Donner unter der Kimm: Admiral Bolitho und das Tribunal von Malta - Kent Alexander. Страница 35

«Dieses Schiff wird lange kampfunfahig bleiben, Sir«, erganzte Keen.»Hat es die Flagge gestrichen?»

Keen starrte ihn an. Er erkannte Bolithos Stimme kaum wieder; sie war barsch, gnadenlos.»Nein, Sir.»

Bolitho blinzelte, als eine feindliche Kugel durch die Wanten fuhr und ein Mann so schrill aufschrie wie eine gepeinigte Frau.

«Es darf nie wieder kampfen. Fuhren Sie das Gefecht fort. «Er hielt Keen, der sich hastig entfernen wollte, am Arm fest.»Wenn wir abbrechen, geht der Franzose hier vor Anker und repariert. Aber ich will, da? dieses Schiff total zerstort wird.»

Keen nickte. Ihm schwirrte der Kopf vom Krachen der Kanonen, dem aufgeregten Rufen der Marinesoldaten, und er empfand Ubelkeit, als er Blut an der Bordwand des Feindes herablaufen sah; er konnte sich das Grauen unter Deck gut vorstellen.

Paget, die Augen hell im rauchgeschwarzten Gesicht, schaute fragend zu ihm auf.

Keen machte eine Kopfbewegung, und Sekunden spater fetzte wieder eine Breitseite heraus, kalkuliert und mit Bedacht. Kaum ein Geschutz erwiderte das Feuer. Durchs Fernrohr sah Keen, wie der Fockmast des Franzosen zu kippen begann.

Er winkte Stayt, der sich ein Sprachrohr schnappte und gelenkig in die Wanten des Besanmastes kletterte.

«Abandonnez! Gebt auf!»

Doch nur Musketenfeuer antwortete ihm.

Die Segel der Argonaute schlugen und fingen erneut den Wind ein, als Fallowfield sie um das treibende, entmastete Wrack herumsteuerte. Keen warf Bolitho einen raschen. Blick zu, doch dessen Ausdruck blieb unerbittlich.

Keen hob den Degen und dachte an das Madchen, das tief unter seinen Fu?en im Laderaum Schutz gesucht hatte, und an die Leichen, die an den Geschutzen herumlagen. Jemand hatte eine zerfetzte Persenning uber den Schiffsjungen geworfen, der von der feindlichen Kanonenkugel entzweigerissen worden war.

Inzwischen war es kein Gefecht mehr. Der Feind erinnerte Keen an ein hilfloses wildes Tier, das auf den Gnadensto? wartete.

Der nachste Stuckmeister beobachtete ihn, die Abzugsleine schon gespannt.»Klar zum Feuern!«Er horte, wie der Befehl durch Pfeifsignale zum unteren Batteriedeck weitergegeben wurde, und machte sich auf die Breitseite gefa?t.

«Wei?e Flagge, Sir!«rief jemand.

Keen schaute zu Bolitho hinuber und erwartete fast doch noch die Order zum Abfeuern der Breitseite.

Bolitho spurte den Blick. Er konnte von Keen nur einen verschwommenen Umri? erkennen, das Blau und Wei? der Uniform, sein blondes Haar. Rauch und Anstrengung lie?en sein Auge brennen, doch seine Stimme klang beherrscht:»Die Franzosen sollen das Schiff verlassen. Dann versenken Sie es.»

Paget rief:»Starke Rauchentwicklung, Sir. Er mu? Feuer gefangen haben.»

Bolitho wartete, bis das Deck waagrecht war, und ging dann zur Querreling. Er horte schwache Rufe von dem anderen Schiff und roch schwelende Takelage, die den Franzosen jeden Augenblick in ein Inferno verwandeln konnte.

«Der Krieg ist kein Spiel, Val«, sagte er leise,»und auch kein Ehrenhandel fur Freund oder Feind. «Sein Ton verhartete sich.»Denken Sie an die Supreme. Da gab es kein Pardon fur den armen Hallowes. Jetzt gebe auch ich keins. «Er machte kehrt und ging auf die andere Seite, rutschte dabei in einer Blutlache aus. Hier war ein Seesoldat von einer Kugel gefallt worden, die Bolitho nur um eine Handbreit verfehlt hatte.

Paget schrie:»Nein, die Yawl hat Feuer gefangen, Sir!»

Keen hob das Fernrohr und sah das kleinere Schiff vom Zweidecker wegtreiben. Anstatt den Versuch zu unternehmen, die Flammen zu loschen, sprangen die Manner zu seinem Erstaunen ins Wasser.

Bolitho, der die eifrigen Spekulationen auf dem Achterdeck mitangehort hatte, sagte scharf:»Nehmen Sie sofort Fahrt auf! Diese Yawl mu? Pulver geladen haben!»

Pfeifen zwitscherten, und die Manner hasteten wieder auf ihre Posten. Andere legten auf den Rahen uber den durchlocherten Segeln aus, als sich das Schiff langsam dem einladenden Horizont zuwandte.

Die Explosion kam wie ein Vulkanausbruch. Sie uberraschte die Manner und erschutterte den Rumpf, als wolle sie ihre Rache bis hin zur Argonaute tragen.

Die ihnen abgewandte Seite des Zweideckers war der vollen Wucht der Explosion ausgesetzt. Schon als das Wasser wieder ins Meer zuruck zu sturzen begann wie ein zerfetzter Vorhang, hatte das Kriegsschiff Schlagseite. Die Explosion, bei der die Yawl so grundlich zerstort worden war, da? noch nicht einmal eine treibende Spiere an sie gemahnte, mu?te das Unterwasserschiff des Zweideckers eingedruckt haben.

Keen schaute hin und konnte die jahe Katastrophe kaum begreifen. Ein wenig naher, und Argonaute hatte das Schicksal ihrer Gegnerin geteilt.

Bolitho uberquerte das Achterdeck und blieb stehen, um sich den stummen Offizieren zuzuwenden.

«Damit ist uns eine Muhe erspart, Gentlemen.»

Der Rauch hatte seinem Auge so ubel mitgespielt, da? er ihre Gesichter kaum erkennen konnte. Doch ihre Besturzung spurte er auch so, und sie bereitete ihm Genugtuung. Auf dem Weg nach unten, von Allday gestutzt, dachte er an Keens unglaubigen Tonfall, als er ihm befohlen hatte, das Gefecht weiterzufuhren. In diesem Augenblick hatte er mehr als nur Zorn empfunden, mehr als die Schmerzen, die ihn fast geblendet hatten. Nein, es war Ha? gewesen. Etwas Wei?gluhendes, Gnadenloses, das ihn fast dazu bewogen hatte, eine weitere Breitseite zu befehlen. Der Feind war langst geschlagen gewesen, als ein Verzweifelter an einem Bootshaken die wei?e Flagge gehi?t hatte. Argwohnisch, fast furchtsam dachte er daruber nach. Also Ha?. Dieses Gefuhl war ihm bisher so fremd gewesen wie Feigheit.

Das Deck neigte sich, und als der Wind das neugesetzte Gro?bramsegel blahte, entfernte sich die Argonaute von dem sterbenden Schiff und den treibenden Uberlebenden. Zumindest sie wurden von den Spaniern gerettet werden.

Keen hatte Bolithos Gesicht beobachtet und die Wirkung seiner kaltschnauzigen Bemerkung auf die jungen Offiziere.

Er kannte seinen Admiral in fast jeder Situation und liebte ihn mehr als jeden anderen Mann. Aber manchmal war er ihm ein Fremder.

Tuson wischte sich die Finger an einem Lappen ab und musterte Bolitho streng.

«Wenn Sie so weitermachen, Sir Richard, kann ich Ihre Genesung nicht langer garantieren.»

Er rechnete mit einer scharfen Entgegnung, aber zu seinem Schrecken schien Bolitho uberhaupt nicht zugehort zu haben. Er war an die Heckfenster getreten und starrte apathisch ins glitzernde Kielwasser.

Durch das Schiff hallten Hammerschlage, und Taljen quietschten, als neues Tauwerk zu den Rahen hinaufgehievt wurde, um wahrend des Gefechts beschadigtes zu ersetzen.

Die Atmosphare an Bord war fast unbeschwert. Man hatte einen Sieg errungen. Funf Manner waren gefallen, zwei schwer verwundet. Den Rest hatte Tuson als leichtverletzt bezeichnet. Die Heftigkeit ihres Angriffs hat die Verluste niedriger gehalten, als Bolitho zu hoffen gewagt hatte. Er hatte Tusons Warnung verstanden; aber es war sinnlos, Einwande zu erheben.

Durch die dicke Scheibe sah er den dunstigen Umri? der Icarus, deren Gro?segel in der Mittagssonne fast wei? leuchtete. Rapid war voraus auf Station, und abgesehen von den Reparaturen und funf Seebestattungen wies nichts darauf hin, da? sie einen franzosischen Zweidecker versenkt hatten. Keen hatte festgestellt, da? der Name des Schiffes Calliope war, ehe die Karronade sein Heck zu Kleinholz gemacht hatte.

«Wenn ich Ihnen einen Rat geben darf, Sir…«fuhr Tu-son fort.

Bolitho schaute in seine Richtung.»Sie sind ein guter Arzt. Aber was konnen Sie mir schon raten? Beim Gehen verliere ich das Gleichgewicht wie ein betrunkener Matrose, und ich kann kaum einen Mann vom anderen unterscheiden. Was wollen Sie mir dagegen raten?»

«Trotz allem haben Sie ein Gefecht gewonnen, Sir.»

Bolitho wies nach oben zum Skylight.»Die Manner haben es gewonnen, nicht ich.»