Mauern aus Holz, Manner aus Eisen: Admiral Bolitho am Kap der Entscheidung - Kent Alexander. Страница 43
«Die Korvette, Sir!«meldete Jenour.»Sie greift uns an.»
«Danke, ich seh's. Melden Sie's der Steuerbordbatterie und auch den Seesoldaten. Niemand wird dieses Schiff entern. Mein Befehl gilt: niemand!»
Jenour gab den Befehl weiter an einen Gehilfen des Bootsmannes. Er hatte einen Bolitho gesehen, den er bisher nicht kannte: einen Mann ohne Furcht, ohne Ha?, aber auch ohne Hoffnung. Jetzt suchte Bolithos Blick in den Rauchschwaden seinen Bootssteurer Allday. Jenour sah, wie die beiden einander zulachelten, als die Kanonen feuerten. Wie zwei uralte Freunde, die wu?ten, was kam, ohne sich davor zu furchten.
Bolitho hatte Jenours Erstaunen bemerkt, verga? es aber sofort. Die Kanonen fingen sich beim Rucksto? in ihren Brocktauen. Wie Besessene sturzten sich die Kanoniere uber sie, wischten die rauchenden Rohre aus, rammten Pulverladungen hinein und schlie?lich die bosartig glanzenden Kugeln. Pulverrauch hatte ihre nackten Rucken geschwarzt, und trotz des scharfen Windes schnitt Schwei? dunne Rinnsale in den Schmutz.
Blut farbte das Deck, das von den franzosischen Kanonenkugeln tiefe Risse davongetragen hatte. Einer der riesigen Achtzehnpfunder war umgesturzt und hatte einen Mann unter sich begraben. Seine Haut rauchte noch unter dem gluhend hei?en Lauf. Andere Tote waren zur Seite gezerrt worden, um Platz fur die Pulverjungen zu machen, die von Kanone zu Kanone hetzen und ihre Kartuschen fallen lie?en, ohne nach links und rechts zu sehen. Zwei Korper, die fliegende Metallsplitter so zugerichtet hatten, da? nichts an ihnen mehr an einen Menschen erinnerte, wurden uber die Netze gehoben und ins Wasser geworfen. Ihre Bestattung war ebenso brutal wie der Tod im Gefecht. Im Teleskop beobachtete Bolitho die andere Fregatte. Sie war bestimmt so oft getroffen worden wie die Truculent, aber sie scho? immer noch. Bolitho spurte die Einschlage unter sich im Rumpf. Dazwischen horte er das Arbeiten der Pumpen. Wenn Poland noch lebte, hatte er jetzt sicher einem seiner Offiziere befohlen, fur noch schnelleres Lenzen zu sorgen.
Auf dem Achterdeck seines Gegners entdeckte Bolitho im Glas den franzosischen Kommandanten, der ihn selber mit dem Teleskop beobachtete. Er bewegte das Glas und sah druben am Ruder Tote und Sterbende. Williams Breitseiten hatten also furchterliche Ernte gehalten. Doch die Truculent mu?te weiterfeuern, die Fregatte manovrier- oder kampfunfahig machen, damit sie nicht selber zusammengeschossen wurde.
Er senkte das Glas und rief Williams zu:»Zielen Sie hinter ihren Gro?mast! Feuern in der Aufwartsbewegung!»
Einschlage ubertonten seine Worte, aber ein Unteroffizier hatte sie verstanden und rannte mit dem Befehl nach vorn. Mit gefletschten Zahnen gru?te Williams bestatigend. Rechnete er damit, das Kommando zu ubernehmen? Hatte er Furcht vor dem Tod? Bolitho wu?te wenig von diesem Mann da vorn im feindlichen Feuer.
Stucke des Schanzkleids surrten durch die Luft und wirbelten angesengte, aufgeschlitzte Hangematten wie kopflose Korper ubers Deck. Metall schlug gegen eine Kanone, Manner daran brachen zusammen und wanden sich zuckend in ihrem eigenen Blut. Der junge Midshipman neben Williams wurde mit weggerissenem Gesicht beiseitegeschleudert.
Bolitho dachte an die Grabsteine auf dem Friedhof von Falmouth. Fur den jungen Midshipman wurde man sicher auch einen errichten, wenn die Nachricht von seinem Tod in England eintraf: gefallen fur Konig und Vaterland. Wie wurden es seine Angehorigen aufnehmen?
«In der Aufwartsbewegung!«Die Kanonen brullten, Bolitho wurde fast von den Fu?en geschleudert. Spieren regneten aus dem Kreuzmast des Franzosen, ein weiteres Marssegel flog in Fetzen davon. Aber seine Flagge wehte noch, der Kampf ging weiter.
«Sie kommt naher, Sir Richard!«schrie Leutnant Munro. Bolitho nickte und zuckte zusammen, als eine Kugel einen Seesoldaten in zwei Teile ri?. Er hatte den Niedergang bewacht, der unter Deck fuhrte. Midshipman Fellowes stopfte sich die Faust in den Mund, um nicht zu erbrechen oder nicht zu schreien — beides ware verstandlich gewesen.
Munro senkte sein Glas.»Die andere Fregatte treibt, aber sie kappen die Trummer.»
«Ja. Wir mussen die hier erledigen, ehe sie wieder in den Kampf eingreifen kann.»
Es krachte laut hinter ihnen. Splitter heulten durch die Luft und schlugen ins Holz. Etwas traf Bolithos linke Epaulette und ri? sie fort. Sie fiel an Deck wie ein verachtlich weggeworfenes Taschentuch. Nur einen Fu? tiefer, und der Eisensplitter hatte sein Herz durchschlagen. Er streckte stutzend die Arme aus, als Munro gegen die Reling sank, eine Hand unter der Jacke. Helles Blut stromte darunter auf seine wei?e Weste und seine wei?en Breeches. Allday fing Munro auf und legte ihn sanft auf das Deck.
«La? den Arzt kommen!«befahl Bolitho.
Der Leutnant starrte mit weitgeoffneten Augen in den leeren blauen Himmel, als begreife er nicht, was geschah.
«Nein, Sir, bitte nicht. «Er keuchte, als der Schmerz kam, Blut lief ihm aus einem Mundwinkel.»Ich will in Ruhe sterben.»
Allday stand auf und sagte heiser:»Keine Chance, Sir Richard. Glatt durchschossen!»
Jemand rief um Hilfe, ein anderer schrie auf vor Schmerz, als wieder Kugeln in den Rumpf schlugen. Bolitho fuhlte sich wie gelahmt. Das alles war wie damals auf der Hyperion. Wie damals hielt er die Hand eines Sterbenden, der erstickt stammelte:»Warum ich?»
«Ich bin ja da, Mr. Munro«, sagte Bolitho.»Gleich geht es Ihnen besser.»
Munros Augen wurden gro?, dann wich alles Verstehen aus ihnen.
Hull, der Master, der mit Wind und Ruder sein eigenes Gefecht gefuhrt hatte, rief:»Korvette nimmt Fregatte in Schlepp, Sir!»
Bolitho erhob sich.»Warum denn das?«Er stellte die Scharfe seines Glases nach.
Hinter Rauchfahnen entdeckte er die beiden Schiffe. Ein Beiboot brachte die Schlepptrosse zur Fregatte. An einer Rah der Korvette wehten Signalflaggen aus, und als er sich umdrehte, sah er Signalflaggen auch uber den Mundungsblitzen der kampfenden Fregatte. Dieser Kommandant gab den Kampf bestimmt nicht auf, warum also schleppte die Korvette das gro?e Schiff aus dem Feuerbereich? Das war doch unsinnig.
Die Rahen des Franzosen bewegten sich plotzlich, und wie durch Zauberei blahten sich alle seine Segel.
«Die Fregatte wendet, Sir Richard!»
Bolitho brullte durch die hohlen Hande nach vorn:»Mr. Williams, feuern Sie auf ihr Heck, wenn sie wendet!»
Allday schien genauso verblufft.»Warum bricht sie den Kampf ab? Wenn die drei uns…»
Plotzlich war es fast still. Man horte nur die Kommandos der Stuckfuhrer und das Saugen der Pumpen. Von irgendwo oben kam die Stimme eines Seesoldaten:»An Deck! Segel in Luv!»
Der Franzose nahm Fahrt auf, wahrend er drehte. Bleiches Sonnenlicht lag auf seinem zerschossenen Heck. Der Name L'Intrepide war zum erstenmal zu erkennen.
«Nach oben, Mr. Lance, so schnell Sie konnen! Ich mochte wissen, wer sich da nahert«, befahl Bolitho.
Der Leutnant enterte in wilder Hast auf. Nur einmal verhielt er, als Williams Kanonen wieder schossen und Qualm nach oben stieg.
«Die setzen noch mehr Segel«, rief Allday.
Manner traten verwirrt an die Reling. Was sollte das bedeuten? Verwundete krochen ubers Deck, um zu erspahen, was druben geschah. Sie blieben ohne Antwort.
«Achtung — sie will uns mit den Heckkanonen bestreichen!«rief Bolitho warnend. Er hatte gesehen, wie sich im Heck der Fregatte zwei Klappen offneten und zwei Mundungen sich hervorschoben. Sie zielten auf die Truculent, obwohl sich die Entfernung zwischen den beiden Schiffen schnell vergro?erte.
«Klar zum Feuern!«brullte Williams wieder.
Als ob ihn der Kampf da unten uberhaupt nichts anginge, meldete sich Leutnant Lance von oben:»Es ist eine englische Fregatte. Setzt gerade ihre Kennung.»
«Bestimmt die Zest«, knurrte Allday.»Aber verdammt zu spat!»
Lancer, der sein Signalbuch mit nach oben genommen hatte, rief verblufft herunter:»Es ist die Anemone, Sir Richard. Unter Kapitan