Nahkampf der Giganten: Flaggkapitan Bolitho bei der Blockade Frankreichs - Kent Alexander. Страница 52
Wellen sich in eine chaotische Brandung verwandelten, mit der sich die Hyperion noch wurde auseinandersetzen mussen.
«Bei Gott, Sir!«rief Herrick.»Er hat recht. «Mit halb zugekniffenen Augen spahte er in den Wind, Gesicht und Brust trieften so stark, als sei er eben aus dem Wasser gehievt worden.
Bolitho wartete ab, bis sich das Schiff wieder hob; dann sah er etwas Schwarzes sich von den wei?schaumenden Wellen abheben, und sekundenlang tauchte daruber das Dreieck eines braunen Segels auf.»Ein Fischer, Sir!«schrie Caswell.»Er kentert hier drau?en, wenn er nicht in ruhigeres Wasser kreuzt!»
«Vier Meilen bis zum nachsten Land, Mr. Caswell«, erwiderte Bolitho.»Wenn er ruhigeres Wasser wollte, ware er nicht so weit hinausgefahren.»
«Ein Licht!«meldete der Ausguck aufgeregt.»Er zeigt ein Licht.»
Bolitho lehnte sich an einen Neunpfunder.»Beidrehen, Mr. Herrick!«Er sah des Leutnants erstaunte Miene und erklarte ungeduldig:»Das Fahrzeug treibt mit Wind und Stromung ab. Es in einem Boot einzuholen, ware hoffnungslos. «Er blickte zu den steinharten Segeln auf.»Wir lassen ihn auf uns zutreiben. Teilen Sie ein paar Leute ein, die ihn langsholen sollen. Ein paar Minuten, um die Besatzung dieses Bootes an Bord zu holen, und dann lassen Sie es driften!»
Herrick offnete den Mund, schlo? ihn aber gleich wieder und sagte nur:»Aye, aye, Sir. «Er hangelte sich zur Achterdeckreling hinuber und brullte:»Mr. Tomlin! Wir holen das Boot langsseit! Draggen klar!«Seine Stimme ging fast unter im Zischen des uberkommenden Wassers und dem Crescendo des Sturms in der Takelage.»Klar zum Beidrehen! An die Brassen!»
Mit einem Kreischen wie rei?ende Seide fiel das Vorbramsegel in sich zusammen und explodierte in wild flatternde Tuchstreifen. Aber die Hyperion ging dennoch majestatisch stampfend in den Wind. Das Manover erhohte noch den Larm an Bord. Deckoffiziere und Steuermannsmaaten mu?ten noch lauter schreien, damit ihre Befehle verstanden wurden.
Das kleine Boot war schon fast vollgeschlagen, und als es schwerfallig auf die Bordwand zutrieb, sah Bolitho die Seen uber das Dollbord schlagen und ungehindert die geduckten Gestalten am
Ruder umspulen. Die Hyperion erzitterte kaum, als es gegen die Bordwand krachte. Matrosen fluchten und schrien gegen den Wind an; bei einem zweiten Anprall knickte der Mast des Bootes wie ein Streichholz, der Sturm ri? das nasse Segel weg und wehte es wie ein entfesseltes Gespenst uber das Deck der Hyperion.
«Schnell!«schrie Herrick.»Es treibt ab!«Zwei bezopfte Matrosen hingen bereits an Leinen au?enbords und muhten sich, das Boot zu erreichen. Es brach jetzt rasch auseinander; sein Bug geriet, wie Bolitho vom Achterdeck aus sah, unter die Wolbung des Schiffsrumpfes, und uber zwanzig Mann hatten zu tun, um es an den Draggen langsseits zu halten. Lieutenant Inch kampfte sich zum Fallreep vor und rief durch die hohlen Hande:»Sir! Wir haben Sie: ein Mann und ein Junge!«Er stolperte, als das Schiff schwer uberholte. Die Masten vibrierten, als wollten sie ausbrechen.
Bolitho winkte.»Loswerfen! Gehen Sie wieder auf Kurs, Mr. Herrick!«Er blinzelte Salzschaum aus den Augen. Die Toppgasten enterten auf, um die noch stehenden Segel zu sichern. Bei der blo?en Vorstellung, mit dort oben zu arbeiten, schwindelte ihn.
Mit einem Knall wie ein Pistolenschu? brach eine steife Draggenleine und schleuderte die gegenhaltenden Matrosen in einem wusten Haufen auf die Planken. Aber der Bootsmann bekam den zweiten Draggen klar, und mit einem hohlen Ton, einem Seufzer ahnlich, kenterte das Boot und verschwand im Gischt.
Doch die Matrosen hatten die beiden Insassen dem Meer entrissen und hielten sie fest. Der eine hing schlaff in der Schlinge; der zweite, kleinere, schien sich zu wehren.
«Schaffen Sie die beiden nach achtern, Mr. Tomlin!«befahl Bo-litho. Hinter sich horte er das Rad unter der vereinten Kraft der beiden Ruderganger knarren, und dann ertonte Gossetts Stimme:»Wir sind auf Kurs, Sir! Nord zu West, voll und bei!»
«Das war knapp, Sir«, sagte Herrick und schuttelte sich wie ein nasser Hund.»Hatte nie gedacht, da? ich mal erleben wurde, wie ein Linienschiff so tut, als ware es ein Amusierkahn!»
Bolitho antwortete nicht. Er schaute der schlaffen Gestalt entgegen, die Tomlins Matrosen heranbrachten, und selbst in diesem Halbdunkel konnte er die durchweichte Uniform, den gro?en Schnurrbart erkennen, den die Nasse schief an die Wange des Mannes klebte, als gehore er dort uberhaupt nicht hin.
Herrick sah Bolitho zusammenzucken.»Wer ist das, Sir?«fragte er.
Leise erwiderte Bolitho:»Lieutenant Charlois. Der Mann, der die Verhandlungen eingeleitet hat. «Errief:»Den Arzt zu mir! Und bringt den Mann in meine Kajute!»
Die Matrosen nahmen den Leblosen wieder hoch, und Bolitho wandte sich dem Jungen zu. Er war etwa so alt wie Seton, doch breitschultrig und ebenso schwarzhaarig wie Bolitho selbst.»Was ist geschehen?«fragte er ihn.»Sprichst du englisch, Junge?»
Der Junge murmelte etwas und spuckte dann verachtlich aus. Kalt sagte Tomlin:»Benimm dich, Bengel!«Er verpa?te ihm eine rasche Ohrfeige; doch dann ri? er entsetzt die Augen auf, denn der Junge sank zu seinen Fu?en hin.»Allmachtiger!»
«Bringen Sie ihn unter Deck, Bootsmann«, sagte Bolitho,»und sorgen Sie dafur, da? er trocken und warm wird. Ich spreche nachher mit ihm. Jetzt mu? ich zu Charlois.»
Breitbeinig schritt Inch das schrage Deck hinan und sah gerade noch den Schiffsarzt hinter Bolitho herhasten.»Also wirklich, Mr. Herrick«, sagte er,»das ist mir ein Ratsel!»
Herrick bi? sich auf die Lippen und beobachtete die Segel.»Eins ist sicher, Mr. Inch: da? der Mann hier drau?en fast ertrunken ist, hat seinen Grund — aber bestimmt keinen guten!»
Bolitho stand in der Tur seiner Schlafkajute und sah zu, wie Rowlstone, sich mit einer Hand an der schwankenden Koje festhaltend, die Untersuchung des bewu?tlosen Charlois abschlo?. Allday und ein Sanitatsmaat hielten Laternen hoch.
Der Schiffsarzt reckte die schmalen Schultern und sagte endlich:»Tut mir leid, Sir. «Er zuckte die Achseln.»Hat eine Kugel im linken Lungenflugel. Nichts mehr zu machen, furchte ich.»
Bolitho trat herzu und sah auf das breite Gesicht des Franzosen und die nur flach atmende Brust nieder.
«Hatte ich ihn fruher bekommen«, sagte Rowlstone bedeutsam,»ware er moglicherweise zu retten gewesen. Aber die Wunde ist schon ziemlich alt. Drei Tage vielleicht. Sehen Sie den schwarzen Rand um den Einschu?? Schlimm.»
Bolitho brauchte nicht erst hinzusehen, er konnte es riechen.»Wundbrand?«fragte er leise.
Rowlstone nickte.»Mir unverstandlich, da? er uberhaupt noch lebt.»
«Nun — sorgen Sie dafur, da? es ihm so leicht wie moglich wird. «Er wollte sich schon abwenden und gehen; da sah er, da? Charlois' Augenlider zuckten und sich hoben. Sekundenlang starrten diese Augen nur blicklos und verstandnislos, als gehorten sie gar nicht zu dem Mann, dessen Gesicht im Lampenlicht talgwei? glanzte.
«Sind Sie das, capitaine!«Die schmerzverzerrten Lippen bewegten sich fast unmerklich; Bolitho mu?te sich bucken, um die Worte zu verstehen, und sein Magen rebellierte bei dem fauligen Gestank der Wunde.
Charlois schlo? die Augen wieder.»Gott sei Lob und Dank!«»Ich bin es«, sagte Bolitho.»Aber warum haben Sie St. Clar verlassen?»
Es war schmerzlich anzusehen, wie der Mann gegen seinen Tod ankampfte, um noch einmal klar zu denken. Doch er mu?te Bolitho wissen lassen, was los war.
«Mein Sohn?«fragte Charlois schwach.»Ist er in Sicherheit?»
Bolitho nickte.»Wohlbehalten und gesund. Ein tapferer Junge, hat bei diesem Wetter die Pinne bis zuletzt nicht losgelassen.»
Charlois versuchte zu nicken.»Braver Kerl… Aber nun ha?t er mich. Verabscheut mich als Verrater Frankreichs!«Eine Trane rann ihm aus dem Augenwinkel, doch er sprach weiter.»Er begleitete mich nur, weil er es fur seine Sohnespflicht hielt — nur deswegen!»