G?tz von Berlichingen - фон Гёте Иоганн Вольфганг. Страница 4
Maria . Wir wollen nicht richten, Elisabeth. Mein Bruder ist sehr erbittert, du auch. Ich bin bei der ganzen Sache mehr Zuschauer, und kann billiger sein.
Elisabeth . Er ist nicht zu entschuldigen.
Maria . Was ich von ihm gehort, hat mich eingenommen. Erzahlte nicht selbst dein Mann so viel Liebes und Gutes von ihm! Wie glucklich war ihre Jugend, als sie zusammen Edelknaben des Markgrafen waren!
Elisabeth . Das mag sein. Nur sag, was kann der Mensch je Gutes gehabt haben, der seinem besten treusten Freunde nachstellt, seine Dienste den Feinden meines Mannes verkauft, und unsern trefflichen Kaiser der uns so gnadig ist, mit falschen widrigen Vorstellungen einzunehmen sucht.
Karl . Der Vater! der Vater! Der Turner blast 's Liedel:»Heisa, mach 's Tor auf.»
Elisabeth . Da kommt er mit Beute.
(Ein Reiter kommt.)
Reiter . Wir haben, gejagt! wir haben gefangen! Gott gru? Euch, edle Frauen.
Elisabeth . Habt ihr den Weislingen?
Reiter . Ihn und drei Reiter.
Elisabeth . Wie ging's zu, da? ihr so lang ausbleibt?
Reiter . Wir lauerten auf ihn zwischen Nurnberg und Bamberg, er wollte nicht kommen, und wir wu?ten doch, er war auf dem Wege. Endlich kundschaften wir ihn aus: er war seitwarts gezogen, und sa? geruhig beim Grafen auf dem Schwarzenberg.
Elisabeth . Den mochten sie auch gern meinem Mann feind haben.
Reiter . Ich sagt's gleich dem Herrn. Auf! und wir ritten in Haslacher Wald. Und da war's kurios: wie wir so in die Nacht reiten, hut just ein Schafer da, und fallen funf Wolf in die Herd und packten weidlich an. Da lachte unser Herr und sagte:»Gluck zu, liebe Gesellen! Gluck uberall und uns auch!«Und es freuet' uns all das gute Zeichen. Indem so kommt der Weislingen hergeritten mit vier Knechten.
Maria . Das Herz zittert mir im Leibe.
Reiter . Ich und mein Kamerad, wie's der Herr befohlen hatte, nistelten uns an ihn, als waren wir zusammengewachsen, da? er sich nicht regen noch ruhren konnte, und der Herr und der Hans fielen uber die Knechte her und nahmen sie in Pflicht. Einer ist entwischt.
Elisabeth . Ich bin neugierig, ihn zu sehn. Kommen sie bald?
Reiter . Sie reiten das Tal herauf, in einer Viertelstund sind sie hier.
Maria . Er wird niedergeschlagen sein.
Reiter . Finster genug sieht er aus.
Maria . Sein Anblick wird mir im Herzen weh tun.
Elisabeth . Ah! — Ich will gleich das Essen zurecht machen. Hungrig werdet ihr doch alle sein.
Reiter . Rechtschaffen.
Elisabeth . Nimm den Kellerschlussel und hol vom besten Wein! Sie haben ihn verdient. (Ab.)
Karl . Ich will mit, Tante.
Maria . Komm, Bursch. (Ab.)
Reiter . Der wird nicht sein Vater, sonst ging' er mit in Stall!
(Gotz. Weislingen. Reitersknechte.)
Gotz (Helm und Schwert auf den Tisch legend) . Schnallt mir den Harnisch auf, und gebt mir mein Wams. Die Bequemlichkeit wird mir wohl tun. Bruder Martin, du sagtest recht — Ihr habt uns in Atem erhalten, Weislingen.
Weislingen (antwortet nichts, auf und ab gehend) .
Gotz . Seid gutes Muts. Kommt, entwaffnet Euch. Wo sind Eure Kleider? Ich hoffe, es soll nichts verlorengegangen sein. (Zum Knecht.) Frag seine Knechte, und offnet das Gepacke, und seht zu, da? nichts abhanden komme. Ich konnt Euch auch von den meinigen borgen.
Weislingen . La?t mich so, es ist all eins.
Gotz . Konnt Euch ein hubsches saubres Kleid geben, ist zwar nur leinen. Mir ist's zu eng worden. Ich hatt's auf der Hochzeit meines gnadigen Herrn des Pfalzgrafen an, eben damals, als Euer Bischof so giftig uber mich wurde. Ich hatt' ihm, vierzehn Tag vorher, zwei Schiff auf dem Main niedergeworfen. Und ich geh mit Franzen von Sickingen im Wirtshaus zum Hirsch in Heidelberg die Trepp hinauf. Eh man noch ganz droben ist, ist ein Absatz und ein eisen Gelanderlein, da stund der Bischof und gab Franzen die Hand, wie er vorbeiging, und gab sie mir auch, wie ich hintendrein kam. Ich lacht in meinem Herzen, und ging zum Landgrafen von Hanau, der mir gar ein lieber Herr war, und sagte:»Der Bischof hat mir die Hand geben, ich wett, er hat mich nicht gekannt. «Das hort' der Bischof, denn ich red't laut mit Flei?, und kam zu uns trotzig — und sagte:»Wohl, weil ich Euch nicht kannt hab, gab ich Euch die Hand. «Da sagt ich:»Herre, ich merkt's wohl, da? Ihr mich nicht kanntet, und hiermit habt Ihr Eure Hand wieder. «Da ward das Mannlein so rot am Hals wie ein Krebs vor Zorn und lief in die Stube zu Pfalzgraf Ludwig und dem Fursten von Nassau und klagt's ihnen. Wir haben nachher uns oft was druber zugute getan.
Weislingen . Ich wollt, Ihr lie?t mich allein.
Gotz . Warum das? Ich bitt Euch, seid aufgeraumt. Ihr seid in meiner Gewalt, und ich werd sie nicht mi?brauchen.
Weislingen . Dafur war mir's noch nicht bange. Das ist Eure Ritterpflicht.
Gotz . Und Ihr wi?t, da? die mir heilig ist.
Weislingen . Ich bin gefangen; das ubrige ist eins.
Gotz . Ihr solltet nicht so reden. Wenn Ihr's mit Fursten zu tun hattet, und sie Euch in tiefen Turn an Ketten aufhingen, und der Wachter Euch den Schlaf wegpfeifen mu?te!
(Die Knechte mit den Kleidern.)
Weislingen (zieht sich aus und an).
(Karl kommt.)
Karl . Guten Morgen, Vater!
Gotz (ku?t ihn). Guten Morgen, Junge. Wie habt ihr die Zeit gelebt?
Karl . Recht geschickt, Vater! Die Tante sagt: ich sei recht geschickt.
Gotz . So!
Karl . Hast du mir was mitgebracht?
Gotz . Diesmal nicht.
Karl . Ich hab viel gelernt.
Gotz . Ei!
Karl . Soll ich dir vom frommen Kind erzahlen?
Gotz . Nach Tische.
Karl . Ich wei? noch was.
Gotz . Was wird das sein?
Karl . Jagsthausen ist ein Dorf und Schlo? an der Jagst, gehort seit zweihundert Jahren den Herrn von Berlichingen erb- und eigentumlich zu.
Gotz . Kennst du den Herrn von Berlichingen?
Karl (sieht ihn starr an).
Gotz (vor sich). Er kennt wohl vor lauter Gelehrsamkeit seinen Vater nicht. — Wem gehort Jagsthausen?
Karl . Jagsthausen ist ein Dorf und Schlo? an der Jagst.
Gotz . Das frag ich nicht. — Ich kannte alle Pfade, Weg und Furten, eh ich wu?te, wie Flu?, Dorf und Burg hie?. — Die Mutter ist in der Kuche?
Karl . Ja, Vater! Sie kocht wei?e Ruben und ein Lammsbraten.
Gotz . Wei?t du's auch, Hans Kuchenmeister?
Karl . Und fur mich zum Nachtisch hat die Tante einen Apfel gebraten.
Gotz . Kannst du sie nicht roh essen?
Karl . Schmeckt so besser.
Gotz . Du mu?t immer was Apartes haben. — Weislingen! ich bin gleich wieder bei Euch. Ich mu? meine Frau doch sehn. Komm mit, Karl.
Karl . Wer ist der Mann?
Gotz . Gru? ihn. Bitt ihn, er soll lustig sein.
Karl . Da, Mann! hast du eine Hand, sei lustig, das Essen ist bald fertig.
Weislingen (hebt ihn in die Hoh und ku?t ihn) . Gluckliches Kind! das kein Ubel kennt, als wenn die Suppe lang ausbleibt. Gott la? Euch viel Freud am Knaben erleben, Berlichingen.
Gotz . Wo viel Licht ist, ist starker Schatten — doch war mir's willkommen. Wollen sehn, was es gibt.
(Sie gehn.)
Weislingen . O da? ich aufwachte! und das alles ware ein Traum! In Berlichingens Gewalt! von dem ich mich kaum losgearbeitet habe, dessen Andenken ich mied wie Feuer, den ich hoffte zu uberwaltigen! Und er — der alte treuherzige Gotz! Heiliger Gott, was will, will aus dem allen werden? Ruckgefuhrt, Adelbert, in den Saal! wo wir als Buben unsere Jagd trieben — da du ihn liebtest, an ihm hingst wie an deiner Seele. Wer kann ihm nahen und ihn hassen? Ach! ich bin so ganz nichts hier! Gluckselige Zeiten, ihr seid vorbei, da noch der alte Berlichingen hier am Kamin sa?, da wir um ihn durcheinander spielten und uns liebten wie die Engel. Wie wird sich der Bischof angstigen, und meine Freunde. Ich wei?, das ganze Land nimmt teil an meinem Unfall. Was ist's! Konnen sie mir geben, wornach ich strebe?
Gotz (mit einer Flasche Wein und Becher) . Bis das Essen fertig wird, wollen wir eins trinken. Kommt, setzt Euch, tut, als wenn Ihr zu Hause wart! Denkt, Ihr seid einmal wieder beim Gotz. Haben doch lange nicht beisammengesessen, lang keine Flasche miteinander ausgestochen. (Bringt's ihm.) Ein frohlich Herz!
Weislingen . Die Zeiten sind vorbei.
Gotz . Behute Gott! Zwar vergnugtere Tage werden wir wohl nicht wieder finden als an des Markgrafen Hof, da wir noch beisammenschliefen und miteinander umherzogen. Ich erinnere mich mit Freuden meiner Jugend. Wi?t Ihr noch, wie ich mit dem Polacken Handel kriegte, dem ich sein gepicht und gekrauselt Haar von ungefahr mit dem Armel verwischt?
Weislingen . Es war bei Tische, und er stach nach Euch mit dem Messer.
Gotz . Den schlug ich wacker aus dazumal, und daruber wurdet Ihr mit seinem Kameraden zu Unfried. Wir hielten immer redlich zusammen als gute brave Jungen, dafur erkennte uns auch jedermann. (Schenkt ein und bringt's.) Kastor und Pollux! Mir tat's immer im Herzen wohl, wenn uns der Markgraf so nannte.
Weislingen . Der Bischof von Wurzburg hatte es aufgebracht.
Gotz . Das war ein gelehrter Herr, und dabei so leutselig. Ich erinnere mich seiner, so lange ich lebe, wie er uns liebkoste, unsere Eintracht lobte und den Menschen glucklich pries, der ein Zwillingsbruder seines Freundes ware.
Weislingen . Nichts mehr davon!
Gotz . Warum nicht? Nach der Arbeit wu?t ich nichts Angenehmers, als mich des Vergangenen zu erinnern. Freilich, wenn ich wieder so bedenke, wie wir Liebs und Leids zusammen trugen, einander alles waren, und wie ich damals wahnte, so sollt's unser ganzes Leben sein! War das nicht all mein Trost, wie mir diese Hand weggeschossen ward vor Landshut, und du mein pflegtest und mehr als Bruder fur mich sorgtest? Ich hoffte, Adelbert wird kunftig meine rechte Hand sein. Und nun —
Weislingen . Oh!
Gotz . Wenn du mir damals gefolgt hattest, da ich dir anlag, mit nach Brabant zu ziehen, es ware alles gut geblieben. Da hielt dich das ungluckliche Hofleben und das Schlenzen und Scherwenzen mit den Weibern. Ich sagt es dir immer, wenn du dich mit den eiteln garstigen Vetteln abgabst und ihnen erzahltest von mi?vergnugten Ehen, verfuhrten Madchen, der rauhen Haut einer Dritten, oder was sie sonst gerne horen:»Du wirst ein Spitzbub«, sagt ich,»Adelbert.»