Kanonenfutter - Leutnant Bolithos Handstreich in Rio - Kent Alexander. Страница 43

Bolitho fuhlte sich seltsamerweise enttauscht.»Haben Sie Mr. Eg-mont denn nicht aus Liebe geheiratet?»

«Aus Liebe?«Sie schuttelte den Kopf.»Ich finde Manner nicht sehr anziehend, mussen Sie wissen. Darum war ich mit allem, was er fur mich arrangierte, einverstanden. Ich glaube, er braucht mich ebenso als Dekoration wie seine anderen schonen Besitztumer. «Sie offnete den Schal, den sie an Deck trug.»Wie diesen Vogel, verstehen Sie?»

Bolitho sah den zweikopfigen Vogel mit den rubinbesetzten Schwanzfedern, den sie bei dem Fest in Rio getragen hatte.

Leidenschaftlich und unvermittelt stie? er hervor:»Ich liebe Sie!»

Sie versuchte zu lachen, aber es gelang ihr nicht. Stattdessen seufzte sie:»Ich habe den Verdacht, da? Sie sogar noch weniger uber die

Liebe wissen als ich. «Sie hob die Hand und strich uber sein Gesicht.»Aber Sie meinen es ernst. Tut mir leid, wenn ich Sie verletzt habe.»

Bolitho ergriff ihre Hand und pre?te sie fest an seine Wange. Sie hatte ihn nicht verlacht ode r wegen seines plumpen Gestandnisses verhohnt. Er sagte:»Man wird Sie bald in Frieden lassen.»

Wieder seufzte sie.»Damit Sie als wackerer Ritter auf Ihrem Schlachtro? kommen und mich retten konnen? Solche Dinge traumte ich als Kind. Aber nun denke ich als Frau. «Sie zog seine Hand hinab und druckte sie gegen ihre Brust, soda? ihm die Warme des edelsteinbesetzten Vogels vorkam wie ein Stuck von ihr selbst.»Fuhlen Sie etwas?«Sie beobachtete ihn gespannt. Er spurte den heftigen Schlag ihres Herzens, der dem seinen gleichkam, fuhlte ihre weiche Haut und die feste Wolbung ihrer Brust.

«Ich bin kein Kind mehr. «Sie wollte sich abwenden, doch als er sie festhielt, sagte sie:»Was soll daraus werden? Wir sind nicht allein auf der Welt. Wenn mein Mann argwohnt, da? ich ihn betruge, wird er sich weigern, Ihrem Kommandanten zu helfen. «Sie legte die Fingerspitzen auf seine Lippen.»Horen Sie mir gut zu, Richard. Wissen Sie, was das bedeutet? Mein Mann wurde in ein englisches Gefangnis geworfen und abgeurteilt, wenn nicht gar hingerichtet. Ich als seine Frau wurde vielleicht ebenfalls eingesperrt oder mittellos mir selber uberlassen, um auf einen weiteren portugiesischen Handler oder auf Schlimmeres zu warten. «Sie zogerte, bis er sie loslie?, und flusterte dann:»Aber glauben Sie nicht, ich wollte oder konnte Sie nicht lieben!»

Stimmen waren an Deck zu horen, ein Bootsmannsmaat verlas die Namen der neuen Wache, die gleich nach achtern kommen und Bo-lithos Leute ablosen wurde.

In diesen wenigen Sekunden ha?te Bolitho seinen Dienst aus vollem Herzen. Er stie? hervor:»Ich mu? Sie wiedersehen!»

Sie ging schon zur anderen Seite, ihre schlanke Gestalt hob sich wie ein Geist von dem dunklen Wasser ab.

«Dreitausend Meilen sagten Sie, Leutnant? Das ist eine sehr lange Fahrt. Jeder Tag wird eine Qual werden. «Sie zogerte und schaute zu ihm zuruck.»Fur uns beide.»

Rhodes kam den Niedergang herauf und trat beiseite, um Mrs. Eg-mont vorbeizulassen. Er nickte Bolitho zu und sagte:»Eine wirkliche

Schonheit. «Er bemerkte Bolithos Stimmung und ahnte, da? es eine scharfe Erwiderung geben wurde, wenn er weitere Bemerkungen uber sie machte. Entschuldigend sagte er:»Das war blod von mir.»

Bolitho zog ihn zur Seite, ungeachtet der Wache, die an der Achterdecksreling antrat.

«Ich bin verzweifelt, Stephen, und kann es sonst niemandem sagen. Es macht mich noch verruckt.»

Rhodes war von Bolithos Offenheit und der Tatsache, da? er sein Geheimnis mit ihm teilte, tief bewegt.

Er sagte:»Wir werden uns etwas ausdenken. «Das klang angesichts der Verzweiflung seines Freundes so wenig uberzeugend, da? er hinzufugte:»Bevor wir Saint Christopher erreichen, kann eine Menge passieren.»

Der Steuermannsmaat tippte an seinen Hut:»Wache hat gewechselt,

Sir.»

Bolitho ging zum Niedergang. Auf der ersten Stufe hielt er an. Au-roras Parfum hing noch in der Luft. Oder haftete es an seinem Uniformrock? Laut sagte er vor sich hin:»Was kann ich blo? tun?»

Doch die einzige Antwort kam von der See und dem Rumpeln des Ruders unter Dumaresqs Kajute.

Die erste Woche Fahrt verging recht schnell mit einigen heftigen Boen, welche die Manner in Bewegung hielten und die brennende Hitze vertrieben.

Es ging hinauf zum Kap Branco und dann mit Kurs Nordwest zu den Westindischen Inseln. Langere Perioden leichter Winde wechselten mit Flauten, in denen die Boote ausgesetzt wurden und das anstrengende Pullen des Schiffes begann.

Trinkwasser wurde immer knapper, und da keine Aussicht auf Regen oder baldige Landberuhrung bestand, wurde es rationiert. Nach einer weiteren Woche wurden die Rationen sogar auf einen knappen Liter pro Mann und Tag verringert.

Wahrend seiner Tageswachen unter der brennenden Sonne sah Bo-litho sehr wenig von Egmonts Frau. Er sagte sich, da? dies nur zu ihrem und auch seinem Besten sei. Es gab ohnedies Aufregungen genug: Ausbruche von Ungehorsam, die von den Maaten mit Faustschlagen und Tritten oder dem Gebrauch des Tauendes unterdruckt wurden. Aber Dumaresq verzichtete auf Auspeitschungen, und Bolitho fragte sich nach dem Grund: War er nur darauf aus, moglichst Frieden zu wahren, oder geschah es der Passagiere wegen?

Auch Bulkley zeigte sich besorgt: Drei Mann waren mit Skorbut zusammengebrochen. Trotz seiner Vorsorge und der taglichen Ausgabe von Fruchtsaft hatte er es nicht verhindern konnen.

Einmal, als sich Bolitho im Schatten des gro?en Besansegels aufhielt, hatte er Dumaresqs Stimme durch das Skylight der Kajute gehort. Er wies Bulkleys dringende Bitte zuruck und beschuldigte ihn, keine besseren Vorsichtsma?nahmen fur seine kranken Matrosen getroffen zu haben.

Bulkley hatte offensichtlich die Seekarte studiert, denn er protestierte:»Warum laufen wir nicht Barbados an, Sir? Wir konnten drau?en vor Bridgetown ankern und dafur sorgen, da? uns Trinkwasser gebracht wird. Was wir jetzt noch haben, ist voll ekligem Getier, und wenn Sie darauf bestehen, so weiterzusegeln, kann ich die Verantwortung fur die Gesundheit der Manner nicht langer tragen.»

«Verflucht noch mal, Sir! Ich werde Ihnen sagen, wer hier Verantwortung tragt: ich! Und ich werde nicht nach Barbados segeln und vor aller Welt ausposaunen, was wir vorhaben. Halten Sie sich an Ihre Aufgabe, ich halte mich an meine!»

Damit war die Unterredung beendet.

Siebzehn Tage, nachdem sie sich von der Rosario getrennt hatten, fand der Wind sie wieder. Unter vollen Segeln — sogar die Leesegel wurden ausgebracht — kam die Destiny wieder so in Fahrt, wie es sich fur das Vollschiff, das sie war, gehorte.

Aber vielleicht war es schon zu spat, um eine Explosion an Bord zu verhindern. Slade, der Steuermannsmaat, der immer noch spurte, da? Palliser ihn verachtete, und wu?te, da? der Erste Offizier ihm bei jeder Aussicht auf Beforderung im Wege stehen, wenn nicht gar sie zunichte machen wurde, beschimpfte Midshipman Merrett, weil er die Mittagsposition des Schiffes falsch berechnet hatte. Merrett hatte seine anfangliche Angstlichkeit uberwunden, aber er war erst zwolf Jahre alt; vor allen Leuten, die beiden Ruderganger eingeschlossen, derart heruntergeputzt zu werden, war zu viel fur ihn. Er brach in Tranen aus.

Rhodes war wachhabender Offizier und hatte eingreifen konnen. Statt dessen blieb er auf der Luvseite des Achterdecks, den Hut gegen die Sonne schief auf dem Kopf und taub gegen Merretts Ausbruch. Bolitho beaufsichtigte unten am Gro?mast seine Toppsgasten, die einen neuen Block an der Obermarsrah einschoren. Er horte das meiste mit an.

Stockdale neben ihm murmelte:»Es ist wie in einem uberfullten Wagen, Sir. Irgendwas mu? passieren.»

Merrett lie? den Hut fallen und wischte sich die Augen mit dem Handrucken. Ein Matrose hob den Hut auf und gab ihn zuruck, wobei er Slade einen wutenden Blick zuwarf.

Slade schrie ihn an:»Wie konnen Sie es wagen, sich in eine Angelegenheit zwischen Vorgesetzten einzumischen?»