höchste Göttergunst ein Traum.

Du aber, hochbegünstigt sonder Maß und Ziel,

In Lebensreihe sahst nur Liebesbrünstige,

Entzündet rasch zum kühnsten Wagstück jeder Art.

Schon Theseus haschte früh dich, gierig aufgeregt,

Wie Herakles stark, ein herrlich schön geformter Mann.

Helena

Entführte mich, ein zehenjährig schlankes Reh,

Und mich umschloß Aphidnus' Burg in Attika.

Phorkyas

Durch Kastor und durch Pollux aber bald befreit,

Umworben standst du ausgesuchter Heldenschar.

Helena

Doch stille Gunst vor allen, wie ich gern gesteh',

Gewann Patroklus, er, des Peliden Ebenbild.

Phorkyas

Doch Vaterwille traute dich an Menelas,

Den kühnen Seedurchstreicher, Hausbewahrer auch.

Helena

Die Tochter gab er, gab des Reichs Bestellung ihm.

Aus ehlichem Beisein sproßte dann Hermione.

Phorkyas

Doch als er fern sich Kretas Erbe kühn erstritt,

Dir Einsamen da erschien ein allzuschöner Gast.

Helena

Warum gedenkst du jener halben Witwenschaft,

Und welch Verderben gräßlich mir daraus erwuchs?

Phorkyas

Auch jene Fahrt, mir freigebornen Kreterin

Gefangenschaft erschuf sie, lange Sklaverei.

Helena

Als Schaffnerin bestellt' er dich sogleich hieher,

Vertrauend vieles, Burg und kühn erworbnen Schatz.

Phorkyas

Die du verließest, Ilios' umtürmter Stadt

Und unerschöpften Liebesfreuden zugewandt.

Helena

Gedenke nicht der Freuden! allzuherben Leids

Unendlichkeit ergoß sich über Brust und Haupt.

Phorkyas

Doch sagt man, du erschienst ein doppelhaft Gebild,

In Ilios gesehen und in ägypten auch.

Helena

Verwirre wüsten Sinnes Aberwitz nicht gar.

Selbst jetzo, welche denn ich sei, ich weiß es nicht.

Phorkyas

Dann sagen sie: aus hohlem Schattenreich herauf

Gesellte sich inbrünstig noch Achill zu dir!

Dich früher liebend gegen allen Geschicks Beschluß.

Helena

Ich als Idol, ihm dem Idol verband ich mich.

Es war ein Traum, so sagen ja die Worte selbst.

Ich schwinde hin und werde selbst mir ein Idol.

Chor

Schweige, schweige!

Mißblickende, Mißredende du!

Aus so gräßlichen einzahnigen

Lippen, was enthaucht wohl

Solchem furchtbaren Greuelschlund!

Denn der Bösartige, wohltätig erscheinend,

Wolfesgrimm unter schafwolligem Vlies,

Mir ist er weit schrecklicher als des drei-+

köpfigen/ Hundes Rachen.

ängstlich lauschend stehn wir da:

Wann? wie? wo nur bricht's hervor,

Solcher Tücke

Tiefauflauerndes Ungetüm?

Nun denn, statt freundlich mit Trost reich begabten,

Letheschenkenden, holdmildesten Worts

Regest du auf aller Vergangenheit

Bösestes mehr denn Gutes

Und verdüsterst allzugleich

Mit dem Glanz der Gegenwart

Auch der Zukunft

Mild aufschimmerndes Hoffnungslicht.

Schweige, schweige!

Daß der Königin Seele,

Schon zu entfliehen bereit,

Sich noch halte, festhalte

Die Gestalt aller Gestalten,

Welche die Sonne jemals beschien.

Phorkyas

Tritt hervor aus flüchtigen Wolken, hohe Sonne dieses Tags,

Die verschleiert schon entzückte, blendend nun im Glanze herrscht.

Wie die Welt sich dir entfaltet, schaust du selbst mit holdem Blick.

Schelten sie mich auch für häßlich, kenn' ich doch das Schöne wohl.

Helena

Tret' ich schwankend aus der öde, die im Schwindel mich umgab,

Pflegt' ich gern der Ruhe wieder, denn so müd' ist mein Gebein:

Doch es ziemet Königinnen, allen Menschen ziemt es wohl,

Sich zu fassen, zu ermannen, was auch drohend überrascht.

Phorkyas

Stehst du nun in deiner Großheit, deiner Schöne vor uns da,

Sagt dein Blick, daß du befiehlest; was befiehlst du? sprich es aus.

Helena

Eures Haders frech Versäumnis auszugleichen, seid bereit;

Eilt, ein Opfer zu bestellen, wie der König mir gebot.

Phorkyas

Alles ist bereit im Hause, Schale, Dreifuß, scharfes Beil,

Zum Besprengen, zum Beräuchern; das zu Opfernde zeig' an!

Helena

Nicht bezeichnet' es der König.

Phorkyas

Sprach's nicht aus? O Jammerwort!

Helena

Welch ein Jammer überfällt dich?

Phorkyas

Königin, du bist gemeint!

Helena

Ich?

Phorkyas

Und diese.

Chor

Weh und Jammer!

Phorkyas

Fallen wirst du durch das Beil.

Helena

Gräßlich doch geahnt; ich Arme!

Phorkyas

Unvermeidlich scheint es mir.

Chor

Ach! Und uns? Was wird begegnen?

Phorkyas

Sie stirbt einen edlen Tod;