Galeeren in der Ostsee: Konteradmiral Bolitho vor Kopenhagen - Kent Alexander. Страница 52

Als Bolitho das Haus am Cavendish Square erreichte, sah er davor zwei kraftige Pferde. Browne hatte offenbar eine Menge Freunde und galt viel bei ihnen.

In der Eingangshalle traf er auf ein gro?es Durcheinander. Browne war dabei, Allday zu beruhigen, und im Hintergrund heulte die Kochin, obwohl sie kaum wissen konnte, was das alles bedeutete.

Allday bat Bolitho flehentlich:»Sie konnen nicht ohne mich weg! Das ist nicht fair! Sie wissen, da? ich nicht reiten kann, Sir!«Er schaute verzweifelt zu Boden.»Es ist einfach nicht richtig. Mr. Browne ist ein guter Mann, Sir, aber er kennt Sie nicht so wie ich!»

Bolitho war von Alldays Verzweiflung tief bewegt.

«Ich mu? reiten, denn es geht so viel schneller. Sie folgen im Wagen.»

Allday hatte gar nicht zugehort. Er wandte sich flehentlich an Browne:»Halten Sie ihn davon ab, Sir. Ich kenne ihn schon so lange, er wird mit diesem Lumpen kampfen. «Er blickte wieder verzweifelt Bolitho an.»Mit Pistolen!»

Bolitho sagte:»Sie hatten ihm nichts erzahlen sollen.»

Browne antwortete ruhig:»Es schien mir notwendig, Sir.»

Allday trat zwischen sie.»Sie sind ein guter Sabelfechter, Sir, einer der besten, die ich je gesehen habe. «Er fa?te Bolithos Armel.»Aber Sie sind kein Pistolenschutze. Sie wurden kaum einen Mann auf drei?ig Schritt treffen und wissen das!»

Browne schaute bedeutungsvoll auf die Uhr.»Wenn wir unsere Pferde in Guildford wechseln wollen, Sir, mussen wir jetzt aufbrechen.»

Bolitho nickte.»Warten Sie auf mich.»

Er konnte Allday nicht einfach so zurucklassen. Dafur waren sie schon zu lange Zeit miteinander marschiert. Er sagte:»Hor zu, mein Freund. Wenn es eine andere Moglichkeit gabe, wurde ich sie wahrnehmen. Aber Adam wurde nur gekrankt, um durch ihn mich zu beleidigen. Wenn es nicht jetzt in England geschieht, dann woanders zu anderer Zeit. Das konnen wir nicht zulassen, oder?»

«Es ist nicht fair, Sir. Ich sollte wenigstens bei Ihnen sein.»

Bolitho beruhrte seinen Arm.»Das werden Sie immer sein. «Er ging hinaus in den Nieselregen, der zugenommen hatte, und kletterte in den Sattel.

Browne warf ihm einen fragenden Blick zu.»Alles klar, Sir?«»Aye. Wie weit ist es?»

Browne bemuhte sich, seine Besorgnis zu verbergen.»Etwas uber sechzig Meilen, Sir.»

«Dann wollen wir uns auf den Weg machen.»

Bolitho nickte dem Stallburschen zu, der darauf die Pferde freigab, und dachte an Alldays Worte: >Kein Pistolenschutze<. Aber welche Chance hatte Adam gegen einen versierten Killer gehabt?

Der Gedanke schien ihm zusatzliche Krafte zu verleihen, und er sagte bissig:»Wenn man ein feindliches Schiff bekampft, wei? man wenigstens, woher die Schusse kommen. Aber unter zivilisierten Menschen wei? man das nie so genau!»

Als das Wachboot energisch durch das kabbelige Wasser des Hafens von Portsmouth ruderte, mu?te Bolitho die Zahne zusammenbei?en, damit sie nicht vor Kalte klapperten. Der Ritt von London war wie ein Alptraum und scheinbar endlos gewesen. In kleinen Gasthofen hatten sie gerade so lange gerastet, um ein hei?es Getrank herunterzusturzen, wahrend mude Stallburschen die erschopften Pferde wegfuhrten und neue fur die nachste Wegstrecke sattelten.

Weiter ging es dann auf gewundenen Stra?en, beiderseits von Buschen gesaumt, wie von Gruppen geduckter Stra?enrauber. Kalter Wind und stechender Regen hatten die Sinne wachgehalten.

Jetzt war es fast Morgen, und in dem truben Dammerlicht sah Portsmouth unwirklich und wie ein Spukgebilde aus.

Der Bootssteurer legte Ruder und lenkte das Boot auf ein Ankerlicht zu, von dem Bolitho wu?te, da? es seinem Flaggschiff gehorte.

Browne hatte wahrend des anstrengenden Rittes sehr wenig gesagt und sich wortlos neben ihm auf den Hecksitz sinken lassen, als sei er zu mude zum Sprechen oder knoble an einem eigenen Plan herum.

Der Bootsoffizier befahl:»Zeigt die Laterne!«Es war ein Leutnant mit schrecklich entstelltem Gesicht, wohl dem Andenken von einem Seegefecht.

Der Bugmann drehte die Laterne auf und hielt sie uber seinen Kopf.

Bolitho stellte sich die schlafrigen Wachhabenden auf der Benbow vor, die Seesoldaten, die auf Vor- und Achterschiff Posten standen, und den Hollenlarm, der gleich ausbrechen wurde, wenn sie erkannten, da? er zuruckkam.

Uber das Wasser erscholl der uralte Anruf:»Boot ahoi?»

Der Bootssteurer fuhrte seine Hande als Sprachrohr an den Mund und geno? die Vorfreude auf das Chaos, das er gleich auslosen wurde.

«Flaggoffizier! Benbow!»

Bolitho sagte:»Ich hoffe zu Gott, da? Kapitan Herrick an Bord ist. «Er schamte sich gleich darauf, da? er daran gezweifelt hatte. Selbstverstandlich war Herrick da.

Wie ein steiler Berg erhob sich die Bordwand der Benbow uber ihnen, und daruber, wie mit Tusche auf den truben Himmel gezeichnet, ihre Masten und Rahen.

«Riemen hoch!»

Das Boot trieb die letzten Meter bis zur Kette der Gro?rusten; als Bolitho sich von seinem Platz erheben wollte, schrie er vor Schmerzen fast auf.

Browne flusterte ihm eifrig zu:»Lassen Sie mich Ihnen helfen, Sir.»

Bolitho schaute zur Einla?pforte hoch, wobei ihm der Schmerz den Blick zu vernebeln schien. Was hatte er anderes erwartet? Ein solcher Ritt reichte, um jede Wunde aufbrechen zu lassen. Doch die Uberzeugung, da? Eile dringend erforderlich war, hatte ihn Browne etwas vorlugen lassen. Er hatte seit mehreren Jahren nicht im Sattel gesessen, jedenfalls nicht solch lange Strecke.

Er sagte:»Nein, ich mu? das schaffen.»

Der Leutnant lupfte seinen Hut, und die Ruderer sa?en keuchend vor Erschopfung auf ihren Duchten und sahen zu, wie Bolitho langsam das Fallreep der Benbow hochkletterte.

Herrick war da, nur etwas zerzaust, als er eilends und voller Sorge nach vorn geeilt kam, um ihn zu empfangen.

Bolitho sagte heiser:»Spater, Thomas. Kommen Sie mit nach achtern!»

Aufgeregte Gestalten liefen umher und verschwanden wieder im

Halbdunkel. Leutnant Aggett hatte die verha?te Morgenwache. Vielleicht bedauerte er schon seine unerwartete Beforderung nach dem Tod des Sechsten Offiziers.

Andere waren da, aber Bolitho hatte nur den einen Gedanken, in seine Kajute zu gelangen und dort Zeit zum Nachdenken zu finden.

Der Posten vor seinen Raumen ging stampfend in >Hab-acht-Stellung<. Sein Uniformrock glanzte feuerrot im Licht der einsamen Laterne.

Bolitho humpelte an ihm vorbei.»Guten Morgen, Williams. «Er sah nicht mehr die Freude auf dem Gesicht des Mannes, da? er seinen Namen behalten hatte.

Ozzard war in der Kajute geschaftig dabei, Lampen anzuzunden, die Leben auf das grune Leder der Bezuge und die schweren Decksbalken zauberten.

Herrick starrte Bolitho an, als er in einen Stuhl sank, und keuchte:»Ziehen Sie mir die Stiefel aus, Ozzard!«Browne warnte ihn:»Vorsicht, Mann!»

Herrick gewahrte die breite Blutspur auf Bolithos Schenkel.»Allmachtiger Gott!»

Bolitho unterdruckte den Schmerz.»Schie?en Sie los, Thomas. Erzahlen Sie mir alles uber dieses verdammte Duell.»

Herrick sagte:»Alles, was ich wei?, habe ich Browne geschrieben. Ich war nicht sicher, wo Sie sich zur Zeit aufhielten. Aber die Relentless segelt mit der Morgentide. Pascoe wird dann au?er Gefahr sein.»

Er zuckte zusammen, als Bolitho plotzlich aufschrie.

«Ich lasse den Schiffsarzt kommen.»

«Spater. «Bolitho wandte sich an Ozzard.»Etwas zu trinken, bitte. Irgendwas, aber so schnell Sie konnen. «Dann wieder zu Herrick:»Wie hat Adam es aufgenommen?»

«Schlecht, Sir. Er redete von Ehrensache und von Ihrem Vertrauen, und da? er Ihnen wegen seines toten Vaters nur Schwierigkeiten bereite. «Herrick blickte finster drein, weil er die Sache nun leider aufruhren mu?te.»Ich habe schlie?lich meine Autoritat ausspielen mussen. Das war fast der schwerste Teil der ganzen Angelegenheit.»

Bolitho nickte.»Adam hat immer davon getraumt, eines Tages auf eine Fregatte kommandiert zu werden. Da? ihm nun die Freude daran auf diese Weise vergallt wurde, ist schade, aber Sie haben richtig gehandelt, Thomas. Kapitan Rowley Peel ist jung und ehrgeizig und hat sich als Soldat bewahrt. Au?erdem ist er fur mich ein Fremder, also wird er Adam nicht meinetwegen bevorzugen. Der liebe Inch wurde behaupten, Wei? sei Schwarz, wenn er glaubte, mir damit einen Gefallen zu tun. Und Sie ubrigens auch.»