Nahkampf der Giganten: Flaggkapitan Bolitho bei der Blockade Frankreichs - Kent Alexander. Страница 51
Regen gab es auch noch, aber die See ging so hoch, da? die hart arbeitenden Matrosen kaum wu?ten, ob Gischt oder Regen sie bis auf die Haut durchweichte und wie mit Klauen nach den Fu?en derer griff, die mit den nassen Segeln kampften, um sie festzumachen, ehe sie wie Papier von den Rahen gerissen wurden.
Am dritten Tag gelangte Pomfret zu einer Entscheidung: Das Geschwader sollte nordlich von St. Clar beidrehen und den Sturm abwettern; die Hyperion jedoch sollte sich absetzen, auf Sudkurs gehen und die Einfahrt des kleinen Hafens sperren, bis das ganze Geschwader einlief. Irgendwo im Norden der Einfahrt stampfte bereits die einsame Fregatte Bat in der hochgehenden See und bemuhte sich, die andere Seite der Bucht zu blockieren.
Herrick stie? einen wutenden Fluch aus, denn ein Gischtbrett fegte uber die Finknetze, traf ihn ins Gesicht und lief ihm wie eisiger Rauhreif an Bauch und Beinen herab. Je mehr er an Pomfret dachte, um so wutender wurde er. Sobald Herrick versuchte, die Handlungsweise Pomfrets zu analysieren, kam er ihm vor wie damals an Bord der Phalarope: launisch, ausweichend, zu plotzlichen, blinden, unvernunftigen Wutanfallen neigend. Merkwurdig, da? man in der kleinen, klosterlich abgeschlossenen Welt der Kriegsmarine seine alten Feinde nie loswurde, dachte er. Die Freunde jedoch kamen und gingen; selten nur kreuzte man ihren Pfad ein zweites
Mal.
In der vorigen Nacht, als die Matrosen wieder einmal aufgeentert waren, um Segel zu kurzen, hatte Herrick diese Gedanken Bolitho anvertraut. Doch der hatte weder uber den Admiral noch uber dessen Motive sprechen wollen; und Herrick fand denn auch, da? es unfair von ihm gewesen war, seine eigenen Zweifel auch nur zu erwahnen. Bolitho war ihm ein echter Freund und ein Mann, den er mehr als jeden anderen bewunderte, aber zuerst und vor allem war er Kommandant. Ein Kommandant, den die Last der Verantwortung einsam machte, und der weder Vorzuge noch Schwachen seiner Vorgesetzten mit Untergebenen diskutieren durfte, ganz gleich, was er selbst von ihnen hielt.
Aber Herrick blieb davon uberzeugt, da? Pomfret, auch wenn er im Lauf der Jahre dazugelernt haben sollte, einen alten Groll nicht verga?. Er blieb hart und rucksichtslos, Charakterzuge, die in der Marine ziemlich haufig vorkamen, doch daruber hinaus hegte er die felsenfeste Uberzeugung, da? er immer recht hatte und nie etwas falsch machen konnte.
Auf der Reise von England her hatte Herrick gehort, da? Pom-frets kunftiger Posten in Neu-Holland eher ein Strafkommando als eine Belohnung war. Der Gedanke hatte sicher etwas fur sich, denn es war unwahrscheinlich, da? England im Krieg mit einem so machtigen Feind wie Frankreich einen Mann von Rang und Erfahrung Pomfrets als Kommandeur einer Straflingskolonie ans andere Ende der Welt schicken wurde — es sei denn, man wollte verhindern, da? er an entscheidenderer Stelle Schaden anrichtete.
Und seine Manie fur schriftliche Befehle, seine standigen Signale, die seinen Untergebenen wenig Raum fur Eigeninitiative lie?en — all das schien auf einen Mann zu deuten, der fest entschlossen war, sich zu bewahren, und zwar ein- fur allemal.
Bestimmt war er ein ausgezeichneter Organisator; selbst Herrick mu?te ihm das zugestehen. Wahrend Bolitho fiebernd in seiner Kajute gelegen und er als Erster Leutnant das Schiff gefuhrt hatte, waren die Beweise dafur augenfallig gewesen. Die Straflinge arbeiteten an der Ausbesserung der verfallenden Festungsanlagen und bauten einen neuen steinernen Pier; die Soldaten, schwitzend und sonnenverbrannt, wurden unaufhorlich fur die Landung in St. Clar gedrillt. Herrick lachelte schadenfroh: im Augenblick mu?te die Truppe allerdings zu seekrank sein, um irgend etwas unternehmen zu konnen; das wurde Pomfrets Laune noch verschlechtern. Und dabei war morgen der Tag X. Wenn es das Wetter irgend erlaubte, sollte das Geschwader in die Bucht einlaufen und die Stadt in Besitz nehmen. Und innerhalb einer Woche wurde ganz Europa wissen, da? England dem stolzen Erbfeind wiederum einen Schlag versetzt hatte und tatsachlich auf franzosischem Boden gelandet war.
Hinter sich auf den Planken horte Herrick Schritte und sah Bo-litho zur Luvreling spahen, das Haar vom Spruhwasser fest an den Kopf geklebt. Anscheinend hatte er nie langer als ein paar Minuten geschlafen, aber Herrick kannte ihn gut genug, um seine standige Anwesenheit nicht als Mi?trauen aufzufassen. So war er nun einmal, und das wurde sich auch nicht andern.
Bolitho uberschrie den Wind:»Schon Land in Sicht?»
Herrick schuttelte den Kopf.»Nein, Sir. Ich habe den Kurs wie befohlen geandert, aber die Sicht betragt nur noch eine knappe halbe Meile.»
Bolitho nickte.»Kommen Sie in den Kartenraum.»
Nach dem Chaos an Deck schien Herrick der kleine Kartenraum mit dem dunkelpolierten Holz und der kreisenden Laterne eine andere, friedliche Welt zu sein, trotz der arbeitenden Balken und knarrenden Mobel.
Auf die Ellbogen gestutzt, sehr nachdenklich, studierte Bolitho die Karte. Mit den Spitzen des Messingstechzirkels tippte er im Takt zu seinen Worten aufs Papier:»Mr. Gossett ist sicher, da? es morgen abflaut, Thomas. Er irrt sich selten.»
Skeptisch studierte Herrick das Gewirr der Kurs- und Peillinien auf der Karte, das nur zu deutlich zeigte, wie schwer sich die Hyperion mit ihrem Auf- und Abpatrouillieren vor der sudlichen Einfahrt von St. Clar getan hatte. Die kleine Bucht, an der vor Zeiten ein paar unternehmungslustige Fischer den Ort St. Clar gegrundet hatten, war wie von eines Riesen Axt in die Kustenlinie gekerbt. Im Norden und Suden von steilen Vorgebirgen geschutzt, war die Einfahrt etwa eine Meile breit und bot auch dem gro?ten Fahrzeug einen geschutzten Ankerplatz. Weiter landeinwarts verengte sie sich betrachtlich, bis sie schlie?lich in die Mundung eines kleinen, aber rei?enden Flusses uberging, der von den Bergen herunterkam. Der Flu? war zu wenig anderem nutze, als die Stadt in zwei Halften zu teilen; der nord-sudliche Verkehr mu?te uber eine steinerne Brucke am Ende des Hafens.
Gesaumt wurde die Bucht von ungastlichen Klippen und scharfkantigen Felsen. Somit war der Hafen selbst der einzig sichere Ort fur einen Landfall. Doch wenn man dabei auf Widerstand traf, brauchte es zehnmal starkere Krafte, als Pomfret zur Verfugung hatte. Und selbst dann konnte alles mit Mi?erfolg und betrachtlichen Menschenverlusten enden.
Nachdenklich sagte Bolitho:»Sehr schade, da? wir nicht eher gelandet sind, Thomas. Seit meinen Verhandlungen mit dem Burgermeister ist uber ein Monat vergangen. Der erste konspirative Eifer mag inzwischen abgestumpft sein.»
Herrick grunzte zweifelnd.»Sir Edmund hat ja angeblich dafur gesorgt, da? die Franzmanner uns helfen werden.»
«Vielleicht. Doch immerhin waren sie es, die Verhandlungen begonnen haben, und zwar, damit wir ihnen helfen. Es geht ihnen in erster Linie um die eigenen Interessen, vergessen Sie das nicht. Die wollen doch nicht als Verrater, sondern als Patrioten dastehen, ob der Plan nun so oder so ausgeht.»
Herrick blickte ihn neugierig an.»Halten Sie denn nichts von diesem Plan, Sir?»
«Fur unsere Ziele konnten wir uns gar keinen besseren erhoffen. Mit einer solchen zusatzlichen Unterstutzung hatte Lord Hood normalerweise nie rechnen konnen. «Er runzelte die Stirn.»Aber fur den Burgermeister und seine Freunde wird er, furchte ich, schlimmere Auswirkungen haben als jede Niederlage im Kampf.»
Drau?en auf dem Gang naherten sich rasche Schritte, und Mid-shipman Piper rief atemlos:»Captain, Sir! Mr. Caswell la?t respektvoll melden, da? wir ein kleines Boot gesichtet haben!»
Herrick sagte:»Wahrscheinlich Treibgut. Bei diesem Wetter ist bestimmt kein Boot drau?en.»
Bolitho lachelte fluchtig.»Das ist Mr. Caswells erste Sichtmeldung als Leutnant. Sie mussen ein bi?chen gro?zugig sein.»
«Wenn Sie meinen, Sir?«grinste Herrick.
Regen und heulender Wind empfing sie an Deck, und Bolitho mu?te sich an den Netzen festhalten. Eifrig gegen den Larm anschreiend, wies Caswell nach Backbord, wo die schaumgekronten