Harry Potter und der Gefangene von Askaban - Rowling Joanne Kathleen. Страница 46

»Das hilft uns vielleicht weiter, seht mal – im Jahr 1296 hat ein Mantikor jemanden zerfleischt und sie haben ihn freigelassen – oh – nein, das war nur, weil sie alle zu viel Angst hatten und keiner sich in seine Nahe traute…«

Unterdessen war das Schlo? wie immer herrlich weihnachtlich geschmuckt worden, auch wenn kaum Schuler dageblieben waren, die sich daruber freuen konnten. Dicke Buschel aus Stechpalmenzweigen und Misteln zogen sich die Korridore entlang, aus den Rustungen leuchteten geheimnisvolle Lichter und in der Gro?en Halle prangten die ublichen zwolf Weihnachtsbaume, an denen goldene Sterne glitzerten. Ein uberwaltigender und leckerer Geruch aus den Kuchen wehte durch die Korridore und am Weihnachtsabend war er so stark geworden, da? selbst Kratze die Nase aus Rons schutzender Tasche herausstreckte und hoffnungsvoll schnupperte.

Am Weihnachtsmorgen weckte Ron Harry, indem er ihm ein Kissen an den Kopf warf.

»Hallo! Geschenke!«

Harry tastete nach seiner Brille und setzte sie auf, dann schaute er durch das Halbdunkel zum Bettende, wo ein kleiner Haufen Packchen lag. Ron war schon dabei, das Papier von seinen Geschenken zu rei?en.

»Noch ein Pulli von Mum… wieder kastanienbraun sieh nach, ob du auch einen hast.«

Harry hatte. Mrs Weasley hatte ihm einen scharlachroten Pulli geschickt, den Gryffindor-Lowen auf die Brust gestickt, zusammen mit einem Dutzend selbst gebackener Pfefferminztortchen, einem Stuck Weihnachtskuchen und einer Schachtel Nu?krokant. Als er all diese Sachen beiseite schob, sah er ein langes, schmales Paket darunter liegen.

»Was ist das?«, fragte Ron, der mit einem frisch ausgepackten Paar kastanienbrauner Socken in der Hand zu ihm herubersah.

»Keine Ahnung…«

Harry ri? das Packchen auf und erstarrte mit offenem Mund, als ein schimmernder Besen auf seine Bettdecke rollte. Ron lie? die Socken fallen und sprang vom Bett, um sich die Sache naher anzusehen.

»Ich fa? es nicht«, sagte er mit rauher Stimme.

Es war ein Feuerblitz, der gleiche wie der Traumbesen, den sich Harry Tag fur Tag in der Winkelgasse angesehen hatte. Der Stiel glanzte, als er ihn hochhielt. Er spurte ihn vibrieren und lie? ihn los; er blieb mitten in der Luft schweben, ohne Halt, auf genau der richtigen Hohe, um ihn besteigen zu konnen. Harrys Augen wanderten von der goldenen Seriennummer an der Spitze des Stiels hinuber zu den vollkommen glatten, stromlinienformig gestutzten Birkenzweigen, die den Schweif bildeten.

»Wer hat dir den geschickt?«, fragte Ron mit andachtiger Stimme.

»Schau nach, ob irgendwo eine Karte rumliegt«, sagte Harry.

Ron zerri? die Verpackung des Feuerblitzes.

»Nichts! Meine Gute, wer sollte denn so viel Gold fur dich ausgeben?«

»Nun«, sagte Harry vollig verdutzt,»ich wette jedenfalls, da? es nicht die Dursleys waren.«

»Ich wette, es war Dumbledore«, sagte Ron, der jetzt Runde um Runde um den Feuerblitz drehte und jeden herrlichen Zentimeter genu?lich betrachtete.»Er hat dir auch den Tarnumhang anonym geschickt…«

»Der gehorte allerdings meinem Dad«, sagte Harry.»Dumbledore hat ihn nur an mich weitergegeben. Er wurde keine funfhundert Galleonen fur mich ausgeben. Das kann er einfach nicht machen, seinen Schulern solche Sachen schenken -«

»Deshalb sagt er ja nicht, da? es von ihm ist!«, sagte Ron,»damit so 'n Dodel wie Malfoy nicht sagen kann, er wurde dich bevorzugen. Hei, Harry -«, Ron lachte schallend auf,»Malfoy! Warte, bis er dich auf dem Besen sieht! Dem wird speiubel werden! Dieser Besen ist nach internationalem Standard gebaut, sag ich dir!«

»Ich kann's einfach nicht glauben«, murmelte Harry und fuhr mit der Hand uber den Feuerblitz, wahrend Ron auf Harrys Bett sank und sich dumm und dusselig lachte beim Gedanken an Malfoy.»Wer -?«

»Ich wei?«, sagte Ron und gab sich einen Ruck.»Ich wei?, wer es sein konnte – Lupin!«

»Was?«, sagte Harry und fing jetzt selbst an zu lachen.»Lupin? Hor mal, wenn der so viel Gold hatte, konnte er sich doch einen neuen Umhang zulegen.«

»Ja, schon, aber er mag dich«, sagte Ron.»Und er war nicht da, als dein Nimbus zu Bruch ging, und hat vielleicht davon gehort und beschlossen, dir in der Winkelgasse den Besen zu -«

»Was meinst du damit, er war nicht da?«, sagte Harry.»Er war krank, als wir dieses Spiel hatten.«

Jedenfalls war er nicht im Krankenflugel«, sagte Ron.»Ich war namlich da und hab die Bettpfannen geputzt, du wei?t doch, diese Strafarbeit von Snape?«

Harry sah Ron stirnrunzelnd an.

»Ich glaub nicht, da? Lupin sich so etwas leisten kann.«

»Woruber lacht ihr beide denn?«

Hermine war in ihrem Morgenmantel und mit Krummbein auf dem Arm hereingekommen. Der Kater schien uber sein Halsband aus Lametta nicht gerade erfreut und schaute grantig aus den Augen.

»Bring ihn blo? nicht hier rein!«, sagte Ron, wuhlte rasch in den Untiefen seines Bettes nach Kratze und verstaute ihn in seiner Schlafanzugjacke. Doch Hermine achtete nicht auf ihn. Sie lie? Krummbein auf das leere Bett von Seamus fallen und starrte mit offenem Mund auf den Feuerblitz.

»O Harry! Wer hat dir den denn geschenkt?«

»Keine Ahnung«, sagte Harry.»War keine Karte oder so was dabei.«

Zu seiner gro?en Verwunderung schien Hermine von dieser Mitteilung weder besonders uberrascht noch begeistert. Im Gegenteil, sie zog eine Schnute und bi? sich auf die Lippen.

»Was ist los mit dir?«, fragte Ron.

»Ich wei? nicht«, sagte sie langsam,»aber es ist ein wenig merkwurdig, oder? Das ist doch angeblich ein ziemlich guter Besen, oder?«

Ron seufzte ungehalten.

»Das ist der beste Besen, den es gibt, Hermine«, sagte er.

»Also mu? er ziemlich teuer gewesen sein…«

»Hat wahrscheinlich mehr gekostet als alle Besen der Slytherins zusammen«, sagte Ron ausgelassen.

»Na also… wer wurde Harry etwas so Teures schicken und nicht einmal seinen Namen verraten?«, sagte Hermine.

»Wen kummert das?«, sagte Ron ungeduldig.»Hor mal, Harry, kann ich ihn kurz ausfliegen?«

»Ich glaube nicht, da? einer von euch gerade jetzt mit diesem Besen fliegen sollte!«, sagte Hermine schrill.

Harry und Ron starrten sie an.

»Was, glaubst du, soll Harry damit anfangen – den Boden fegen?«, sagte Ron.

Doch bevor Hermine antworten konnte, sprang Krummbein von Seamus' Bett heruber und warf sich mit ausgefahrenen Krallen auf Rons Brust.

»Schmei? – das – Biest – hier – raus!«, brullte Ron, wahrend Krummbein seinen Schlafanzug zerfetzte und Kratze einen verzweifelten Fluchtversuch uber seine Schultern unternahm. Ron packte Kratze am Schwanz und trat mit dem Fu? nach Krummbein, jedoch vergeblich, denn er traf nur den Koffer am Fu? von Harrys Bett. Der Koffer kippte um und Ron hopste jaulend vor Schmerz auf einem Fu? durch das Zimmer.

Plotzlich straubte sich Krummbeins Fell. Ein schrilles, blechernes Pfeifen erfullte den Raum. Das Taschenspickoskop war aus Onkel Vernons alten Socken gekullert und lag jetzt surrend und blitzend auf dem Boden.

»Das hab ich ganz vergessen!«, sagte Harry, buckte sich und hob das Spickoskop auf»Diese Socken trag ich moglichst nie…«

Das Spickoskop surrte und pfiff in seiner Hand. Krummbein starrte es fauchend und knurrend an.

Ron sa? auf Harrys Bett und rieb sich den Zeh.»Den Kater bringst du jetzt besser raus, Hermine«, sagte er wutend.»Kannst du dieses Ding nicht abstellen?«, fugte er an Harry gewandt hinzu, wahrend Hermine mit Krummbein, dessen gelbe Augen immer noch heimtuckisch auf Ron gerichtet waren, mit erhobenem Haupt hinausmarschierte.

Harry stopfte das Spickoskop zuruck in die Socken und warf es in seinen Koffer. Alles, was sie jetzt noch horen konnten, waren Rons gestohnte Schmerzens- und Wutbekundungen. Kratze rollte sich in Rons Handen ein. Harry hatte die Ratte schon eine ganze Weile nicht mehr gesehen, und er war unangenehm uberrascht, da? sie, einst so fett, jetzt ganz abgemagert war; auch schienen ihr ganze Buschel Fell ausgefallen zu sein.