Сиддхартха (На немецком языке) - Гессе Герман. Страница 17
Wunderbar fXhlte er in seiner Brust die Freude wallen.
Woher denn, fragte er sein Herz, woher hast du diese FrXhlichkeit? Kommt sie wohl aus diesem langen, guten Schlafe her, der mir so sehr wohlgetan hat? Oder von dem Worte Om, das ich aussprach? Oder davon, dass ich entronnen bin, dass meine Flucht vollzogen ist, dass ich endlich wieder frei bin und wie ein Kind unter dem Himmel stehe? O wie gut ist dies Geflohensein, dies Freigewordensein! Wie rein und schXn ist hier die Luft, wie gut zu atmen! Dort, von wo ich entlief, dort roch alles nach Salbe, nach GewXrzen, nach Wein, nach Xberfluss, nach TrXgheit. Wie hasste ich diese Welt der Reichen, der Schlemmer, der Spieler! Wie habe ich mich selbst gehasst, dass ich so lang in dieser schrecklichen Welt geblieben bin! Wie habe ich mich gehasst, habe mich beraubt, vergiftet, gepeinigt, habe mich alt und bXse gemacht! Nein, nie mehr werde ich, wie ich es einst so gerne tat, mir einbilden, dass Siddhartha weise sei! Dies aber habe ich gut gemacht, dies gefXllt mir, dies muss ich loben, dass es nun ein Ende hat mit jenem Hass gegen mich selber, mit jenem tXrichten und Xden Leben! Ich lobe dich, Siddharta, nach so viel Jahren der Torheit hast du wieder einmal einen Einfall gehabt, hast etwas getan, hast den Vogel in deiner Brust singen hXren und bist ihm gefolgt!
So lobte er sich, hatte Freude an sich, hXrte neugierig seinem Magen zu, der vor Hunger knurrte. Ein StXck Leid, ein StXck Elend hatte er nun, so fXhlte er, in diesen letzten Zeiten und Tagen ganz und gar durchgekostet und ausgespien, bis zur Verzweiflung und bis zum Tode ausgefressen. So war es gut. Lange noch hXtte er bei Kamaswami bleiben kXnnen, Geld erwerben, Geld vergeuden, seinen Bauch mXsten und seine Seele verdursten lassen, lange noch hXtte er in dieser sanften, wohlgepolsterten HXlle wohnen kXnnen, wXre dies nicht gekommen: der Augenblick der vollkommenen Trostlosigkeit und Verzweiflung, jener XuXerste Augenblick, da er Xber dem strXmenden Wasser hing und bereit war, sich zu vernichten. Dass er diese Verzweiflung, diesen tiefsten Ekel gefXhlt hatte, und dass er ihm nicht erlegen war, dass der Vogel, die frohe Quelle und Stimme in ihm doch noch lebendig war, darXber fXhlte er diese Freude, darXber lachte er, darXber strahlte sein Gesicht unter den ergrauten Haaren.
"Es ist gut," dachte er, "alles selber zu kosten, was man zu wissen nXtig hat. Dass Weltlust und Reichtum nicht vom Guten sind, habe ich schon als Kind gelernt. Gewusst habe ich es lange, erlebt habe ich es erst jetzt. Und nun weiX ich es, weiX es nicht nur mit dem GedXchtnis, sondern mit meinen Augen, mit meinem Herzen, mit meinem Magen. Wohl mir, dass ich es weiX!"
Lange sann er nach Xber seine Verwandlung, lauschte dem Vogel, wie er vor Freude sang. War nicht dieser Vogel in ihm gestorben, hatte er nicht seinen Tod gefXhlt? Nein, etwas anderes in ihm war gestorben, etwas, das schon, lange sich nach Sterben gesehnt hatte. War es nicht das, was er einst in seinen glXhenden BXerjahren hatte abtXten wollen? War es nicht sein Ich, sein kleines, banges und stolzes Ich, mit dem er so viele Jahre gekXmpft hatte, das ihn immer wieder besiegt hatte, das nach jeder AbtXtung wieder da war, Freude verbot, Furcht empfand? War es nicht dies, was heute endlich seinen Tod gefunden hatte, hier im Walde an diesem lieblichen Flusse? War es nicht dieses Todes wegen, dass er jetzt wie ein Kind war, so voll Vertrauen, so ohne Furcht, so voll Freude?
Nun auch ahnte Siddhartha, warum er als Brahmane, als BXer vergeblich mit diesem Ich gekXmpft hatte. Zu viel Wissen hatte ihn gehindert, zu viel heilige Verse, zu viel Opferregeln, zu viel Kasteiung, zu viel Tun und Streben! Voll Hochmut war er gewesen, immer der KlXgste, immer der Eifrigste, immer allen um einen Schritt voran, immer der Wissende und Geistige, immer der Priester oder Weise. In dies Priestertum, in diesen Hochmut, in diese Geistigkeit hinein hatte sein Ich sich verkrochen, dort saX es fest und wuchs, wXhrend er es mit Fasten und BuXe zu tXten meinte. Nun sah er es, und sah, dass die heimliche Stimme Recht gehabt hatte, dass kein Lehrer ihn je hXtte erlXsen kXnnen. Darum hatte er in die Welt gehen mXssen, sich an Lust und Macht, an Weib und Geld verlieren mXssen, hatte ein HXndler, ein WXrfelspieler, Trinker und Habgieriger werden mXssen, bis der Priester und Samana in ihm tot war. Darum hatte er weiter diese hXlichen Jahre ertragen mXssen, den Ekel ertragen, die Lehre, die Sinnlosigkeit eines Xden und verlorenen Lebens, bis zum Ende, bis zur bittern Verzweiflung, bis auch der LXstling Siddhartha, der Habgierige Siddhartha sterben konnte. Er war gestorben, ein neuer Siddhartha war aus dem Schlaf erwacht. Auch er wXrde alt werden, auch er wXrde einst sterben mXssen, vergXnglich war Siddhartha, vergXnglich war jede Gestaltung. Heute aber war er jung, war ein Kind, der neue Siddhartha, und war voll Freude.
Diese Gedanken dachte er, lauschte lXchelnd auf seinen Magen, hXrte dankbar einer summenden Biene zu. Heiter blickte er in den strXmenden Fluss, nie hatte ihm ein Wasser so wohl gefallen wie dieses, nie hatte er Stimme und Gleichnis des ziehenden Wassers so stark und schXn vernommen. Ihm schien, es habe der Fluss ihm etwas Besonderes zu sagen, etwas, das er noch nicht wisse, das noch auf ihn warte. In diesem Fluss hatte sich Siddhartha ertrXnken wollen, in ihm war der alte, mXde, verzweifelte Siddhartha heute ertrunken. Der neue Siddhartha aber fXhlte eine tiefe Liebe zu diesem strXmenden Wasser, und beschloss bei sich, es nicht so bald wieder zu verlassen.
DER FXHRMANN
An diesem Fluss will ich bleiben, dachte Siddhartha, es ist der selbe, Xber den ich einstmals auf dem Wege zu den Kindermenschen gekommen bin, ein freundlicher FXhrmann hat mich damals gefXhrt, zu ihm will ich gehen, von seiner HXtte aus fXhrte mich einst mein Wegin ein neues Leben, das nun alt geworden und tot ist X mXge auch mein jetziger Weg, mein jetziges neues Leben dort seinen Ausgang nehmen!
ZXrtlich blickte er in das strXmende Wasser, in das durchsichtige GrXn, in die kristallenen Linien seiner geheimnisreichen Zeichnung. Lichte Perlen sah er aus der Tiefe steigen, stille Luftblasen auf dem Spiegel schwimmen, HimmelsblXue darin abgebildet. Mit tausend Augen blickte der Fluss ihn an, mit grXnen, mit weiXen, mit kristallnen, mit himmelblauen. Wie liebte er dies Wasser, wie entzXckte es ihn, wie war er ihm dankbar! Im Herzen hXrte er die Stimme sprechen, die neu erwachte, und sie sagte ihm: Liebe dies Wasser! Bleibe bei ihm! Lerne von ihm! O ja, er wollte von ihm lernen, er wollte ihm zuhXren. Wer dies Wasser und seine Geheimnisse verstXnde, so schien ihm, der wXrde auch viel anderes verstehen, viele Geheimnisse, alle Geheimnisse.
Von den Geheimnissen des Flusses aber sah er heute nur eines, das ergriff seine Seele. Er sah: dies Wasser lief und lief, immerzu lief es, und war doch immer da, war immer und allezeit dasselbe und doch jeden Augenblick neu! O wer dies fasste, dies verstXnde! Er verstand und fasste es nicht, fXhlte nur Ahnung sich regen, ferne Erinnerung, gXttliche Stimmen.
Siddhartha erhob sich, unertrXglich wurde das Treiben des Hungers in seinem Leibe. Hingenommen wanderte er weiter, den Uferpfad hinan, dem Strom entgegen, lauschte auf die StrXmung, lauschte auf den knurrenden Hunger in seinem Leibe.
Als er die FXhre erreichte, lag eben das Boot bereit, und derselbe FXhrmann, welcher einst den jungen Samana Xber den Fluss gesetzt hatte, stand im Boot, Siddhartha erkannte ihn wieder, auch er war stark gealtert.
"Willst du mich Xbersetzen?" fragte er.
Der FXhrmann, erstaunt, einen so vornehmen Mann allein und zu FuXe wandern zu sehen, nahm ihn ins Boot und stieX ab.
"Ein schXnes Leben hast du dir erwXhlt," sprach der Gast. "SchXn muss es sein, jeden Tag an diesem Wasser zu leben und auf ihm zu fahren."