Nahkampf der Giganten: Flaggkapitan Bolitho bei der Blockade Frankreichs - Kent Alexander. Страница 53

Die Anstrengung des Sprechens machte sich bemerkbar, und Rowlstone sah Bolitho mit stummer Warnung an. Doch Bolitho mu?te weiterfragen.»Aber warum sind Sie ausgelaufen?»

«Ich gab Ihnen damals mein Wort, capitaine. Wir haben uns gegenseitig etwas versprochen, Sie und ich. Ich dachte, es wurde alles sehr schnell gehen, aber Ihr Admiral war anderer Meinung.»

«Wie lange waren Sie auf See?«fragte Bolitho.

Charlois seufzte.»Zwei, drei Tage. Als das Schiff nach St. Clar kam, wu?te ich, alles ist aus, und deshalb suchte ich Sie. Aber wir wurden beschossen. Mich trafen sie. «Mit schmerzverzerrtem Gesicht warf er den Kopf auf dem rauhen Kissen hin und her.»Mit uns ist es aus, capitaine!»

«Was fur ein Schiff?«Bolitho legte die Hand auf Charlois' Schulter und fuhlte das feuchtkalte Fleisch.»Reden Sie, Mann!»

Abgehackt murmelte Charlois:»Sie floh vor dem Sturm… Beschadigt im Kampf mit Ihnen… Die Saphir.»

Traurig blickte Bolitho ihn an. Es war eine Ironie des Schicksals, da? ausgerechnet die Saphir, die Bolitho im Gefecht besiegt hatte, so unerwartet in St. Clar erschienen war.

Charlois' Stimme klang jetzt kraftiger.»Ihr Kommandant ist ein kleiner Parvenu. Er verdankt sein Kommando dem Blut seiner Vorganger, die besser waren als er, aber auf Befehl des Revolutionsrats umgebracht wurden. Er hat schnell gemerkt, da? etwas nicht stimmt, und schickte Kavallerie nach Toulouse. Dort sind viele Soldaten. «Seine Stimme wurde wieder schwacher, sein Atem ging kurzer und rasselte laut in der engen Kabine.»Es ist aus. Das mussen Sie Ihrem Admiral sagen.»

Bolitho blickte zur Seite. Diese endlose, tobende Wasserwuste, die Dunkelheit, die sein Schiff umschlo?. Irgendwo, weit im Nordosten, ritt Pomfrets Geschwader den Sturm ab. Die Hyperion wurde die ganze Nacht brauchen, um ihn zu finden, vielleicht noch langer. Bis dahin mu?te es zu spat sein. Pomfret wurde in die Bucht segeln und von der geballten Feuerkraft eines vor Anker liegenden Achtzig-Kanonen-Schiffes empfangen werden. Wahrscheinlich wurde auch die Kustenbatterie auf das Geschwader feuern; da ihre Gegenrebellion bereits verloren war, konnten sie nichts anderes tun. Und Pomfret wurde stur weiter angreifen, Schiffe und Manner verlieren, die er bitter notig hatte. Seine Kampfstarke reichte zwar aus, um die Stadt zu besetzen, aber nicht, um sie gegen einen Feind zu verteidigen, der jeden Moment Verstarkung aus Toulouse bekommen konnte. Reiter schafften das in einem Tag, oder in Anbetracht der vom Regen aufgeweichten Wege in einem Tag und einer Nacht, wenn sie scharf ritten. Und das wurden sie, dachte er grimmig. Die Garnison von Toulouse bestand aus Berufssoldaten, die dort die Bergstra?en zur spanischen Grenze sicherten. Wie lange wurden sie fur den Marsch nach St. Clar brauchen? Drei Tage? Wenn die Franzosen in Falmouth gelandet waren — wie lange wurden dann englische Truppen brauchen, um sich gegen die Invasoren zu wenden? Nur sehr kurze Zeit.

Gossett hatte ihm versichert, da? der Sturm abflauen wurde. Nichts wurde also Pomfret aufhalten, und Bolitho hatte keine Zeit, ihn zu suchen.

Charlois sprach weiter:»Sie haben Hafensperren ausgelegt. Glauben Sie mir, capitaine, die sind auf alles vorbereitet!»

«Danke, lieutenant. Seien Sie versichert, da? wir Ihnen das nicht vergessen werden.»

«Zu spat. «Unter ihren Augen schwand Charlois' Leben dahin.»Es hatte gutgehen konnen, wenn Sie nur rechtzeitig gekommen waren! Aber es gab Zweifler und Angstliche. Wir brauchten ein Signal, verstehen Sie? Eine Geste des Vertrauens!»

Bolitho trat zuruck.»Holt seinen Sohn. Es geht zu Ende mit ihm.»

Sobald der zitternde Junge in die Kajute gefuhrt wurde, ging Bo-litho hinaus aufs Achterdeck. Der Junge ha?te die Englander, nicht seinen Vater. Es war richtig, da? die beiden jetzt beieinander waren.

Herrick fragte:»Das mit dem Angriff, kann das stimmen?»

Bolitho blickte in den fliegenden Gischt und horchte auf den Wind, der im Rigg heulte.»Halb und halb, Thomas«, erwiderte er.»Die Saphir liegt jedenfalls in St. Clar. Wenn unsere Leute den Hafen zu sturmen versuchen, gibt es ein Blutbad.»

Nachdenklich sagte Herrick:»Dann mussen wir vor der Bucht kreuzen, Sir. So konnen wir auf das Geschwader sto?en und den Angriff verhindern.»

Bolitho schien laut zu denken.»Ein Signal brauchen sie. Eine Geste des Vertrauens.»

Dann fuhr er herum und packte Herrick beim Arm. Seine Miene war entschlossen.»Und das sollen sie haben! Die Saphir ist mir einmal entwischt, Thomas. Jetzt soll sie uns nicht mehr aufhalten!»

Herrick verstand nicht gleich.»Sie wollen angreifen, Sir?»

Er nickte heftig.»Ja, das will ich! Im Schutze der Dunkelheit und so bald wie moglich.»

Er brach ab, denn der junge Franzose kam an Deck. Er ging muhsam, Allday hatte ihm den Arm um die Schultern gelegt. Fur Char-lois war alles vorbei.

Verbittert sagte Bolitho:»Das war ein tapferer Mann, Thomas. Ich habe kein Mitleid mit einem, der sein Leben aus Ehrgeiz einbu?t. Aber ein Mann, der fur eine gute Sache stirbt, mag der Erfolg auch noch so ungewi? sein, darf nicht vergessen werden!«Er verschrankte die Hande auf dem Rucken und starrte zum dunklen

Himmel auf.»Fallen Sie jetzt zwei Strich nach Backbord ab, und setzen Sie einen neuen Kurs auf die sudliche Landzunge ab. Dort sind wir geschutzter, und bei dieser schlechten Sicht wird man uns nicht bemerken. «Herrick erwiderte:»Das ist gegen den Befehl des Admirals, Sir. «Sekundenlang blickte Bolitho ihn wie abwesend an. Dann antwortete er gepre?t:»Ich gehe ein bi?chen auf und ab, Thomas. Storen Sie mich erst, wenn wir eine Meile vor Land sind.»

Regen und Spritzwasser peitschten ubers Deck, als die Hyperion sich naher an das im Dunkel liegende Land herankampfte. Ruhelos marschierte Bolitho in Luv auf und ab, Kinn in der Halsbinde, Hande auf dem Rucken verkrampft. Er war barhauptig, doch schienen ihm Wind und Wasser nichts auszumachen. Er war mit seinen Gedanken beschaftigt.

In der Offiziersmesse der Hyperion war es feucht und stickig; die schaukelnden Laternen hullte der Rauch mehrerer Pfeifen ein. Stumm lauschten die Offiziere der ruhigen Stimme ihres Kommandanten. Vor den abgedichteten Heckfenstern schien das Tosen der See schwacher geworden zu sein; jedenfalls waren die Schiffsbewegungen jetzt, da man der Bucht naher und durch die Landzunge vor dem Wind etwas geschutzt war, nicht mehr so heftig.

Bolitho stutzte sich auf die entrollte Seekarte und blickte in die gespannten Gesichter ringsum. Die Mienen waren so verschieden wie die Manner selbst: einige offensichtlich nervos, andere nur aufgeregt, ohne sich viel dabei zu denken. Manche, darunter Herrick, waren offensichtlich enttauscht, weil sie an der eigentlichen Aktion erst in der Schlu?phase beteiligt sein wurden.

Gemessen sagte Bolitho:»Das ist ein Unternehmen fur Boote, meine Herren. So mu? es auch sein, wenn wir die Chance zur Uberraschung haben sollen. «Er blickte auf die Karte, achtete aber nicht auf die gekritzelten Details, sondern prufte nur sorgfaltig, ob er etwas vergessen oder, was noch schlimmer gewesen ware, nicht ganz genau und vollstandig erklart hatte. Er sprach jetzt rasch.»Wir nehmen die Barkasse, beide Kutter, die Gig und die Jolle. Gesamtstarke: neunzig Offiziere und Matrosen. Bewaffnung: Entermesser und Pistolen, aber letztere nur fur die Alteren. Ich will nicht, da? ein Ubereifriger vorzeitig losknallt und alles verrat!»

Heiser fragte Gossett:»Sie sagen, am Nordarm der Bucht ist ein Leuchtfeuer, Sir?«Er beugte sich vor und tippte mit der langen

Pfeife auf die Karte.»Hier steht, da? es seit der Kriegserklarung nicht mehr brennt.»

«Ganz recht. «Vor unterdruckter Erregung zitterten Bolitho die Knie.»Das wissen wir, denn wir sahen schon kein Feuer, als wir das erstemal hier waren. Die Franzosen denken vermutlich, da? niemand dumm genug ist, bei Nacht und ohne Leuchtfeuer in die Bucht zu segeln. Aber naturlich trifft das auf uns nicht zu.»