Reineke Fuchs - Goethe Johann Wolfgang. Страница 24

Herr, versetzte Reineke drauf: ich darf mich hieruber

Wohl erklaren vor Euch, denn mich betrifft ja die Sache.

Gutes hab ich Euch selber getan! es sei Euch nicht etwa

Vorgeworfen; behute mich Gott! ich erkenne mich schuldig,

Euch zu leisten, soviel ich vermag. Ihr habt die Geschichte

Ganz gewi? nicht vergessen. Ich war mit Isegrim glucklich

Einst ein Schwein zu erjagen, es schrie, wir bissen es nieder;

Und Ihr kamt und klagtet so sehr und sagtet: es kame

Eure Frau noch hinter Euch drein, und teilte nur jemand

Wenige Speise mit Euch, so war euch beiden geholfen.

Gebet von Eurem Gewinne was ab! so sagtet Ihr damals.

Isegrim sagte wohl: Ja! doch murmelt' er unter dem Barte,

Da? man kaum es verstand. Ich aber sagte dagegen:

Herr! es ist Euch gegonnt, und warens der Schweine die Menge.

Sagt, wer soll es verteilen? Der Wolf! versetztet Ihr wieder.

Isegrim freute sich sehr; er teilte, wie er gewohnt war,

Ohne Scham und Scheu und gab Euch eben ein Viertel,

Eurer Frauen das andre, und er fiel uber die Halfte,

Schlang begierig hinein und reichte mir au?er den Ohren

Nur die Nase noch hin und eine Halfte der Lunge;

Alles andre behielt er fur sich, Ihr habt es gesehen.

Wenig Edelmut zeigt' er uns da. Ihr wi?t es, mein Konig!

Euer Teil verzehrtet Ihr bald, doch merkt ich, Ihr hattet

Nicht den Hunger gestillt, nur Isegrim wollt es nicht sehen,

A? und kaute so fort und bot Euch nicht das geringste.

Aber da traft Ihr ihn auch mit Euren Tatzen gewaltig

Hinter die Ohren, verschobt ihm das Fell, mit blutiger Glatze

Lief er davon, mit Beulen am Kopf, und heulte vor Schmerzen.

Und Ihr rieft ihm noch zu: Komm wieder, lerne dich schamen!

Teilst du wieder, so triff mirs besser, sonst will ich dirs zeigen.

Jetzt mach eilig dich fort und bring uns ferner zu essen!

Herr! gebietet Ihr das? versetzt ich: so will ich ihm folgen,

Und ich wei?, ich hole schon was. Ihr wart es zufrieden.

Ungeschickt hielt sich Isegrim damals, er blutete, seufzte,

Klagte mir vor; doch trieb ich ihn an, wir jagten zusammen,

Fingen ein Kalb! Ihr liebt Euch die Speise. Und als wir es brachten,

Fand sichs fett; Ihr lachtet dazu und sagtet zu meinem

Lobe manch freundliches Wort; ich ware, meintet Ihr, trefflich

Auszusenden zur Stunde der Not, und sagtet daneben:

Teile das Kalb! Da sprach ich: Die Halfte gehoret schon Euer!

Und die Halfte gehort der Konigin: was sich im Leibe

Findet, als Herz und Leber und Lunge, gehoret, wie billig,

Euern Kindern; ich nehme die Fu?e, die lieb ich zu nagen,

Und das Haupt behalte der Wolf, die kostliche Speise.

Als Ihr die Rede vernommen, versetztet Ihr: Sage! wer hat dich

So nach Hofart teilen gelehrt? ich mocht es erfahren.

Da versetzt ich: Mein Lehrer ist nah, denn dieser mit rotem

Kopfe, mit blutiger Glatze, hat mir das Verstandnis geoffnet.

Ich bemerkte genau, wie er heut fruhe das Ferkel

Teilte, da lernt ich den Sinn von solcher Teilung begreifen;

Kalb oder Schwein, ich find es nun leicht und werde nicht fehlen.

Schaden und Schande befiel den Wolf und seine Begierde.

Seinesgleichen gibt es genug! Sie schlingen der Guter

Reichliche Fruchte zusamt den Untersassen hinunter.

Alles Wohl zerstoren sie leicht, und keine Verschonung,

Ist zu erwarten, und wehe dem Lande, das selbige nahret!

Seht! Herr Konig, so hab ich Euch oft in Ehren gehalten.

Alles, was ich besitze und was ich nur immer gewinne,

Alles widm ich Euch gern und Eurer Konigin; sei es

Wenig oder auch viel, Ihr nehmt das meiste von allem.

Wenn Ihr des Kalbes und Schweines gedenkt, so merkt ihr die Wahrheit,

Wo die rechte Treue sich findet. Und durfte wohl etwa

Isegrim sich mit Reineken messen? Doch leider im Ansehn

Steht der Wolf als oberster Vogt, und alle bedrangt er.

Euren Vorteil besorgt er nicht sehr; zum halben und ganzen

Wei? er den seinen zu fordern. So fuhrt er freilich mit Braunen

Nun das Wort, und Reinekens Rede wird wenig geachtet.

Herr! es ist wahr, man hat mich verklagt, ich werde nicht weichen,

Denn ich mu? nun hindurch, und also sei es gesprochen:

Ist hier einer, der glaubt zu beweisen, so komm er mit Zeugen,

Halte sich fest an die Sache und setze gerichtlich zum Pfande

Sein Vermogen, sein Ohr, sein Leben, wenn er verlore,

Und ich setze das gleiche dagegen: so hat es zu Rechte

Stets gegolten, so halte mans noch, und alle die Sache,

Wie man sie fur und wider gesprochen, sie werde getreulich

Solcherweise gefuhrt und gerichtet; ich darf es verlangen!

Wie es auch sei, versetzte der Konig: am Wege des Rechtes

Will und kann ich nicht schmalern, ich hab es auch niemals gelitten,

Gro? ist zwar der Verdacht, du habest an Lampens Ermordung

Teilgenommen, des redlichen Boten! ich liebt ihn besonders

Und verlor ihn nicht gern, betrubte mich uber die Ma?en,

Als man sein blutiges Haupt aus deinem Ranzel herauszog;

Auf der Stelle bu?t' es Bellyn, der bose Begleiter,

Und du magst die Sache nun weiter gerichtlich verfechten.

Was mich selber betrifft, vergeb ich Reineken alles,

Denn er hielt sich zu mir in manchen bedenklichen Fallen.

Hatte weiter jemand zu klagen, wir wollen ihn horen:

Stell er unbescholtene Zeugen und bringe die Klage

Gegen Reineken ordentlich vor, hier steht er zu Rechte!

Reineke sagte: Gnadiger Herr! ich danke zum besten.

Jeden hort Ihr, und jeder genie?t die Wohltat des Rechtes.

La?t mich heilig beteuern, mit welchem traurigen Herzen

Ich Bellyn und Lampen entlie?: mir ahndete, glaub ich,

Was den beiden sollte geschehn, ich liebte sie zartlich.

So staffierte Reineke klug Erzahlung und Worte.

Jedermann glaubt' ihm; er hatte die Schatze so zierlich beschrieben,

Sich so ernstlich betragen, er schien die Wahrheit zu reden;

Ja, man sucht' ihn zu trosten. Und so betrog er den Konig,

Dem die Schatze gefielen; er hatte sie gerne besessen,

Sagte zu Reineken: Gebt Euch zufrieden, Ihr reiset und suchet

Weit und breit, das Verlorne zu finden, das mogliche tut Ihr;

Wenn Ihr meiner Hilfe bedurft, sie steht Euch zu Diensten.

Dankbar, sagte Reineke drauf, erkenn ich die Gnade;

Diese Worte richten mich auf und lassen mich hoffen.

Raub und Mord zu bestrafen, ist Eure hochste Behorde.

Dunkel bleibt mir die Sache, doch wird sichs finden; ich sehe

Mit dem gro?ten Flei?e darnach und werde des Tages

Emsig reisen und nachts und alle Leute befragen.

Hab ich erfahren, wo sie sich finden, und kann sie nicht selber

Wiedergewinnen, war ich zu schwach, so bitt ich um Hilfe,

Die gewahrt Ihr alsdann, und sicher wird es geraten.

Bring ich glucklich die Schatze vor Euch, so find ich am Ende

Meine Muhe belohnt und meine Treue bewahret.

Gerne hort' es der Konig und fiel in allem und jedem

Reineken bei, der hatte die Luge so kunstlich geflochten.

Alle die andern glaubten es auch; er durfte nun wieder

Reisen und gehen, wohin ihm gefiel, und ohne zu fragen.

Aber Isegrim konnte sich langer nicht halten, und knirschend

Sprach er: Gnadiger Herr! So glaubt Ihr wieder dem Diebe,

Der Euch zwei- und dreifach belog? Wen sollt es nicht wundern!

Seht Ihr nicht, da? der Schalk Euch betrugt und uns alle beschadigt?

Wahrheit redet er nie, und eitel Lugen ersinnt er.

Aber ich la? ihn so leicht nicht davon! Ihr sollt es erfahren,

Da? er ein Schelm ist und falsch. Ich wei? drei gro?e Verbrechen,

Die er begangen; er soll nicht entgehn, und sollten wir kampfen.

Zwar man fordert Zeugen von uns, was wollte das helfen?

Stunden sie hier und sprachen und zeugten den ganzen Gerichtstag,

Konnte das fruchten? er tate nur immer nach seinem Belieben,

Oft sind keine Zeugen zu stellen, da sollte der Frevler

Nach wie vor die Tucke veruben? Wer traut sich, zu reden?

Jedem hangt er was an, und jeder furchtet den Schaden.

Ihr und die Euren empfinden es auch und alle zusammen.

Heute will ich ihn halten, er soll nicht wanken noch weichen,

Und er soll zu Rechte mir stehn; nun mag er sich wahren!