Donner unter der Kimm: Admiral Bolitho und das Tribunal von Malta - Kent Alexander. Страница 24
Supremes Leute brachen immer wieder in Hochrufe aus. Bolitho spurte, wie der Schmerz zuruckkehrte, und hatte gern den Kopf in den Handen vergraben. Aber er ahnte, da? Stayt ihn beobachtete.
«Holen Sie bitte Leutnant Hallowes. «Er unterdruckte ein schmerzliches Aufstohnen.»Wo ist Bankart?»
«Irgendwo«, erwiderte Stayt beilaufig. Mehr sagte er nicht.
Hallowes trat vor Bolitho hin.»Hier bin ich, Sir.»
Bolitho tastete nach seiner Schulter.»Das war tapfer.»
«Ohne meine Manner…«sagte Hallowes heiser.
Bolitho schuttelte ihn sanft.»Die Manner waren tapfer, weil sie Achtung vor Ihnen haben. Sie haben sie gefuhrt, die Mannschaft folgte nur, wie sie es gelernt hat.»
Hallowes schwieg, und Bolitho wu?te warum. Er lernte den Stolz und die Pein eines Befehlshabers kennen.
«Die Franzosen kommen bestimmt zuruck«, sagte Hallowes.
«Heute nacht nicht mehr. Dank Sheaffe waren ihre Verluste zu hoch.»
Hallowes' Stimme klang, als grinse er.»Mit Verlaub, Sir, es war Ihre Idee.»
Bolitho schuttelte ihn an der Schulter, schien Korperkontakt zu brauchen. Ohne ihn fuhlte er sich vollig abgeschnitten.»Rufen Sie ihn langsseits. Kann sein, da? wir dieses Boot brauchen.»
Stayt kehrte zuruck und half Bolitho, sich sitzend gegen einen Niedergang zu lehnen. Alles redete durcheinander, Freunde suchten einander, andere sa?en schweigend da und dachten an einen Kameraden, der gefallen oder schwer verwundet war.
Bolitho wu?te, da? sie der Fregatte am nachsten Tag nicht wurden standhalten konnen. Nachdem sie so blutig zuruckgeschlagen worden waren, wurden die Franzosen nun auf Rache aus sein und kein Pardon geben. Er spurte die anderen Offiziere in seiner Nahe. Was wurde Hallowes tun?
«Was raten Sie, Sir?«fragte er.
Bolitho hielt sich die Hand vor die Augen, ha?te den Anblick, den er bieten mu?te.
«Wir mussen einen Ausbruchversuch wagen.»
Hallowes schien erleichtert.»Das wollte ich selbst vorschlagen, Sir.»
Seltsamerweise hatte Bolitho wahrend dieses kurzen, heftigen Gefechts, bei dem er noch nicht einmal Zuschauer gewesen war, vollig die Orientierung verloren. Der Landvorsprung, das Kliff am anderen Ende der Bucht, die Felsenriffe — wo lagen sie?
«Mr. Okes…»
Okes rulpste, und Bolitho roch Rum. Der Mann hatte sich einen wohlverdienten Schluck genehmigt, wie Allday es nennen wurde. Der Gedanke erinnerte ihn an Bankart. Wo war er geblieben? Inzwischen befand er sich wieder in der Nahe; er hatte seine Stimme mehrere Male gehort. Hatte er sich aus Feigheit verkrochen? Im Gefecht hatte jeder Angst. Er dachte an Allday und versuchte den Vorfall wie etwas Schmutziges zu verdrangen.
Okes schwatzte weiter.»Mit Ihrer Erlaubnis, Sir, lasse ich jetzt das zweite Boot holen. Wir konnten Supreme klarwarpen. Der Wind hat etwas ruckgedreht, wenn auch nur wenig, aber unser Prachtstuck braucht ja nicht viel.»
«Danke, Mr. Okes«, sagte Hallowes.»Bitte kummern Sie sich darum.»
Okes ging davon, und Bolitho konnte sich seine dicken Beine in den wei?en Strumpfen vorstellen.»Dieser Mann ist Gold wert«, bemerkte er.
«Die anderen sind fort, Sir«, sagte Stayt.
Bolitho lehnte sich zuruck und versuchte den Schmerz zu ignorieren, an etwas zu denken, das ihn ablenkte. Aber es war ein hoffnungsloses Unterfangen. Der Schmerz wurde eher schlimmer, und Stayt merkte das. Er fragte leise:»Sollen wir mit den Franzosen verhandeln, Sir? Vielleicht kann ihr Schiffsarzt Ihnen helfen.»
Bolitho schuttelte heftig den Kopf.
«Ich mu?te das erwahnen, Sir. «Stayt stand auf und lehnte sich ans Schanzkleid.»Vergeben Sie mir.»
Er dachte an Bolithos fanatische Entschlossenheit. Wenn der Mann nur schlafen und seinen Schmerzen entgehen konnte!
«Die beiden Boote kommen, Sir!«rief jemand. Bolitho ruhrte sich und verlangte nach Stayts Hand.»Helfen Sie mir auf!»
Stayt seufzte. Vielleicht hielt Bolitho mit dieser Kraft nicht nur sich, sondern auch die ganze Mannschaft zusammen.
Es war etwas Unwirkliches an der Art, wie die erschopfte Mannschaft der Supreme sich anschickte, den Anker zu lichten. Bolitho blieb am Niedergang und versuchte, sich das Deck des Kutters vorzustellen. Unterhalb des langen Bugspriets lagen die beiden Schleppboote bereits in Position, bemannt mit den starksten Seeleuten. Die Lotgasten flusterten auf dem Vorschiff miteinander, und hinter sich horte Bo-litho Okes die Ruderganger vergattern, wahrend Hallowes' Aufmerksamkeit den Segeln galt. Jemand fluchte, weil eine franzosische Kanonenkugel ein Loch ins Bramsegel gerissen hatte, durch das zwei Leute gepa?t hatten.
Er versuchte ruhig zu bleiben, als Manner sich an ihm vorbeidrangten, als existiere er nicht.
Ein Decksoffizier rief gedampft:»Anker ist kurzstag, Sir!«Bolitho frostelte, als eine warme Brise die losen Taljen klappern und das Deck krangen lie?. Laut Hallowes lag der nachste Strand nur eine Kabellange entfernt. Die Franzosen mu?ten dort Manner zuruckgelassen haben und wurden bald erraten, was Hallowes versuchte.
Okes sagte:»Klar bei Halsen und Schoten!«»Hol dicht — fier weg!«rief Hallowes.»Noch zwei Manner an die Backbordbrassen!«»Anker ist frei, Sir.»
Bolitho drehte den Kopf und versuchte, jedem neuen Gerausch ein Bild zuzuordnen. Der Anker wurde aufgeholt und gesichert, das Deck von losen oder gerissenen Leinen klariert. Fast die gesamte Besatzung war nun entweder in den Booten beschaftigt oder hielt sich bereit zu Segelmanovern. Wenn es zum Kampf kam, konnten sie von Gluck sagen, wenn auch nur eine einzige Kanone rechtzeitig feuerte.
Okes zischte:»Abfallen, Junge!«Das Steuer knarrte, und Bolitho horte das ungeduldige Killen eines Segels, an dem der Wind zupfte.
Ein Mann schrie schrill und eindringlich auf, doch seine Stimme klang erstickt, weit entfernt, und Bolitho begriff, da? es sich um einen der Schwerverwundeten unter Deck handelte. Der Schrei wurde hoher, dunner, und Bolitho horte einen Matrosen, der in seiner Nahe arbeitete, einen furchterlichen Fluch aussto?en, in dem er den Unbekannten drangte, doch endlich zu sterben und Ruhe zu geben. Der Schrei verstummte, als hatte der Verwundete die Verwunschung gehort. Zumindest fur ihn war alles vorbei.
«Recht so!«Okes hob die Stimme, als der Kutter Fahrt aufnahm; die Riemen der beiden schleppenden Boote peitschten das Wasser wie Flugel. Nun mu?ten sich die Schlepptrossen aus dem Wasser heben und steifkommen. Sie hatten wieder Ruder im Schiff, und Okes' Stimme klang atemlos und zuversichtlich:»Gut gemacht, Jungs.»
«Wir mussen die erstbeste Durchfahrt nehmen, Sir. «Hallowes war neben ihn getreten.
Bolitho hatte ihn nicht kommen gehort.
«Ich habe Manner am Anker postiert, die ihn sofort werfen, wenn es Arger gibt«, fuhr Hallowes fort und lachte in sich hinein.»Noch mehr Arger.»
«Wie lange kann das dauern?«fragte Stayt.
«Bis wir frei sind«, versetzte Hallowes. Bolitho stellte sich vor, wie er unablassig in die Runde schaute, wahrend sein Schiff qualvoll langsam vorankam. Die Pumpen knarrten. Bolitho vermutete, da? Supreme stark leckte.
«Funf Faden!«rief der Lotgast.
Bolitho dachte an die Zeit, als er mit zwolf Jahren zum ersten Mal auf ein Schiff gekommen war. Wie der kleine Duncannon, dachte er, zu jung zum Sterben. Er konnte sich noch entsinnen, wie die Lotgasten im Nebel vor Land's End die Tiefe ausgesungen hatten. Die Marsstengen und nassen Segel des gro?en Linienschiffes Manxman waren von Deck aus schon nicht mehr zu erkennen gewesen.»Sechs Faden!»
Der Kutter hatte mehr als genug Wasser unterm Kiel, auch wenn sich seine Bilgen allmahlich fullten.
Die Franzosen wissen nun Bescheid, dachte Bolitho, konnen aber nicht viel unternehmen. Das Gerausch der Pumpen und die Rufe der Lotgasten wurden Supremes Vorankommen verraten.
Stayt wartete, bis Hallowes nach achtern gegangen war, dann sagte er: «Supreme ist zwar klein, Sir, aber in diesen Gewassern kommt sie mir vor wie ein Ungetum.»