Galeeren in der Ostsee: Konteradmiral Bolitho vor Kopenhagen - Kent Alexander. Страница 55

Bolitho nippte an seinem Kaffe und bedachte, was ihre Freundschaft schon alles uberdauert hatte.

«Fur uns wird es wieder Blockade- und Patrouillendienst geben, Thomas. Zumindest bis das Eis schmilzt und der Zar entscheidet, auf welche Seite er sich schlagen will.»

Als Bolitho horte, wie jemand von der Hutte aus ein Boot anrief, trat er — unbekleidet wie er war — auf die Heckgalerie hinaus.

Es war der Kutter der Benbow mit einigen undefinierbaren Sacken, ein paar kleinen Fassern, zwei verschreckt aussehenden Mannern, die ihnen die ortliche Obrigkeit wohl zuschieben wollte, anstatt sie zu hangen oder zu deportieren, und schlie?lich, auf dem Hecksitz, All-day.

Bolitho atmete auf. Er hatte sich — die umgesturzte Kutsche noch immer vor Augen — Sorgen um ihn gemacht.

Von Browne indessen keine Spur. Er war den ganzen Vormittag in der Werft unterwegs gewesen, um den Stab des Hafenadmirals nach moglichen Befehlen aus London auszuquetschen.

Herrick trat heran und sagte:»Allday wei? bestimmt schon Bescheid, er grinst ja ubers ganze Gesicht. «Etwas ernster setzte er hinzu:»Hoffentlich gibt es keine weiteren Attacken gegen Sie, Sir.»

«Die werden kommen, Thomas. Aber jetzt gegen mich, nicht gegen Adam. «Seine Hand zitterte.»Wenn ich mir vorstelle, was geschehen ware, wenn Sie nicht so prompt gehandelt hatten, konnte mir ubel werden vor Zorn. Es geht nicht mehr um diesen Killer, ich habe jetzt Damerum selber herausgefordert, wei? Gott!»

Man horte Fu?getrappel auf dem Gang, und nach kurzem Anklopfen trat Allday in die Kajute, das Gesicht vom Wind und Spritzwasser gerotet.

«Sie sind unversehrt, Sir! Ich wu?te doch, da? Sie einen Trick in der Hinterhand hatten!»

«Sie sind ein Lugner, Allday, aber ich danke Ihnen«, er streckte impulsiv die Hand aus,»von Herzen.»

Herrick lachelte und dabei glatteten sich die Sorgenfalten in seinem Gesicht.»Haben Sie den Wagen heil zuruckgegeben? Mr. Browne wird Ihnen einiges erzahlen, falls Sie ihn zuschanden gefahren haben.»

Der Posten meldete von drau?en:»Fahnrich der Wache, Sir!»

Midshipman Lyb trat ein und sagte:»Der Erste Offizier la?t fragen, Sir, ob er alle Boote au?er den Verkehrsbooten einsetzen kann?«Dabei bemuhte er sich, seine Augen von Bolithos Nacktheit fernzuhalten.

Bolitho dachte an seine eigene Kommandantenzeit. Es war erst zwei Jahre her, und er konnte sich gut an die internen Auseinandersetzungen auf seinen verschiedenen Schiffen erinnern. Wie hier um den armen Lyb, zum Beispiel. Er war zur gleichen Zeit wie Aggett in die Marine eingetreten und sogar etwas alter, und doch war Aggett vor ihm beforde rt worden und nahm nun den Platz des toten Leutnant Courtenay ein. Das war zwar nur ein winziges Problem im Vergleich zur Gesamtstrategie einer Flotte im Krieg, aber Lybs niedergeschlagenes Gesicht sprach Bande.

Herrick sagte zogernd:»Es ist noch ein bi?chen zu fruh, Mr. Lyb. Ich komme besser nach oben und schaue mir an, wie weit Mr. Wolfe ist. «Er griff nach seinem Hut.»Ich lasse Sie also in den Handen dieses Schurken, Sir.»

Die Tur schlo? sich hinter ihm, und Allday sagte:»Ich furchte, Mr. Lyb hatte die Frage des Ersten Offiziers falsch verstanden.»

Bolitho nahm das saubere Hemd, das Ozzard ihm reichte, und zog es uber den Kopf.»Warum meinen Sie das?»

«Weil ich sie veranla?t habe. «Allday sah einen Augenblick unsicher aus.»Ich wollte Ihnen etwas unter vier Augen sagen. «Er warf Ozzard einen Blick zu, der diesen zusammenschrumpfen lie?, bevor er den Raum verlie?.

Bolitho befurchtete das Schlimmste.»Sie haben den Wagen doch kaputtgefahren?»

«Nein, Sir. «Allday spielte mit seinen vergoldeten Knopfen.»Die

Sache ist aber die: Kaum waren Sie und Mr. Browne weggeritten, erschien die Dame. «Auf Bolithos unglaubigen Blick hin bestatigte er:»Aye, Sir, die Dame.»

Bolitho schaute beiseite.»Erzahlen Sie. Was hat sie gesagt?»

Allday antwortete:»Ich war durch Ihr Fortreiten so durcheinander, da? ich mich nicht mehr genau erinnere, Sir. Jedenfalls war sie sehr aufgeregt. Vor allem, weil Sie sie fur herzlos halten mu?ten, wo Sie doch so viel wegen Ihres Neffen auf der Seele hatten. Als sie herausgefunden hatte, da? ich schon lange in Ihrem Dienst stehe, bombardierte sie mich mit derart vielen Fragen, da? ich kaum dazu kam, unsere Kisten zu packen.»

«Was haben Sie erzahlt?»

«Zu viel, nehme ich an. «Allday wirkte plotzlich sehr entschlossen.»Am besten sage ich gleich alles, Sir: Ich habe sie mitgebracht. Zufallig trafen wir Mr. Browne, und der hat sie im >George< untergebracht. «Er holte tief Luft.»Sie wartet dort auf Sie. Jetzt.»

Bolitho lie? sich auf einen Stuhl fallen und blickte auf seine Hande nieder.»Wei? sie uber das Duell Bescheid?»

Allday strahlte:»O ja, Sir. Wir horten schon einige Meilen vor Portsmouth davon. Mr. Roche mu? eine Menge Feinde haben.»

Bolitho wu?te nicht, was er sagen sollte. Belinda wartete hier in Portsmouth, um ihn zu sehen. Als sie gehort hatte, da? er unversehrt war, hatte sie umdrehen und nach London zuruckfahren konnen, ohne ihn zu sehen. Wenn es nur Mitgefuhl gewesen ware oder normale Hoflichkeit, hatte sie ihm wahrscheinlich eine kurze Nachricht geschickt, nicht mehr.

Er sagte:»Ich gehe an Land.»

«Du meine Gute, Sir, nicht so, wie Sie sind!«Allday grinste uber das ganze Gesicht.»Sie ziehen besser vorher eine Hose an.»

Ozzard erschien auf Bolithos Ruf etwas zu schnell fur jemanden, der sich angeblich au?er Horweite aufgehalten hatte. Aber Bolitho war zu durcheinander, zu besessen von der Angst vor einer moglichen Enttauschung, da? er keine Notiz davon nahm.

Allday marschierte in der Kajute umher und gab Anweisungen.

«Den besten Uniformrock! Holen Sie den Hut mit den schwarzen Tressen, nicht den goldbestickten!«Bolitho unterbrach seine Bemuhungen, sich ordentlich anzuziehen.

«Warum das?»

Allday betrachtete ihn ruhig.»Frauen sollen auf den Mann achten, nicht auf die Uniform.»

Bolitho schuttelte den Kopf.»Ich mu? mich immer wieder uber Sie wundern, Allday.»

Allday musterte ihn sorgsam.»So mag's gehen, Sir. Wenn Sie mir jetzt erlauben, hole ich die Bootsgaste. «Er trat beiseite, als Herrick zuruckkam.

Herrick sagte:»Lyb hat alles mi?verstanden, wie ublich. «Er erstarrte, als er Bolithos veranderte Erscheinung bemerkte.»Zum Teufel, Sir, Sie sehen ja richtig schick aus, wenn nur. «Er brach ab, und in seinen blauen Augen zeigte sich Verstandnis.»Allday! Er hat mich weggelockt. Und ich wei? auch, warum!»

Bolitho nahm seinen Hut von Ozzard entgegen. Wie von Allday angeordnet, war es der einfache mit der schwarzen Kokarde und der schlichten Randeinfassung.

«Ich gehe jetzt zu ihr, Thomas. «Er sah Herrick forschend an.»Wahrscheinlich werde ich wieder einen Narren aus mir machen.»

Herrick sagte:»Das glaube ich nicht. «Er folgte ihm durch den Turvorhang.»Ich hatte so eine Vorahnung. Und das, obwohl ich die Dame noch gar nicht kenne. Aber ich kenne Sie und wei? jetzt auch, was Allday vorhatte. Der Rest war leicht zu kombinieren. «Er packte Bo-lithos Hand.»Viel Gluck, Sir.»

Sie gingen hinaus auf das nasse Deck, Bolitho sehr vorsichtig, damit der Verband nicht verrutschte. Es schien ihm, als ob Loveys ihn vom Niedergang aus beobachtete und wahrscheinlich verfluchte, weil er seine Warnung nicht beachtete.

An der Fallreepspforte, wo die Wache angetreten war, um ihn beim Vonbordgehen gebuhrend zu ehren, wahrend die Admirals-Gig der Benbow ungeduldig in der auflaufenden Tide schaukelte, sagte Herrick ruhig:»Ich wurde fur Sie beten, wenn ich das konnte. Aber ich werde das Zweitbeste tun.»

Sie standen etwas entfernt voneinander und Bolitho luftete seinen Hut vorschriftsma?ig zum Achterdeck mit der Flagge. Als er nach unten griff, um sicherzustellen, da? ihm sein Sabel beim Hinunterklettern nicht zwischen die Beine geriet, bemerkte er, da? Allday ihm sein altes Familienschwert an den Gurt gehangt hatte. Wenn es auf ein wenig Gluck ankam, sollte man dem wohl ruhig nachhelfen.